Das Blühen und Fruchten oder auch Verwelken von Einzelhandelsunternehmen in meiner Nachbarschaft zu beobachten gefällt mir. Zur Zeit stehen viele Geschäftsräume leer. Zum Beispiel das eines Buchmachers, der sein Ladengeschäft um etwa 200 Quadratmeter verkleinert hat.
Viele Leute verwechseln ja Buchmacher und Buchbinder, wie überhaupt oft Begriffe verwechselt werden. Schuhmacher und Schuster, zum Beispiel. Schuhmacher gibt es fast überhaupt nicht mehr, denn kaum jemand läßt sich Schuhe anfertigen, was dazu führt, daß von einem erworbenen Paar Schuhe immer nur ein Schuh wirklich passt. Das liegt daran, daß praktisch niemand zwei gleich große Füße hat. Ein Schuhfabrikant kann ja voher nicht wissen, ob er den linken oder den rechten Schuh größer machen soll. Wenn Schuhe einzeln verkauft würden, gäbe das sicher ein riesiges Durcheinander, was wiederum die Schuhhändler gar nicht gebrauchen können.
Schuster dagegen stellen keine Schuhe her, sondern reparieren sie. Weil viele Leute kaputte Schuhe aber einfach wegwerfen und sich neue kaufen, müssen manche Schuster auch Schlüssel nachmachen, Stempel anfertigen oder stumpf gewordene Messer und Scheren schleifen. Viele Schuster wollen aber gar nicht so genannt werden, weil sie nämlich eigentlich eine Schuhmacherlehre genossen haben, bevor sie angefangen haben Schuhe zu reparieren. Wenn ich einen frage, ob er, der er ja kein Schuster, sondern ein Schuhmacher ist, ob er denn auch Schuhe anfertigen würde, sagt er mir, „das könnten Sie sich gar nicht leisten“. Da erschrecke ich dann zuerst ein bißchen, weil ich mich frage, ob der Handwerksbetrieb womöglich online mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht verbunden und daher über meine Einkommensverhältnisse informiert ist. Dann beruhige ich mich aber wieder und bleibe einfach dabei, meine Schuhe reparieren zu lassen, und der Schuster bleibt bei seinen Leisten. Das nennt man Deeskalation, glaube ich.
In dem früheren Wettannahmebüro war für einige Wochen die Sparkasse. Die hat Ihre Filliale am Kurfürstenplatz renovieren lassen und war deswegen vorübergehend umgezogen. Jetzt stehen im Wettbüro nur noch ein überzähliger Geldschrank, ein paar Schalter und einige Schreibtische herum. Der hübsche Briefkasten aus Edelstahl der vor der Tür steht ist nun mit braunem Paketklebeband verschlossen. Der Sparkasse geht es eben besser als den Schuhmachern.
In einem der zu vermietenden Läden war für kurze Zeit ein Friseur, der aber nun pleite ist. Wenn ein neuer Friseurladen eröffnet, freue ich mich meistens, weil die oft lustige Namen haben, wie „Hairjeh“ oder „Final Cut“. Die habe ich mir jetzt ausgedacht, weil die echten eigentlich doch nicht so gut sind.
Meistens sind die neuen Geschäfte aber Boutiqen. Es scheint sich in der Maxvorstadt, was übrigens oft mit Schwabing verwechselt wird, eine Boutiquen-Monokultur zu entwickeln. Das finde ich dann zuerst immer etwas enttäuschend und ich denke, „ach, schon wieder eine Boutique“. Aber länger als drei bis sechs Monate bleiben die selten. Danach kommt die nächste, oder wenn man Glück hat, auch etwas völlig anderes. Vielleicht mal eine Reinigung für Putzlappen oder ein Fachgeschäft für buntes Butterbrotpapier.
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