Berlin ist eine Reise wert. Schon der Weg gestaltete sich spannend. Statt des von der Mitfahrzentrale angegebenen Treffpunkts, ergab ein erstes Telefonat, man würde sich nicht an der U-Bahn Brudermühlstraße versammeln, sondern in Aubing, oder eigentlich doch lieber in Puchheim. Seine Aussprache des Ortes „Bucheim“ entlarvte den Fahrer sofort als Österreicher, denen gegnüber ich stets milde gestimmt bin. Ich wunderte mich nicht, als mich dreieinhalb Stunden vor Abfahrt die Nachricht erreichte, man sei bereits abfahrbereit. Als ich mich dem roten Mercedes Sprinter näherte, traf ich auf ein sehr nettes und fröhliches junges Paar, das danach trachtete auf eine Open Air Goa-Party zu reisen.
Daß das Fahrzeug nicht unerheblichen Mengen an Öl verlor, war wohl auf einen gebrauchten Austauschmotor zurückzuführen, der gerade eingesetzt worden war. Am Autobahnkreuz Nürnberg begann der Fahrer erstmals den Rückspiegel zu justieren. Nach sieben Stunden – dem Austauschmotor war auch geschuldet, daß man nicht schneller als 100 Stundenkilometer fahren konnte – erreichten wir wohlbehalten Berlin-Friedrichshain und ich wurde direkt vor der Haustür von Kathleen und Sven abgesetzt.
Sofort nach der herzlichen Begrüßung wurden lebenserhaltende Maßnahmen (Weg zur Toilette erklären, Internetzugang herstellen) eingeleitet. Nach einem ersten Gedankenaustausch über meinen bevorstehenden Termin wurden Rindersteaks mit Bratkartoffeln gereicht, die gewiß in kommenden Ausgaben des Restaurantführers von einem bekannten Reifenhersteller Erwähnung finden müssen.
Als der offizielle Teil des nächsten Tages abgeschlossen war, versammelten sich Kathleen, Nikolaus, und ein freundlicher Herr mit Auto und ich im Cafe Ehrenburg, um das Geschehne gemeinsam revue passieren zu lassen. Der anschließende Abend hielt neben einer überaus luxuriösen Variation von Spaghetti Bolognese auch ein fulminantes Trinkgelage bereit. In dessen Verlauf arbeiteten Kathleen und ich glasklar heraus, wie dauerhaft Weltfrieden herbeizuführen wäre. Leider konnten wir uns an wenige Einzelheiten des genialen Plans am Tag darauf nicht mehr ganz genau erinnern. Wir werden das wohl wiederholen müssen. Für den Weltfrieden.
Ebenfalls in Berlin lebt seit Kurzem Sebastian, einer der Künstler und Softwareentwickler, den ich auf dem Projekt Crash Test Dummy kennenlernen durfte. Mein Weg führte mich also auch zum Prenzlauer Berg, wo ich ebenfalls herzlich aufgenommen wurde und einen kleinen Einführungskurs in ein höchst erstaunliches Multimediawerkzeug namens vvvv erhielt, das ich an anderer Stelle vorstellen werde. Gemeinsam mit einigen freundlichen Herren aus Österreich (schon wieder) erschlossen wir uns das Nachtleben der Bundeshauptstadt. Höhepunkt war ein Techno-Club, der seine Einrichtung aus verschlissenen Sofas unterschiedlichster Epochen der Nachkriegszeit zusammensetzt und dessen Musikangebot sehr konsequent aus minimalistische Darbietungen bestreitet.
Fortsetzung folgt.
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