Weil ich zur Zeit ohnehin nichts besserers zu tun hatte, habe ich für drei Wochen eine Stelle als Fahrer angenommen. Meine Fahrgäste sind sehr zurückhaltend, denn es handelt sich vorwiegend um Kinofilme für das Münchner Filmfest. Sie reisen an aus aller Welt und versammeln sich erst mal in einem Lager, wo sie untersucht und auf ihre Aufgaben vorbereitet werden. Von dort bringe ich sie in die Kinos und wenn sie sich dem staunenden Publikum gezeigt haben, wieder zurück.
Diese Fahrgäste aus aller Herren Länder sollen es gut haben. Deswegen werden sie nicht in einem klapprigen Lieferwagen durch die Stadt gegondelt, sondern in einem funkelnagelneuen BMW 525 Touring mit allem erdenklichen Luxus chauffiert. Die lederbezogenen Sitze haben Motoren eingebaut, mit denen ich sie in eine bequeme Position bringen kann. Eine Heizung haben sie auch, aber das wird es dieser Tage wohl nicht brauchen. Viel eher schätze ich die Klimaanlage, die mir hilft im hitzigen Stadtverkehr immer einen kühlen Kopf zu bewahren. Heute habe ich dem Navigationssystem schon mal ein paar Adressen der Kinos beigebracht. Die freundliche Frauenstimme, die mir sagt, wo ich langfahren soll, habe ich aber wieder abgestellt, weil sie immer dazwischenredet, wenn gerade etwas interessantes auf M94,5 im Radio läuft. Die Anzeige auf dem Bildschirm ist gut genug, mit einem flüchtigen Blick zu erkennen, wo es langgehen soll. Außerdem lebe ich ja seit 35 Jahren in München und weiß, welche Spur ich nehmen muß wenn ich aus der Rosenheimer Straße im Uhrzeigersinn auf den Altstadtring möchte. Das Autodach ist fast ganz aus Glas, durch daß ich den Himmel sehen kann, wenn ich nicht gerade auf den Verkehr achten muß. Wenn das Wetter morgen auch so schön ist, versuche ich mal ob die Klimaanlage auch geht, wenn das Dach offen ist. Eigentlich müsste die kühle Luft ja unten bleiben.
Mein Kollege Max, der andere Fahrer ist heute als Beifahrer mitgefahren, um mir alles zu zeigen. Anders als ich, fährt er auch sonst beruflich Auto. Er ist nämlich Chauffeur. Deswegen war es mir besonders peinlich, als ich beim Abbiegen mit dem linken Hinterrad über einen Bordstein gefahren bin. Als ich ihn fragte, ob er bei meiner Fahrerei Angst bekommt, hat er nur gelacht und gesagt, so hätte er auch angefangen. Bei so großen Autos müsste man eben etwas mehr ausholen. Nachdem er sonst auf der Fahrt ganz entspannt an seiner Butterbreze nagte, war es wohl insgesamt ganz in Ordnung.
Lustig fand ich die ersten Gespräche mit der netten Dame von der Disposition. Sie fragte, ob ich flexibel sei. Was soll man darauf antworten? Offenbar hielt sie es für möglich, daß ich ins Schleudern komme, wenn die Einsatzpläne nicht bereits eine Woche vorher feststehen, oder ich mich weigern würde, eine Fuhre zu übernehmen, weil ich gerade Mittagspause oder Feierabend habe. Anscheinend haben die sowas tatsächlich schon erlebt.
Der ersten Pannen sind auch schon aufgetreten. Ein Film kommt auf mehreren, meistens sechs Rollen. Die einzelne Rolle wird als Akt bezeichnet. Der erste Akt eines Filmes, den Max und ich aus dem Kopierwerk holten stellte sich im Lager als fehlerhaft heraus. Ich dachte mir so, dann muß ich die Rolle wohl zurück ins Kopierwerk bringen, damit die ansehen und eine neue Kopie anfertigen können. Bei einer anderen, auch sehr netten Dame, der Disposition brach Hektik aus. Nach einigen Telefonaten mit dem Kopierwerk („Kann gar nicht sein“) und der Produktionsfirma („Wir kümmern uns drum“), beschied sie Max und mir, den fehlerhaften Akt zurück ins Kopierwerk zu fahren. Das war meine erste Fahrt allein, denn Max wartete im Lager, ob ein anderer Film noch eintrifft, oder das Programm geändert werden würde. Als ich gerade im Kopierwerk war, habe ich gleich noch eine Kopie von einem anderen Film eingepackt, die gerade fertig war. Ich traf gerade rechtzeitig im Filmlager ein, um Max noch zu treffen, als er sich auf den Weg zum selben Kopierwerk machte, um den Film zu holen, den ich schon im Kofferraum hatte. Das nützte nichts, denn es galt noch einen anderen zu holen. So fuhr ich den Wagen schließlich in die Tiefgarage meines Auftraggebers und mich selbst anschließend mit der Trambahn nach hause.
Jetzt muß ich mir noch überlegen, welche Filme, die spät abends (nach Dienstschluß) gezeigt werden, die ich gerne sehen möchte. Dafür bekomme ich nämlich Freikarten. Leider nur für mich selbst, was ich sehr schade finde, denn wer geht schon gerne allein ins Kino? Zum Glück geht es morgen erst um 11:00 Uhr weiter.
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