„Es geht niemanden etwas an, wie mein Spülmittel heißt“

Kathleen am Computer Kathleen (41), Autorin des Weblogs „beyond the void“ über das Bloggen, ihre Begeisterung für Südafrika, den Spülsaum auf dem Schreibtisch und ihre Abneigung gegen Datensammler

TFP: Das Titelbild Deines Blogs zeigt sich immer wieder in neuen Variationen. Hast Du Dir das von Google abgeschaut, oder die von Dir?

Kathleen: Ich denke, weder noch. Gesehen habe ich es zum ersten mal bei Ulf, auf de-scriptiv und fand das so unheimlich charmant. Ich war oft nachts auf der Seite und da gibt es so eine nette Zeichnung von Ulf im Bademantel mit dem Satz „Du hier, um die Zeit?“ Das fand ich so süß, daß ich mir ein Script rausgesucht habe, und dann meinen Lebensgefährten, er ist Cartoonist, gebeten habe, er möge mir ein paar Cartoons zeichnen, die mir ähnlich sehen, denn Zeichnen kann ich überhaupt nicht. Da brauchte ich Hilfe.

TFP: Das Maskottchen Deines Blogs erinnert an eine Peanuts-Figur. Wie kommt das?

Kathleen: Das ist Zufall. Die Basisfigur, die er normalerweise zeichnet, die ist eigentlich die Figur an die das angelehnt ist. Im Wesentlichen denke ich, er hat sich einfach nur mich sehr genau angeschaut. Die Freunde, die mich auch in der direkten Begegnung kennen, also face-to-face, sagen, ich bin ohne weiteres zu erkennen, obwohl die Brille wegfällt.

TFP: Du bist schon seit einiger Zeit verheiratet. Gehört Dein Gatte zu den regelmäßigen Lesern Deines Weblogs?

Kathleen: Ja, das tut er.

TFP: Wer hat bei euch „die Hosen an“?

Kathleen: (lacht) Ich würde sagen, das wechselt ständig. Da gibt es keine klare Linie. Die richtige Antwort ist sicher: Beide.

FTP: In Deinen Kommentaren in anderen Blogs benutzt Du meistens die Höflichkeitsform. Welche Bedeutung hat das „Sie“ für Dich?

Kathleen: Für mich ist das eine Respektsache. Es hat etwas damit zu tun, daß ich dem anderen anbiete, die Distanz zu nehmen, die er nehmen möchte. Wenn ich in der Reaktion geduzt werde, dann gehe ich auf Du.

TFP: Wenn Du es Dir aussuchen könntest, in welchem Land würdest Du gerne leben?

Kathleen: Südafrika. Ich war einige Male dort, über mehrere Monate, und ich hatte jedes mal das Gefühl, ich komme nach Hause. Dazu kommt, daß das Land, vor allem an der Garden Coast, wo ich mich überwiegend aufgehalten habe, unfassbar grün ist. Das misst sich gar nicht mit dem mitteleuropäischen Bild von Afrika. Und ich liebe dieses Klima. Mir kann es gar nicht heiß genug sein.

TFP: Auf einem Foto in Deinem Blog ist nebst der Katze eine Flasche Wein aus Südafrika zu sehen. Ist das Deine bevorzugte Weingegend?

Kathleen: Ja, unbedingt. Die afrikanischen Weinstöcke wurzeln in Roterde, die stark eisenhaltig ist, und die Sonnenscheindauer tut ihr übriges. Das sind unheimlich aromatische Weine, selbst wenn sie jung sind. Deshalb mag ich sie sehr gern.

TFP: Inwiefern orientierst Du Dich beim Schreiben an Deinen Lesern?

Kathleen: Gar nicht.

TFP: Wie muß ein Weblog beschaffen sein, damit es Dich interessiert?

Kathleen: Es muß die Persönlichkeit, die dahintersteht, erahnen lassen. Coole Weblogs interessieren mich nicht. Das, worüber geschrieben wird, muß in irgendeiner Form etwas transportieren, das auch andere interessieren kann. So, daß ein Tagebucheintrag nicht einfach reiner Tagebucheintrag ist. Es muß eine Erfahrung sein, die viele schon mal gemacht haben, die einen Bezug herstellt zu anderen.

TFP: Warum blogst Du?

Kathleen: Ich bin ein Sozialjäger. Ich will davon: Kontakt, Resonanz, Korrektiv, Netzwerkaufbau. Ich mag Menschen. Ich renne durch die sogenannte virtuelle Welt in dem gleichen Zustand und mit den gleichen Fragen ans Gegenüber wie durch die reale: Was treibt dich um? Warum bist du wie du bist? Können wir etwas miteinander tun oder zu tun haben, was uns beiden gut ist? Kann ich etwas von dir lernen? Kann ich dir etwas geben? Außerdem bin ich unglaublich neugierig. Neugierig. Nicht indiskret.

TFP: Wieviel Zeit verbringst Du täglich mit dem Lesen, Kommentieren und Schreiben von Blogs?

Kathleen: Zuviel. Eindeutig zuviel. Meine Arbeit, Kommunikationsdesign, spielt sich im Web ab, und wann immer mich ein Auftrag gerade nervt, geistere ich in der Blogossphäre herum. Ablenkung, Impulsjagd? Oft genug weiß ich es selber nicht. Noch ein Punkt, der da eine Rolle spielt: Meine Lebensgeschichte ist eine leidlich harte Geschichte, ich bin relativ stark deformiert. Im direkten, unmittelbaren Umgang mit anderen bin ich oft viel gehemmter – und dann überkompensierend und völlig anders, als es mir im Schriftlichen oder am Telefon möglich ist. Man mag sagen: Ich bin im Web authentischer als im wirklichen Leben. Der Zeitaufwand ist im Spätherbst und Winter höher als im Frühjahr und im Sommer. Der crucial point ist aber nicht der Zeitaufwand, sondern die Richtung: Im Herbst und im Winter hole ich mir viele Impulse aus dem Web, aus den Gedanken anderer und dem, was sie in mir anstoßen. Im Frühling und im Sommer schicke ich viele eigene Impulse in das Web, und schaue mir dann an, was damit geschieht.

TFP: Was ist eigentlich ein Spülsaum?

Kathleen: Ein Spülsaum ist das, was passiert, wenn man sechs bis acht Stunden am Schreibtisch sitzt: Links ein Cola-Glas, da liegt noch der Korken der Weinflasche, das dritte Feuerzeug, was man an den Schreibtisch geschleppt hat, weil man das erste mal wieder nicht sah in dem ganzen Chaos und wenn es ganz wild kommt dann liegt auch noch die Katze unter der Schreibtischleuchte, weil es da so angenehm warm ist. Mit anderen Worten: Da auch nur ein DIN A4 Blatt abzulegen erweist sich binnen weniger Stunden als völlig ausgeschlossen. Den Ausdruck hat mal typ.o geprägt der hat mal ein Foto von seinem Spülsaum gemacht und ich fand den Ausdruck so schön, daß ich den übernommen habe. Eigentlich ist ein Spülsaum ja das, was Du am Meer siehst, wenn Treibholz und Tang und was nicht noch alles, angetragen wird. Da kommt der Ausdruck her.

TFP: Warum drehst Du Deine Zigaretten selbst?

Kathleen: Weil es aus dem Tabak, den ich als einzigen gerne rauche, keine fertig hergestellten gibt.

TFP: Was verstehst Du unter Martini?

Kathleen: Den klassischen Cocktail.

TFP: Welche Teesorten trinkst Du am liebsten?

Kathleen: Das ist einfach. Einen guten Darjeeling, am liebstem einen First Flush. Das sind die Spitzen der Teeblätter, ganz feine aromatische Tees, die nicht sehr laut sind.

TFP: Bist Du ein Computer-Freak?

Kathleen: Ich glaube schon daß ich ein Nerd bin. Aber nicht so sehr auf der technischen Seite. Ich sitze nicht den halben Tag vor der Maschine und baue Karten ein und aus. Im Gegenteil: Die Beschäftigung mit der Hardware ist eher nervig.

TFP: Hattest Du schon mal einen Autounfall?

Kathleen: Mehrere. Allerdings nie selbst fahrend, mangels Führerschein.

TFP: Was machst Du, wenn Dir langweilig ist?

Kathleen: Mir ist niemals langweilig. Ich kenne das nicht.

TFP: Was wäre das Schlimmste, was Dir passieren könnte?

Kathleen: Meinen Lieblingsmenschen zu verlieren.

TFP: Wo siehst Du Dich in 10 Jahren?

Kathleen: Ich möchte in Bewegung bleiben. Das war vor zehn Jahren so und das werde ich in zehn Jahren wahrscheinlich genauso sehen. Geistig beweglich bleiben und auch örtlich beweglich, wenn es nötig ist, oder man gerade Lust darauf hat. Wir sind ja im Moment im Begriff nach Berlin zu wechseln aus eben diesem Grund. Von Köln haben wir die Nase voll.

TFP: Hast Du eine Lieblingsfernsehserie?

Kathleen: Ich bin nicht besonders fernseh-affin — eher ein großer Leser.

TFP: Du bist ja überzeugter Gegner der Payback-Karte. Woran liegt das?

Kathleen: Weil ich finde, daß wir weit genug überwacht werden, daß es genug Zugriffe auf die Datenströme gibt, die jeder von uns hinter sich herzieht, daß das nicht auch noch dazu kommen muß. Es geht überhaupt niemanden etwas an, wie mein bevorzugtes Spülmittel heißt, oder was ich gern esse.

TFP: Springer, Spiegel und SZ haben der Rechtschreibreform schon abgeschworen, Burda, taz und die Frankfurter Rundschau halten weiter die Fahne hoch. Wie stehst Du dazu?

Kathleen: Ich verabscheue die Rechtschreibreform wie kaum etwas anderes auf dem Gebiet und sehe zu, daß ich möglichst nach der alten schreibe. Ich ärgere mich jedesmal grün mit blauen Punkten, wenn ich merke, daß mir auch schon so kleine Ausrutscher unterlaufen, weil man halt die neue überall liest. Ich fand es schon immer eine saublöde Idee.

TFP: Kathleen, ich danke Dir für dieses Gespräch.

Kommentare

2 Antworten zu „„Es geht niemanden etwas an, wie mein Spülmittel heißt““

  1. Avatar von Liisa

    Nette Idee das mit dem Interview und interessante Fragen dazu! Vielen Dank an den Interviewer und an Kathleen!

  2. Avatar von Oles wirre Welt

    Sehr nettes Interview. Bin gespannt, was mir demnächst blüht! 😉

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