Vom Wesen des Geheimen

Nachrichtendienst. Das klingt ein Bißchen nach Presseagentur. Vielleicht wie ein Dienstleister, der einem aus der Zeitung vorliest. So ist das mit Euphemimsmen. Sie klingen harmlos bis freundlich und bezeichnen dabei eigentlich Abstoßendes, wie zum Beispiel Spionageeinrichtungen.

Viele ihrer Namen kennt man. Die CIA der USA, das KGB der ehemaligen Sowjetunion, der englische SIS, der Mossad aus Israel, und natürlich der deutsche BND, haben eines gemeinsam: Außer ihren Namen weiß man so gut wie gar nichts. Das muß so sein, denn es sind Geheimdienste. Geheimes zu Tage zu fördern ist ihr höchstes Ziel und Heimlichkeit ihr oberstes Gebot. Ihr Aufraggeber ist immer jeweils die Regierung ihres Landes.

Hier und da, liest man von Empörung über das mangelnde Feingefühl des BND für Demokratie. Gut, das ist schlichtweg nicht vorhanden. Es ist aber von Spionen, und das ist viel wichtiger, auch gar nicht gefragt. Die geheimen Nachrichtendienste haben im Ausland die Aufgabe, zu spionieren, zu tricksen zu bestechen, zu lügen und zu betrügen und die Ergebnisse schließlich ihrem Dienstherren mitzuteilen. Dabei ist es völlig klar, daß sie sich nicht im Geringsten um Gesetze scheren dürfen.

Das wäre ja auch etwas albern. Es besteht zwar ganz offensichtlich der Wunsch, daß die deutsche Gesetzgebung weltumspannende Gültigkeit haben soll, wie die deutsche Regierung in unangenehm penetranter Weise die Regierung Liechtensteins wissen ließ. So ist es aber eben nicht. Zudem haben die meisten Nationen Gesetze, die Spionage verbieten. Würden sich Geheimdienste daran halten, wären sie schlichtweg überflüssig. Jeder verbietet es allen anderen bei sich, macht es aber bei allen anderen selbst und tut so, als wäre es ganz anders. So funktioniert eben Geheimdienst.

Weil Spione also zwangsläufig außerhalb von Gesetzen operieren müssen, gibt es bei uns — ganz im Sinne einer Demokratie — einen Kompromiss. Der besteht darin, daß der BND im Ausland alles darf, außer sich dabei erwischen zu lassen. Im Gegenzug hat er in Deutschland die Füße still zu halten und nur dem Bundeskanzleramt zu berichten. Weil Kontrolle bekanntlich besser als Vertrauen ist, gibt es außerdem das Parlamentarische Kontrollgremium. Das prüft gelegentlich, ob den BND nicht zu sehr über die Stränge schlägt und etwa Geld verschwendet oder gar noch Schlimmeres.

Das wäre konzeptionell schon in Ordnung. Man muß ja nicht gleich automatisch jedem Land auf diesem Planeten blindlinks vertrauen.

Was in den letzten Jahren, vorsichtig ausgedrückt, manchem sauer aufstößt, ist der Umstand, daß die Umtriebe des BND sich immer mehr gegen die eigenen Bürger richten. Mal leistet er für fünf Millionen Euro „Amtshilfe“, um deutsche Steuerbetrüger zu fangen, dann spioniert er mehreren deutschen Journalisten hinterher.

Es ist eigentlich kaum überraschend, daß BND-Chef Frank Uhrlau womöglich bald seinen Schlapphut nehmen soll. Leider nicht weil er in Deutschland die Pressefreiheit und damit die freiheitlich demokratische Grundordnung in Gefahr brachte und deshalb ins Visier des Verfassungsschutzes geraten wäre, sondern einfach, weil er dabei in fremden Pfründen wühlte und sich obendrein dabei erwischen ließ.

Für die Bespitzelung von Berufsgeheimnisträgern wie beispielsweise Journalisten, Geistlichen (Imame inklusive), Anwälten und Ärzten ist aber inzwischen die Bundesgeheimpolizei (BKA) zuständig, jene Behörde, die einst die nur Aufgabe hatte, die Polizeibehörden der einzelnen Bundesländer zu koordinieren.

Herr Uhrlau wird das einfach nicht gewußt haben. Immerhin hat sich der Gesetzgeber gewisse Mühe gegeben, seinen entsprechenden Gesetzentwurf geheim zu halten. Aber auch davor, war nicht der BND sondern, wenn überhaupt, das Bundesamt für Verfassungsschutz zuständig. Zumindest das hätte er eigentlich wissen müssen.

Kommentare

2 Antworten zu „Vom Wesen des Geheimen“

  1. Avatar von Oliver

    >Dabei ist es völlig klar, daß sie sich nicht im Geringsten um Gesetze scheren dürfen.

    Ergo widersprechen sie auch jedwedem demokratischen Gedanken, ob nun im In- oder Ausland. Mag zwar sein, daß das einige mit dieser Art Pragmatismus leben können, allerdings ist es somit auch nicht verwunderlich und auch nur mehr als logisch, daß eben jener Pragmatismus in eben diesem Lande auch Anwendung findet.

    >Was in den letzten Jahren, vorsichtig ausgedrückt, manchem sauer aufstößt, ist der Umstand, daß die Umtriebe des BND sich immer mehr gegen die eigenen Bürger richten.

    Einigen, vielen jedoch stößt jedoch auch ein Geheimdienst in einer Demokratie als absolute Absurdität übel auf. Denn ein Geheimdienst pervertiert eben die Grundprinzipien von Freiheit und Demokratie.

    >Herr Uhrlau wird das einfach nicht gewußt haben.

    Als Soziologe/Politologe kaum denkbar.

  2. Avatar von Gustav Freischütz

    Da stimme ich Ihnen im Wesentlichen zu, verehrter Herr Oliver. Wahrscheinlich habe ich das in meiner Glosse nicht so deutlich herausgearbeitet.

    Allein fürchte ich, daß es ohne Nachrichtendienste erst gehen kann, wenn die gesamte Welt, von der Demokratie beseelt, am gleichen Strang zieht. Ich fürchte nur, das könnte noch ein paar tausend Jahre dauern, wenn es denn überhaupt so weit kommt. Denn tatsächlich ist die Demokratie eher auf dem Rückmarsch. Leider.

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