Wilder Westen im Nahen Osten

Endlich können wir unseren Blick von Somalia abwenden, unserem dort ebenso unfreiwillig wie gratis betriebenen Endlager für radioaktive Abfälle, wo wir jedes Jahr Fische für eine Milliarde Dollar stehlen, die wir erstaunlicherweise essen, statt sie im Schnellen Brüter zu Reaktorbrennstäben zu verarbeiten.

Damit Fisch nicht seinen guten Ruf verliert, gesund zu sein, lassen wir unsere Soldaten Fischer jagen, die wir Piraten nennen, weil sie inzwischen nicht mehr Fische sondern Schiffe fangen, das Einzige was außer Giftmüll dort noch im Meer umherschwimmt. Damit wir uns nicht mit dem blutigen Handwerk unserer eigenen Streitkräfte auseinandersetzen müssen, üben wir uns lieber darin, das Besondere in der Routine des Nahostkonflikts zu erkennen, bei dem wir uns erfolgreich einreden, daran völlig unbeteiligt zu sein.

Während wir betroffen dem prasselnden Streubombenfeuerwerk über dem Wilden Westen des Nahen Ostens zusehen, brauchen wir uns nicht einmal zu sorgen, ob wir Partei ergreifen müssen. Psychopathische Kriegstreiber haben schließlich beide Seiten, resümieren wir zufrieden. Aus reiner Nächstenliebe gepaart mit untrüglichem Sinn für Gerechtigkeit, beliefern wir sie auch beide mit Geld und Waffen.

Kritisch verweisen wir darauf, daß es doch Regeln dafür gibt, wie Kriege korrekt zu führen sind, obwohl selbst dem kopflahmsten klar sein muß, daß sich daran niemand halten wird, sobald er in den Krieg zieht. Wenn über hundert Staaten Streubomben ächten, tun sie das aus dem selben Grund, warum die übrigen sie verwenden. Sie demoralisieren die gegnerische Bevölkerung, indem sie deren Kinder zerhächseln und schonen dabei die Infrastruktur. Militärisch ist das ideal, denn wer den Rückhalt seines Volks verliert, verliert den Krieg.

Der calamitas collateralis ist keine unbeabsichtigte Nebenwirkung eines ansonsten redlichen Handwerks, wie die PR-Agenturen der Kriegsbranche nicht müde werden zu behaupten, sondern ein wirksames und willkommenes Mittel, den Gegner das Fürchten zu lehren. Der Euphemimus „Begleitschaden“ entstammt offensichtlich den gleichen schwer erkrankten Denkorganen, jener Zyniker, die sich auch ausgedacht haben, aus der Luft geführte Fächenbombardements, mit Begriffen aus der Heilkunde zu beschreiben.

Obwohl wir das alles wissen, räkeln wir uns behaglich in unseren Fernsehsesseln und reden uns ein, Kriege würden zwischen Armeen ausgetragen, deren Angehörige sich ihren Beruf selbst ausgesucht haben. So wie die Piraten von Somalia, die ja schließlich auch eine Banklehre hätten machen können.

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