Bei einem ausgewachsenen Menschen, sind je nach Leibesfülle etwa zwei Quadratmeter Haut außenherum. Meinen Untersuchungen zufolge muß ein Handtuch mindestens etwa 0,7 mal so groß wie die Haut sein, die man damit abtrocknen möchte. Den verblüffend einfachen theoretischen Ansatz zu dieser Berechnung werde ich demnächst in einem gesonderten Aufsatz vorstellen. Handelsübliche Badehandtücher mit einer Abmessung von 145 x 95 Zentimetern kommen dem geforderten Wert sehr nahe.
Allein gibt es in der täglichen Praxis eine signifikante Anzahl von Abweichungen, die sich nicht allein durch Messfehler erklären lassen. Wenn ich mal über Nacht zu Gast bin, wird zum Duschen oft ein Handtuch gereicht, dessen Größe einem Geschirrtuch entspricht. Damit kann ich einen oder sogar mehrere Teller abtrocknen, nicht aber mich selbst. Nach einem ersten Anlauf sind das Handtuch und ich gleichermaßen naß. Ein zweiter Anlauf wäre sinnlos, es sei denn, ich hängte das Handtuch davor einen halben Tag zum Trocknen auf.
Verstörenderweise wird diese Handtuchsorte beinahe ebensooft gereicht wie das Badehandtuch. Das kann Zufall sein, aber wahrscheinlich ist das nicht. Es wäre also denkbar, daß es Menschen gibt, die in der Lage sind, sich sogar mit einem nassen Waschlappen abzutrocknen.
Tatsächlich gibt es Hinweise auf diese Möglichkeit. Erstmals bemerkte ich das bei elektrischen Händetrocknern, die man, wenn man Pech hat auf öffentlichen Toiletten antreffen kann. Schon bei meiner ersten Begegnung mit einem solchen Warmluftgebläse kam es mir albern vor, die Hände mit einem Fön zu trocknen. Damals musste ich die Arme weit über meinen Kopf strecken um den warmen Luftstrom zu erreichen. Dabei lief das Wasser von den Händen die Arme entlang nach unten in meine Kleidung hinein.
Heute klappt das deutlich besser, weil sich das Gefälle inzwischen zu meinen Gunsten verändert hat. Dennoch ist das Konzept insgesamt alles andere als überzeugend. Müßte ein solches Gerät von Berufswegen bedient werden, wäre seine furiose Geräuschentwicklung Grund genug für eine gesetzliche Vorschrift zum Tragen eines Gehörschutzes. Wer nicht gerade Vorstandsmitglied eines Energiekartells ist, dürfte die Methode aus ökonomischer Sicht als völlig hirnrissig empfinden. Kein Wunder also, daß die Apparate so eingestellt sind, daß sie sich möglichst bald von selbst wieder ausschalten. Nur so lassen sich damit bleibende Hörschäden des Anwenders und wirtschaftlicher Untergang des Betreibers abwenden. Leider genügen mir 20 Sekunden nicht, um mir auf diese Art die Hände zu trocknen.
Sachen die sich zeitgesteuert ausschalten, führen überhaupt oft zu einem völlig anderen als dem gewünschten Ergebnis. Es gibt zum Beispiel Wasserhähne, die wie Toilettenspülungen einmal betätigt werden und dann für eine voreingestellte Zeit Wasser ausstoßen. Diese Zeit ist oft so knapp bemessen, daß man praktisch gezwungen ist, den Knopf mit einem Knie gedrückt zu halten, während man sich die Hände wäscht. Man könnte den Knopf vielleicht auch mit der Stirn betätigen. Die resultierende Körperhaltung ist in jedem Fall unbequem und vor allem über jedes Maß hinaus unwürdig.
Der Vorwand, durch zeitgesteuerte Vorgänge ließe sich effizienter mit natürlichen Ressourcen umgehen erweist sich ja bereits bei Treppenhausbeleuchtungen als blanker Unsinn. Eine engagierte Hausverwaltung mag messerscharf einen Zusammenhang zwischen den Energiekosten und der Dauer die das Licht brennt erkennen. Sie setzt also die Schaltuhr von drei Minuten auf zwei Minuten zurück. Dadurch erwartet sie eine Verminderung der Betriebskosten um ein Drittel. Was tatsächlich geschieht: Man sperrt die Haustür auf, schaltet das Licht ein, leert den Briefkasten und erklimmt die Treppe zur Wohnung. Plötzlich geht das Licht aus. Man tastet sich also die letzten Stufen herauf und schaltet das Licht wieder ein, um die Wohnungstüre aufzusperren. Das Licht brennt nun also eine Minute länger als vorher und doppelt so lange wie die Hausverwaltung dachte. Zusätzlich muß man einen Teil der Stufen im Dunklen überwinden.
Ein ganz ähnlicher Schildbürgerstreich war die Einführung der Sommerzeit. Aber das ist eben das Wesen der Verwaltung. Jede Maßnahme die getroffen wird, um einen Mißstand zu beheben, erzeugt sofort mindestens einen neuen. Was nicht funktioniert erfordert zusätzliche Maßnahmen. Das ist aber eine andere Geschichte.
Selbst wenn ich selbst bestimmen dürfte, wie lange mir warme Luft auf die Hände weht, würde ich dem Gebläse ein Handtuch jederzeit vorziehen. Schon weil bei der elektrischen Methode zwar viel heiße Luft bewegt wird, aber ein Ergebnis lange auf sich warten läßt. Sie könnten nun mit Recht einwenden, Demokratie sei da ganz ähnlich. Händewaschen ist aber eine eher individuelle Tätigkeit, die gefahrlos dem Einzelnen überlassen bleiben darf.
Wie ich mit einiger Verwunderung feststellen konnte, sind viele Menschen offenbar völlig gebläsekompatibel. Vieler Menschen Hände scheinen bereits nach etwa 10 Sekunden fertig getrocknet zu sein. Allerdings sind die ja auch schon nach flüchtigem Kontakt der Fingerspitzen mit Wasser sauber, wie eine häufig beobachtete Waschtechnik nahelegt. Aber wie ist das möglich?
Bislang bieten sich zwei Arbeitshypothesen an, die aber noch nicht ausreichend durch Feldversuche untermauert sind:
1. Inverse Transpiration: Einige Menschen können überschüssiges Wasser gleich durch die Haut in den Körper aufnehmen. Um diese Theorie zu stützen werden Menschen gesucht, die ein Glas Wasser austrinken können, indem Sie einen Finger in die Flüssigkeit tauchen. Bitte probieren Sie das aus und geben mir Bescheid.
2. Proaktive Desorption: Die Haut einiger Menschen ist von einer Art Teflonbeschichtung überzogen. Möglicherweise durch die Aufnahme von Teflonpartikeln aus Kochgeschirr von denen das Teflon sich ja im Lauf der Zeit ablöst. Von dieser Beschichtung perlen Wasser und Verunreinigungen fast vollständig ab. Eine Sonderzone sind die Ränder der Fingernägel. Die Nägel bestehen aus einem anderen Material. Dadurch bildet sich eine bereits mit bloßem Auge deutlich sichtbare dunkelgraue bis schwarze Grenzschicht. Das Fehlen dieser randständigen Grenzschicht an meinen Fingernägeln deutet darauf hin, daß eine Teflonbeschichtung auf meiner Haut nicht ausgebildet ist.
Bis dieses Gebiet ausreichend erforscht ist, möge man mir bitte stets ausreichende Handtuchfläche bereit halten. Das wäre nett.
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