Jeder kennt ihn. Jeder ahnt, es kann nichts wirklich gutes daran sein. Trotzdem ist er beliebt wie eh und je. In der Semmel, an Kartoffelsalat, mit süßem Senf, mit scharfem, abgebräunt mit Spiegelei, warm oder kalt. Aber kaum einer weiß, was wirklich drin ist im Leberkäs.
Käse ist darin wohl nicht enthalten. Leber vielleicht, meinen die einen. Vorwiegend aus Schlachtabfällen bestünde er, argwöhnen die anderen. Ob mancher Metzger dem Leberkäse das rechte Aroma durch Beigabe der Fußnägel seiner Schwiegermutter verleiht, oder auch nur unverkäufliche Wurstzipfel auf diese Weise verwertet, bleibt Spekulation. Die gängigen Rezepte sehen jedenfalls eher weniger gewagte Kompositionen vor.
Gut durchwachsenes Schweinefleisch, wie etwa Halsgrat, und ebensoviel weißer Schweinespeck bilden die Grundlage der bayerischen Spezialität. Beide Zutaten werden in Würfel geschnitten und dann für etwa vier Stunden tiefgekühlt. Anschließend wird beides nacheinander durch den Fleischwolf gedreht. Dann wird püriert. Zunächst Fleisch, Pökelsalz und Eis, dann der Speck und noch mehr Eis. Offensichtlich kann diese bayerische Spezialität erst seit Erfindung der Tiefkühltruhe existieren, oder bestenfalls davor nur als reine Winterspeise geschätzt worden sein. Während des Püriervorganges wird die Masse mit Schweineleber ergänzt und mit weißem Pfeffer, Piment, Muskatnuß, Knoblauch, Majoran, Kümmel und Zitronenschale gewürzt. Der entstandene Brei wird schließlich in eine – ganz nach Metzgerart mit Schweineschmalz – gefettete Form gefüllt und je nach Größe 60 bis 120 Minuten bei 140 bis 150 Grad Celsius im Ofen gegart, wobei der Laib etwa um ein Drittel aufgeht.
Weil der Schweinehals ja selbst schon etwa zu einem Viertel aus Fett besteht, ist dieses mit 40 bis 45 Prozent der Hauptbestandteil des Leberkäses. Das dürfte dann auch schon die einzige Ähnlichkeit mit Käse sein. Nachdem Leber nur mit maximal 10 Prozent vertreten ist, wäre selbst die Bezeichnung „Wasserkäse“ im Grunde zutreffender, wenn auch vermutlich nicht unbedingt verkaufsfördernd.
Die deutsche Sprache ist eben in dieser Hinsicht nicht besonders exakt. Trüffelleberpastete wird ja schließlich auch nicht aus der Leber von Trüffeln hergestellt. Olivenöl ist nicht das Zeug mit dem man Oliven einreibt und Babyöl besteht keineswegs aus kaltgepreßten Säuglingen. In anderen Sprachen sieht es aber um den Leberkäs auch nicht wesentlich besser aus. So ist der englische Begriff „Meatloaf“ zwar etwas näher an der Wahrheit, aber doch angesichts des tatsächlichen Fleischgehaltes auch nicht viel mehr als ein Euphemismus. Noch dazu bezeichnet dieses Wort ebenfalls und sogar vorrangig Hackbraten.
Die Metzgerzunft ist stets darum bemüht, allerlei, zum Teil eher absurde Abwandlungen dieses Produktes anzubieten, um den Verkauf zu fördern. So wird man an der Wursttheke, sogar mit „Pizza-Leberkäse“ konfrontiert, der sich dadurch auszeichnet, daß in den Teig auch Tomaten-, Paprika- und Käsestückchen eingearbeitet sind.
Während die Einen diese Variationen als kulinarische Finessen begreifen, sehen andere den Leberkäse – ähnlich wie die Weißwurst — vor allem als idealen Senfträger. Allerdings ist der Spielraum beim Leberkäse in dieser Hinsicht größer. Während bei der Weißwurst zumindest in der bayerischen Region ein gewisser Konsens darüber besteht, daß diese ausschließlich mit süßem Senf verzehrt werden soll, wird beim Leberkäse zuweilen auch mittelscharfer Senf geduldet.
Meine Wein-Empfehlung dazu: Augustiner Vollbier Hell. Schön jung und vor allem reichlich getrunken ergänzt sein feinwürziger Abgang das Pökelsalz-Aroma des rosa Laibes vortrefflich. Das leichte Perlen kontrastiert angenehm mit dem fettig-pelzigen Gefühl im Mund.
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