Eigentlich spinnen sie gar nicht, diese Römer. Ganz im Gegenteil. Die Römer sind völlig normal. Wenn man dort einen Imbiss betritt und nach Kaffe verlangt, erhält man sogleich ein Tässchen dessen, was hier unsinnnigerweise als „Espresso“ feilgeboten wird. Das was man hier als Kaffee bezeichnet, kennt man in Süditalien als Cafe Americano und wird verständlicherweise nur von Touristen verzehrt. Ganz stimmt das zugegebenerweise aber nicht. Die säuerlich nach Löschpapier schmeckende Filtertüte kennt der Römer nämlich nicht. Der Cafe Americano ist ein Espresso mit der zehnfachen Menge an Wasser die zur Zubereitung erforderlich wäre. Große Vernunft lässt der Römer auch daran erkennen, daß er für einen Cafe zwischen 60 und 90 Cent verlangt. Der latent größenwahnsinnige Münchner bietet einen Espresso dagegen selten unter 1,80 Euro an, verzichtet dabei aber gern auf die kunstgerechte Zubereitung. Völlig übergeschnappt sind die Wirte von deutschen Autobahnraststätten, die ihrer Kundschaft zumuten, einen Filterkaffe für 2,95 Euro selbst aus einem Automaten zu zapfen.
Die nahezu erpresserischen Machenschaften von Raststättenbetreibern in Deutschland sind ohnehin ein steter Quell von Verdruß. Bereits der Umstand, das Menschen ihre Notdurft verrichten müssen, genügt ihnen um daraus eine Zahlungsverpflichtung abzuleiten. Man muß damit rechnen, daß auf dem Hoheitsgebiet einer Autobahnraststätte künftig das Entweichen einer Flatulenz mit einer zusätzlichen Gebühr beaufschlagt wird.
Noch ist immerhin ein geringes Maß an Unrechtsbewußtsein zu erkennen. Das Notdurftlösegeld wird immerhin häufig mit einem Gutschein in gleicher Höhe quittiert. Man sollte vermuten, für die kostenpflichtige Blasenerleichterung also mit Nahrung entschädigt zu werden. Das würde der Raststättenmafia ja immerhin weitere Einnahmen bescheren. Tatsächlich ist dieser Betrag selbst für die abscheulichsten kulinarischen Fehlleistungen nicht ansatzweise genug. Selbst eine vertrocknete Semmel mit Plockwurstbelag ist erst für den achtfachen Betrag erhältlich. Dabei muß man bedenken, daß die Aufnahme von Nahrung und Getränken unweigerlich weitere Ausscheidungsbedürfnisse nach sich zieht. Bei einer Reise von Garmisch-Partenkirchen bis Flensburg könnte man sich allein durch Stoffwechsel überschulden. Und Stoffwechsel ist ja eigentlich kein Luxus.
In Italien heißen Autobahnraststätten Autogrill. Komischerweise wird dort aber in den seltensten Fällen gegrillt. Auch dienen Automobile grundsätzlich nicht als Bestandteil des Nahrungsmittelangebotes. Dort ist das Speiseangebot ebenfalls teurer als abseits der Autostrada. Allerdings sind sämtliche dargebotenen Lebensmittel grundsätzlich durchwegs genießbar.
Das gilt natürlich auch für Cafe. Zum Beispiel eine Latte Macchiato, die zuzubereiten dem Römer eine Selbstverständlichkeit, dem Münchner hingegen ein Ding der Unmöglichkeit ist. Die Kaffepflanze wächst zwar weder in Deutschland noch in Italien. Dennoch hat der Deutsche eine Kaffeekultur zu entwickeln bis heute verabsäumt. Kaffee muß bitter schmecken, kochend heiß und wässrig sein. Nur so ist die anregende Wirkung zu entschuldigen. Schließlich handelt es sich um eine gesetzlich erlaubte leistungssteigernde Droge. Da ist man nur auf der sicheren Seite, wenn man kochende Milch mit einem fünffach verlängerten Espresso in ein Glas kippt und dieses Gebräu dadurch aufzuwerten sucht, indem man überflüssigerweise einen Strohhlam hineinsteckt. Gut schmecken darf es nämlich nicht. Sonst wäre es ja schließlich verboten.
Der Römer scheint hingegen nicht bereit zu sein, für dieses Heißgetränk zu leiden. Weder will er sich die Finger am Glas verbrennen, noch ist er willens, totgekochte Milch zu trinken, oder gar ein Vermögen dafür auszugeben.
Ganz anders der Amerikaner. Der hat längst festgestellt, daß er nie in die Lage geraten wird, den begehrten Aufguß in schmackhafter Weise herzustellen. Deswegen verdünnt er damit verschiedenste Arten von Glukosesirup und verlangt dafür den doppelten Preis. Zum Ausgleich setzt er dabei auf Selbstbedienung und Pappbecher und versucht beharrlich den Eindruck zu erwecken, als müsse man in San Francisco besonders genau über Kaffe bescheid wissen. Wirklich erschreckend ist der Umstand, daß man in München, der angeblich nördlichsten Stadt Italiens, blöde genug ist, solchen Cretins eine Existenz zu sichern. Eine San Francisco Coffe Company würde man in Rom allenfalls auslachen. Sogar kostenlos. Die Römer sind ja nicht verrückt.
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