Klag Dich reich

Zeitungen zahlen oft sogenannte Zeilenhonorare. Was eine Zeile ist und wieviel der Autor dafür bekommt ist unterschiedlich. Bei der DPA umfasst eine Zeile im Schnitt 62 Anschläge und wird mit 1,03 Euro vergütet [1]„Online-Journalismus weiter brotlose Kunst“, pressetext.de, 24.11.2004.

Das scheint eher ein Dumpinglohn zu sein. Der Heise-Verlag zahlt für einen Online-Artikel mit 5000 Zeichen zwischen 220 und 350 Euro [2]a.a.O. Das entspricht 2,75 bis 4,40 Euro pro Zeile.

Besser hat es anscheinend, wer für die „Zeit“ schreibt. Für ein großzügiges Zitat [3]Phillip, „Obama of Nine“, nomnomnom.de, 20.5.2008 (1707 Zeichen) aus einem Text [4]Eva Schweitzer, „Was Star Trek mit Obama zu tun hat“, zeit.de, 16.5.2008 der Kolumne „New York Kolumne“ von Eva Schweitzer (5331 Zeichen), verlangt die Autorin nämlich per Abmahnung 1200 Euro Schadenersatz [5]Johnny Haeusler, „Journalistin lässt Blog abmahnen, fordert 1.200 Euro Schadensersatz für Textzitate“ spreeblick.com, 29.10.2009. Das entspricht einem Zeilenhonorar von 13,95 Euro für den Originalartikel. Nur auf den zitierten Teil gerechnet, und nur um den geht es ja, wären das sogar 44,45 Euro pro Zeile.

Die Auslagen für den Anwalt von Frau Schweitzer sind nicht Teil des Schadens und sollen weitere 955,00 Euro betragen.

Verblüffend ist auch, daß die „Zeit“ trotz des füstlichen Honorars nicht die alleinigen Verwertungsrechte zu besitzen scheint. Anderenfalls hätte ja nur der Verlag abmahnen lassen können, beziehungsweise Frau Schweitzer nicht dürfen.

Sollten Sie in einer Buchhandlung mal in eine eher langweilige Lesung geraten, schreiben Sie es unbedingt irgendwo im Internetz auf. Irgendwem wird der Text schon gefallen und dem können Sie dann ja mal einen Monatslohn abpressen. Vielleicht finden Sie auch mehr. Da soll sich noch einer beschweren, daß sich im Netz kein Geld verdienen läßt.

[Update:] Frau Schweitzer schreibt in ihrem Blog bei der „taz“ eine Antwort [6]Eva Schweitzer, „Empire Strikes Back“, blogs.taz.de, 30.10.2009 auf den Eintrag bei Spreeblick. Bei Spreeblick danach auch und bekommt eine Antwort [7]Johny Haeusler, „Stellungnahme von Eva Schweitzer zur Blog-Abmahnung“, spreeblick.com, 30.10.2009 darauf. Später schreibt sie noch einen Eintrag [8]Eva Schweitzer, „A New Hope“, blogs.taz.de, 30.10.2009 in ihr Blog.

References
1 „Online-Journalismus weiter brotlose Kunst“, pressetext.de, 24.11.2004
2 a.a.O
3 Phillip, „Obama of Nine“, nomnomnom.de, 20.5.2008
4 Eva Schweitzer, „Was Star Trek mit Obama zu tun hat“, zeit.de, 16.5.2008
5 Johnny Haeusler, „Journalistin lässt Blog abmahnen, fordert 1.200 Euro Schadensersatz für Textzitate“ spreeblick.com, 29.10.2009
6 Eva Schweitzer, „Empire Strikes Back“, blogs.taz.de, 30.10.2009
7 Johny Haeusler, „Stellungnahme von Eva Schweitzer zur Blog-Abmahnung“, spreeblick.com, 30.10.2009
8 Eva Schweitzer, „A New Hope“, blogs.taz.de, 30.10.2009

Kommentare

6 Antworten zu „Klag Dich reich“

  1. […] Passenger weist in seinem Blog auf einen interessanten rechtlichen Aspekt hin, den ich leider nicht verifizieren kann mir aber sehr plausibel erscheint: demnach könnte sie nur […]

  2. Avatar von Ole

    Vielleicht sollte ich endlich überregional zitierfähige Texte schreiben?! Spannend. Danke fürs Aufbereiten.

  3. Avatar von Fellow Passenger

    Schön mal, ein Lebenszeichen von Ihnen zu lesen, mein bester Herr Ole! Soweit ich sehe befleißigen Sie sich aber doch durchwegs des Hochdeutschen, was ja überregional gut verstanden wird. Im Gegensatz zu Platt, das Sie, wie ich meine, ebenfalls bestens beherrschen. Zudem sehe nebenan bei Ihnen sogar hübsche Bilder aus Frankreich. Wenn es die Gattung überregional ziterfähige Texte gibt, dann haben Sie sie erfunden.

  4. […] The Fellow Passenger Fachmagazin für Halbwissen « Klag Dich reich […]

  5. Avatar von Ole

    Juchu, ich sollte mir den Begriff schützen lassen. Womöglich kann ich dann auch daraus dermaleinst Kapital schlagen?!

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