Europäische Zahlungsmittel im Alltagstest – Teil I: Münzen

Jeder der über ein Vermögen verfügt, sei es noch so gering, ist Tag für Tag bestrebt einen Teil davon auszugeben. Was einfach klingt ist in der Praxis oft gar nicht so einfach. Soll man eine Kugel Vanille-Eis lieber gegen einen Schuldschein oder einfach per Kreditkarte anschaffen? The Fellow Passenger, das führende Fachmagazin für Halbwissen, hat die Probe aufs Exempel gemacht und verschiedene Zahlungsmittel ausprobiert.

Pekunia non olet (Geld stinkt nicht), soll der Römische Kaiser Vespasian einst behauptet haben. Gemeint hat er wohl, das dem Geld aus einer Latrinensteuer kein Uringestank anhaften würde. Geruchlos sind unsere Testmoneten nämlich keineswegs. Leider duften die kleinen Metallscheiben nicht nach Jaminblüten. Als wir den Geldsack öffnen weht uns vielmehr ein faulig-metallischer Gestank entgegen. Dementsprechend versuchen wir das Geld so schnell wie möglich auszugeben. Ausweislich des Lieferscheins handelt es sich um insgesamt 322,69 Euro.

Schnell finden wir per Internet einen Händler der in seinem Online-Shop einen Kühlschrank für 315.95 Euro inklusive Versand anbietet. Schon nach 2 Stunden haben wir den korrekten Betrag abgezählt und schlagen zu. Da wir die Möglichkeit der Barzahlung in dem etwas undurchsichtigen Bestellsystem nicht entdecken fragen wir telefonisch nach. Eine Barzahlung sei ohne weiteres möglich, müsse aber vor Ort erfolgen, erklärt man uns.

Um die Zahlung zu tätigen entschließen wir uns für eine Flugreise nach Mühlheim an der Ruhr zum Preis von 132,40 Euro. Als wir am Schalter der Fluglinie vorstellig werden, bescheidet man uns zwar Barzahlungen grundsätzlich anzunehmen, Münzen würde man aber allenfalls in geringer Stückzahl annehmen, da eine Prüfung des entrichteten Betrags zu viel Zeit in Anspruch nähme. Falls wir mit einer Kreditkarte zahlten, wäre allerdings der Transport des Geldsacks mit zusätzlichen Kosten verbunden. Er sei nämlich zu Schwer um als gewöhnliches Reisegepäck zu gelten. Wir beschließen, den Versuch abzubrechen.

Da unser Redaktionsfahrzeug wegen eines dringenden Fototermins bereits wieder unterwegs ist, möchten wir mit der S-Bahn zurück nach München fahren. Der Fahrkartenautomat spuckt alle kupferfarbene Cent-Münzen unterschiedslos wieder aus. zweifarbige und solche mit Messinganmutung nimmt er größtenteils an. Nach welchen Kriterien er dabei genau vorgeht können wir nicht ermitteln. Zudem ist es erst mit drei Personen möglich, den Betrag von 10,50 Euro für eine Streifenkarte in Form von 10-Cent-Stücken schnell genug einzuwerfen ehe das Gerät die Geschäftsbeziehung abbricht und die bereits geleistete Anzahlung mehr oder weniger vollständig auswirft.

Wir vermuten nun, der Zahlungsverkehr mit Münzen geht um so besser von der Hand, je höher die Kaufkraftdichte, also der Nominalwert pro Kilogramm ist. Die Mehrheit der Zahlungsverkehrsteilnehmer verweigert sich, sobald ihnen die Umsatzgeschwindigkeit, also Moneten pro Zeiteinheit, zu gering erscheint.Wir beabsichtigen daher, uns probehalber auf die Münzen mit dem höchsten Wert zu beschränken.

Wir versuchen also alle Testmünzen bei einer Bank in 2-Euro-Stücke umtauschen. Die vorwiegend Kupferfarbenen Metallscheiben wären ein gültiges Zahlungsmittel versichert man uns dort. Einen Umtausch verweigert die Bank aber dennoch. Mindestens müßten die Münzen in bestimmtes Papier gewickelt sein. Selbst dann wäre die Herausgabe von 2-Euro-Stücken identischen Gegenwerts aber nur dann möglich, wenn wir zusätzlich ein Konto bei dieser Bank führten.

Da uns das spezielle Papier kostenlos angeboten wird, nehmen wir davon reichlich. Interessant: für jede Münzsorte gibt es ein eigenes Papier. Jedes sogar mit einer aufgedruckten Beschreibung, wieviele Münzen welchen Typs darin eingerollt werden sollen.

Es erscheint unserem Test-Team plausibel, die Umsatzgeschwindigkeit durch eine solche Verpackung zu steigern. Um das genauer unter die Lupe zu nehmen rollen wir das Geld wunschgemäß ein. Wir benötigen dafür vier Personenstunden.

Ehe wir das Geld zur Bank tragen, wagen wir aber noch einen weiteren Versuch es in dieser neuen Rollenform als Zahlungsmittel auszuprobieren.Wir kaufen in einem Supermarkt ein. Dabei verwenden wir einen kleinen mathematischen Trick: Wir kaufen von jedem Artikel 50 Stück. So ist sichergestellt, das der Rechnungsbetrag nur ganze und halbe Eurobeträge ausweisen kann, die sich mit den Geldrollen darstellen lassen.

Mit je 50 Verpackungseinheiten Toilettenpapier, Topfreinigern, Joghurt und Chiabatta zum Preis von 311 € fahren wir unter neugierigen Blicken unseren Einkaufswagen zur Kasse. Dort ist man nicht bereit, uns die Ware zu überantworten. Es sei zwar verdienstvoll aber nicht in angemessener Zeit prüfbar wie wir unsere Münzen gerollt hätten. Vor allem ob die Bankseitig aufgedruckte Anzahl zuträfe sei nicht zu ermitteln, ohne die Gebinde zu öffnen was man allerdings ohnehin nicht in Betracht ziehe. Ob wir nicht per einfach EC-Karte zahlen könnten werden wir gefragt.

Fazit: Trotz angenehmer Haptik und robuster Konstruktion erweist sich dieses Zahlungmittel bereits ab zweistelligen Beträgen als wenig praxistauglich. Wir empfehlen Hartgeld nur für Transaktionen unter 5 Euro einzusetzen und die Annahme von Münzen unter einem Nominalwert von 0,10 Euro zu verweigern.

Kommentare

4 Antworten zu „Europäische Zahlungsmittel im Alltagstest – Teil I: Münzen“

  1. Avatar von kvk

    es wäre in der tat höchst aufschlußreich herausfinden zu können, ob die geschäfte verpflichtet sind, geld, metalisch oder papiern, anzunehmen. mein favorit sind briefmarken. sie werden bei manchen ämtern gedultet, beispielsweise beim zahlungstelle für parkvergehen. ob ein tengelmann oder reweminimalhl dies auch täte? sie sind zwar keine banknoten, aber sie stellen den wert da, welches auf ihnen abgdruckt ist. teilweise auch mehr.
    doch als ich mit einer 10euro sondermünze meine zigaretten beim nachbarschaftlichen tabakladen bezahlen wollte, wurde ich skeptisch beäugt, obschon mir in der bank versichert wurde, dass diese sehr begehrenswert sei. die tabakverkäuferin (typ unbekannt) nahm die münze an, machte mir jedoch ein schlechtes gewissen damit, dass sie vermutlich durch dieses entgegenkommen wieder mal haue vom chefe ernten wird.

    ich kaufe mein tabak jetzt woanders.

  2. Avatar von blogwart
    blogwart

    WENN ich mich richtig erinnere, gab es zur guten, alten DM-Zeit mal einen Höchstbetrag für Münzzahlungen (5 DM?), bis zu dem ein jeder Einzelhändler und lizenzierter Gastronom VERPFLICHTET war, Hartgeld in beliebiger Zusammensetzung anzunehmen.
    Diese Regelung besteht doch bestimmt fort?!

  3. Avatar von kvk

    womöglich, wie bereits vermutet, wurde eine zumutbare menge festgesetzt. wie lange braucht eine tengelmann kassiererin, um den betrag xy in ein-cent-münzen abzuzählen. es versteht sich von selbst, dass dieses experiment mit verschiedenen parametern geprüft wurde, wie: die länge der schlage, tageszeit, herkunfstland der jenigen testperson, bildung und geschlecht, und nicht zuletzt, körperliche und geistige verfassung, glaubensrichtung und politische überzeugung. daraus eine schnittmenge e voilá: unter extremsten bedingungen, 19:58, schlange bestehend aus 3 überarbeitete mckensey consulterinnen, einer rentnerin und einem alkoholaffinem lebenskünstler, 2 müttter mit, insgesamt, 4 kindern, einem hund, der neurotisch wird, wenn er drausen bleiben muss, 23,3 mobil telephone, einem filialleiter, der absperren möchte und ein erboster it-berater, der unbedingt noch rein möchte um seine gute-nacht-käsestange und eine tafel ritter sport schmockashock zu erwerben. falls die kassiererin eine frau ist, hat sie gerade ihre tage, falls es ein mann ist, muss er noch eine heckeldecke für seine oma erstellen. (stresstätigkeit variiert mit dem herkunfstland des jenigen).

    somit, nach langwieriger prüfphase, hat man sich auf eur 2,31 geeinigt. das könnte eine kassiererin, fehlerfrei noch zusammenzählen (münze nur von einheitlichem wert). ein kassierer eur 0,07 (»eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, aach..aach lecken sie mich am arsch mit ihren münzen. )

  4. Avatar von blogwart
    blogwart

    Nochmal ich…

    Beim Lesen der Onlineausgabe der Zeit bin ich auf folgenden interessanten Artikel in der Rubrik „Stimmst“ gestoßen:

    —————-
    Gut gemünzt
    —————-
    Frage:

    Der Busfahrer schaut immer genervt, wenn ich meine Fahrkarte mit Kleingeld bezahle, insbesondere bei Ein- und Zwei-Cent-Münzen. Dabei sind Münzen doch auch ein gesetzliches Zahlungsmittel. Kann er die Annahme verweigern? Hilde Frillinger, Paderborn

    Antwort:

    Sie haben natürlich recht mit der Aussage, dass Münzen genauso »gutes« Geld sind wie Banknoten. Wer den Cent nicht ehrt… Allerdings hat der Gesetzgeber auch ein Herz für die Empfänger, die all das ganze Kleingeld zählen müssen, und deshalb im Paragrafen 3 des Münzgesetzes (MünzG) die Zahl der Münzen beschränkt. Demnach »ist niemand verpflichtet, mehr als 50 Münzen anzunehmen; dies gilt auch dann, wenn der Gesamtbetrag 100 Euro unterschreitet«. Eine klarere Regelung als zu D-Mark-Zeiten, als noch nach der Höhe des Betrages differenziert wurde. Ich nehme an, dass die Verkäufer von Brautschuhen das Gesetz nicht so streng auslegen.

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    Quelle:
    http://www.zeit.de/2007/13/Stimmts-Kleingeld

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