Beifang

Das Fischereihandwerk ist ein rauhes Geschäft. Der wirtschaftliche Druck ist enorm. Auf See lauern tödliche Gefahren. Zudem weiß man nie was einem ins Netz geht. Ob überhaupt etwas oder gar wieviel kann man vorher nicht wissen.

Es verfangen sich immer Fische oder anderes Meeresgetier in den Netzen, obwohl sie eigentlich gar nicht gemeint waren, ja gar nicht gemeint sein durften, weil sie noch zu klein, zu naturgeschützt oder zu unverkäuflich sind. Man nennt sie Beifang. Selten machen sie mehr als 80 Prozent aus und werden wieder ins Meer geworfen; manche von ihnen sogar lebendig.

Noch mehr Gefahren birgt das Millitärgeschäft. Tödliche Arbeitsunfälle sind praktisch an der Tagesordnung. „Operation Enduring Freedom“ klingt zwar nach Orchideen und Räucherstäbchen, aber im Wesentlichen geht es doch darum, sich gegenseitig umzubringen. Die Kunst liegt darin, dabei weniger Personal zu verlieren, als die Konkurrenz.

Im Irak sind bislang rund 3000 amerikanische Soldaten an Krieg gestorben. Das sind ungefähr so viel, wie die Opfer der Anschläge auf das World Trade Center in New York City am 11.9.2001. Dieser Vergleich ist natürlich Quatsch, weil es da keinen Zusammenhang gibt. Es ging ja deswegen im Irak um Massenvernichtungswaffen, die außer den USA niemand haben dürfen soll. Weil sich im Irak keine finden ließen, hat man sich darauf verlegt, daß Saddam Hussein ein unfreundlicher Despot ist und dringend Demokratie eingeführt werden muß, was irgendwie auch total gut gegen Terrorismus helfen soll. Das ehemalige Staatsoberhaupt hatte einfach so bestimmt, was im Irak zu geschehen hat und dabei sogar Menschen hinrichten lassen. So geht es natürlich nicht. Darum soll dieser Mensch demnächst hingerichtet werden. Auch am Krieg gestorben sind 100.000 bis 200.000 irakische Zivilisten. Die werden allerdings nicht so sehr bejammert wie die US-Soldaten, weil es sich um den unvermeidlichen Beifang handelt. Kollateralschaden nennt es die Kriegsbranche, damit man sie nicht mit Fischern verwechselt, die ja keine Demokratie bringen.
Wie man anderswo Demokratie einführt, wissen die Amerikaner am besten. Sie haben schließlich schon den Ureinwohnern ihres Kontinents Demokratie beigebracht. Die wenigen die das überlebt haben sind damit sogar so zufrieden, daß sie bis heute nicht einmal eigene Abgeordnete in die Regierung schicken. Ähnlich wie die bayerische Regierung braucht auch die amerikanische keine Opositition, weil sie ja schon demokatisch ist.

Trotz der vielen Toten gilt Krieg heute als eine saubere Sache. Das liegt vermutlich an der chirurgischen Genauigkeit mit der Bomben heute in Krankenhäusern und Schulen explodieren. Wo die hinfallen, genesen weder Fundamentalisten, noch lernen dort Terroristen lesen und schreiben. Die Eltern jener Kinder, die beim Spielen von herumliegenden Streubomben zerfetzt werden, können sich gewiß mit dem Gedanken trösten, daß ihre Sprößlinge ihr Leben für die Demokratie gegeben haben.

Kommentare

4 Antworten zu „Beifang“

  1. Avatar von Michi
    Michi

    Eins mit Stern für diesen Aufsatz.

  2. Avatar von dauni

    Ja Herrschaftszeiten, wo soll den das Militär den sonst die neuen Waffen ausprobieren und die alten Klamotten loswerden? Der Dollar muss doch rollen.

    Was zählen da schon so ein paar mickrige Menschenleben?

  3. Avatar von Fellow Passenger

    Es freut mich natürlich, mein lieber Herr Michi, wenn Ihnen die Untadeligkeit meiner Ausführungen zur Kenntnis gelangt. Ich gebe auch gerne zu, daß eine Annerkennung aus berufenem Munde mir zu schmeicheln vermag. Ich pflege aber andererseits die Erkenntnisse meiner privaten Studien nicht zu veröffentlichen, um dafür benotet zu werden. Für substanzlose Anbiederungen fühle ich mich inzwischen zu alt.

    Am besten würfe man das alte Zeug weg und ließe das neue einfach gleich in den Läden stehen, teuerste Frau (stimmt das überhaupt?) Dauni. Leider ist angesichts ein paar mickriger Dollar meist egal, wieviele Menschenköpfe dafür rollen müssen. Über das Mißverhältnis an Dollars im Vergleich zu Köpfen auf der Welt muß ich mich auch mal aufregen. Aber nicht hier und vor allem nicht mehr heute.

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