Zauberlehrling Eva C. Schweitzer

Nach einer ersten Bestandsaufnahme über den Fall in dem die in Berlin und USA lebende Journalistin Eva C. Schweitzer [1]Eva C. Schweitzer, „Bio“, blogs.taz.de Kontakt zu Phillip vom Blog nomnomnom.de aufnahm, beziehungsweise aufnehmen ließ und zwar in Form einer Abmahnung nebst Schadensersatzforderung in Höhe von 1200,–  Euro plus 955,– Euro Honorar für den beauftragten Anwalt. [2]tfp, „Klag Dich reich“, fellowpassenge.de, 30.10.2009 Frau Schweitzer lenkte eigentlich früh ein und beteuerte, es sei gar nicht in ihrer Absicht gelegen, unkommerzielle Privatblogger zu verfolgen.

Neben einigen kleineren Scharmützeln wie der Forderung Frau Schweitzers für jede E-Mail von Phillip oder seinen Freunden 10 Euro zu verlagen, die er an eine Gemeinnützige Organisation ihrer Wahl spenden solle, was weder ernstgemeint noch durchsetzbar sein dürfte, gab es noch die erstaunliche Vorstellung Frau Schweitzers, es sei wenn nicht eine gesetzliche Vorschrift, doch zumindest ein ehrenes Gesetz der Zunft, die Betroffenen zu kontaktieren, ehe man einen kritischen Artikel über sie verfasst [3]Udo Vetter, „Evas Gesetz“, lawblog.de.

Langsam verdichtet sich die Vermutung, daß Frau Schweitzer an einen Dienstleister geraten ist, der ein vermeintliches Rundumsorglospaket anbietet, unerlaubt verwertete Texte aufzuspüren und gleich auch noch die Abmahnungen samt Schadensersatzforderungen eintreibt. Dieser Anbieter heißt TextGuard [4]TextGuard, textguard.de und behält offenbar den Löwenanteil der auf dem Weg der Abmahnung beigetriebenen Schadensersatzforderungen ein. Das kann sehr glaubwürdig die ungewöhnlich hohen Lizenzkosten erklären, die zunächst durch den Anwalt damit zu rechtfertigen versucht wurden, daß Frau Schweitzer vergleichsweise hohe Honorare nimmt, um ihren Zweitwohnsitz in den USA zu finanzieren.

Zudem war bereits zu vermuten, daß der Vertrag mit dem Dienstleister für Frau Schweitzer nicht vorsah, im Einzelfall zu prüfen, gegen wen der Anwalt vorgehen wird. Da inzwischen bekannt ist wer dieser Dienstleister ist und zumindest in Teilen wie er vorgeht, hat sich diese Annahme bestätigt. Interessanterweise liegt das Zitat bei nomnomnom.de unter der Schwelle ab der man einen eigenen Text bei der VG Wort anmelden kann. Was das im konkreten Fall wirklich bedeutet konnten wir bislang noch nicht herausfinden. Es scheint so, als könne das Zitat gemäß dem Zitatrecht zu umfangreich und die Eigenleistung von Pillip zu gering gewesen sein, spiele aber keine Rolle, weil das lange Zitat aus dem kurzen Originaltext dennoch zu kurz ist, um durch die VG-Wort als unerlaubte Zweitverwertung erfassbar zu sein [5]Peter Mühlbauer, „Abmahnen von Zitaten“, heise.de/tp, 05.11.2009

Die doch recht weit verbreitete Auffassung Frau Schweitzer hätte das Recht auf ihrer Seite, scheint immer weiter an Substanz zu verlieren. Noch spielt Frau Schweitzer aus  der vermeintlichen Rechtsposition joviale Scherze aus, wird aber vermutlich früher oder später doch mal nachschlagen, was dieser Barbara Streisand Effekt ist und feststellen, daß die Aufmerksamkeitswelle nicht helfen wird, ihre Buchverkäufe zu steigern, oder gar ihre Reputation zu verbessern.

Es sieht beinahe so aus,  als wäre Frau Schweitzer in eine Maschinerie hineingeraten, deren Abläufe sie selbst nicht mehr steuern kann und die vor allem ihren eigenen Wirtschaftinteressen folgt, ohne dabei besonders auf die Reputation ihrer Kunden Rücksicht zu nehmen. Die Autorin wollte verständlicherweise Verlage und (nach ihren eigenen Angaben) auch Amerikareiseanbieter aufspüren und zur Kasse bitten, die ihre Texte ungefragt und unbezahlt verwenden, um deren Produkte zu bewerben.

Wir müssen unweigerlich an den Zauberlehrling [6]Johann Wolfgang von Goethe, „Der Zauberlehrling“, 1798 denken. Frau Schweitzer mag sich gerade fragen, wie sie die Geister die sie rief nun bändigen soll.

In die Ecke, Advokaten! Advokaten! Seyd gebraten! Denn als Geister ruft euch nur zu seinem Zwecke, erst hervor der alte Meister.“

Weitere Einblicke in das erstaunliche Geschäftsmodell von TextGuard bietet aktuell Rechtsanwalt Udo Vetter [7]Udo Vetter, „Eva Redselig“, lawblog.de, 06.11.2009.

[Update:] Gegenüber Johannes Boie, der für einen Artikel in der „Süddeutschen Zeitung“ recherchiert hat [8]Johannes Boie, „Eva Schweitzer zahlt überhaupt nichts“, Schaltzentrale, 6.11.2009, hat Frau Schweitzer angegeben, sie bekäme die Fundstellen durch TextGuard vorgelegt, ehe der Anwalt tätig wird.

References
1 Eva C. Schweitzer, „Bio“, blogs.taz.de
2 tfp, „Klag Dich reich“, fellowpassenge.de, 30.10.2009
3 Udo Vetter, „Evas Gesetz“, lawblog.de
4 TextGuard, textguard.de
5 Peter Mühlbauer, „Abmahnen von Zitaten“, heise.de/tp, 05.11.2009
6 Johann Wolfgang von Goethe, „Der Zauberlehrling“, 1798
7 Udo Vetter, „Eva Redselig“, lawblog.de, 06.11.2009
8 Johannes Boie, „Eva Schweitzer zahlt überhaupt nichts“, Schaltzentrale, 6.11.2009

Kommentare

7 Antworten zu „Zauberlehrling Eva C. Schweitzer“

  1. Avatar von Chat Atkins

    Die Lebenslüge der Journalisten, also nicht nur der Frau Schweitzer, besteht vor allem darin, dass sie alle glauben, einer vernetzten Welt könne man ‚per ordre de mufti‘ die Gesetze des Gatekeeper-Journalismus oktroyieren, um alte Privilegien zu bewahren. Das Netz wird aber nicht journalistisch werden, sondern allenfalls vormalige Journalisten ’net(t)‘. Oder sie sind nicht mehr dabei … das Netz aber wird sich weiter ‚vernetzen‘. Und die Masche der Frau Schweitzer lässt das Netz, wenn sie dies wirklich wünscht, einfach fallen. Sie fängt dann aber auch keine Fische. Oder nur ganz kleine …

  2. Avatar von
    Anonym

    Ist der obige Text, geschätzter Fellow, in voller Absicht teilweise gedoppelt? Vermuten Sie etwa durch diese Selbtszitierung eventuell eine materiellen Vorteil erlangen zu können, indem Sie sich abmahnen? Oder ist es nur ein harmloser Kopieren-und-Einfügen-Fehler?

    Verwschwörungen ahnend

    bw

  3. Avatar von Fellow Passenger

    Das betrifft durchaus nicht nur Journalisten, bester Herr Atkins. In allen möglichen Berufsgruppen sehnen sich einige ins Analogzeitalter zurück.

    Sapralott, werter Herr Anonymous, da habe ich mir gleich mal eine Unterlassungserklärung abgezwungen und die unzulässigen Zitate entfernt und mir ein großfürstliches Honorar angewiesen.

  4. Avatar von Chat Atkins

    Das stimmt – Werbung, Marketing, PR usw. sind mindestens ebenso betroffen.

  5. Avatar von Korrupt

    Der Einschaetzung mag ich beipflichten, allein, ich werd dann nicht schlau aus ihrem Handeln. Ein Zauberlehrling ist dann doch eher erleichtert, wehh jemand der Wassertraegerei ein Ende bereitet oder wenigstens Anstalten macht, bei der Beendigung zu assistieren. Die Reaktionen der werten Frau Schweitzer sprechen eine etwas andere Sprache.
    Es springt einiges an Erfahrung mit dem Abmahnwesen in der Blogosphaere rum, man kann fragen. Jemand wie Johnny ist meiner Ansicht nach ja ohnehin gelegentlich unertraeglich lieb, loesungs- und konsensorientiert, ich mag mir grade gar nicht ausmalen, wie eine Kommunikation abgelaufen sein muss, in der er ihr nicht vermitteln konnte, dass sie grade einen groesseren Bock schiesst und tatsaechlich die Besen mal in die Ecke kriegen sollte, wenn nicht alleine, dann mit externer Hilfe.
    Und mal ganz platt gesagt: als Journalist kann man sich eine derart flache Lernkurve eigentlich nicht erlauben, wenns um eine oeffentlich ausgetragene Netzgeschichte handelt, die bei allem verstaendnis fuers reingerutschtsein nichts ist, ueber deren typische Verlaeufe und Hintergruende man sich an einem halben Abend schlaulesen kann. Wie nebenan bemerkt: die „Expertise“ haette die taz ja sogar im haus gehabt.

  6. Avatar von Korrupt

    Im vorletzten Satz fehlt ein „nicht“ vor „an einem halben Abend schlaulesen“.

  7. Avatar von Fellow Passenger

    Es sieht so aus, als sei der Meister gar nicht in Sicht oder seine Hilfe nicht erwünscht.

    Stehe! stehe!
    denn wir haben
    deiner Gaben
    vollgemessen! –
    Ach, ich merk es! Wehe! wehe!
    Hab ich doch das Wort vergessen!

    Inzwischen ist klar, daß sie wusste, wen sie mit Phillip J. treffen würde. Es sieht sehr so aus als stütze sich TextGuard auf ein Geschäftsmodell, in dem Rechtsmißbrauch eine Rolle spielt. Ironischerweise ist dies allein dadurch aufgeflogen, daß Frau Schweitzer ohne jedes unrechtsbewußtsein fröhlich aus dem Nähkästchen geplaudert hat.

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