Herr Paulsen hat bei sich eine Leseempfehlung zum Thema Bild ausgesprochen. Im Großen und Ganzen gibt es über Bild nichts neues mehr zu erfahren. Andererseits ist die Gefahr groß, daß diese Jauchegrube durch Gewohnheit dem Bewußtsein entschwindet, wenn man sich nicht dann und wann darüber aufregt.
Manchmal möchte man denken, Bild sei ein unverstandenes Satireblatt, dessen Erfolg darin begründet liegt, daß seine Leser es mit einer Zeitung verwechseln. Tatsächlich ist dieses Gossenblatt ein perfekt gestimmtes Machtinstrument, das heute die Inquisition des Mittelalters ersetzt. Schon damals war das Spektakel einer öffentlichen Hexenverbrennung von unwiderstehlicher Anziehungskraft für die Zuschauer und zugleich den Oberen ein wirksames demagogisches Werkzeug. Heute geht der sensationslüsterne Voyeur nicht mehr zum Markplatz, sondern kauft sich eine Bild, um sich an Schadenfreude und Grusel zu laben.
Wenn es stimmt, daß die täglich gedruckten 3,7 Millionen Exemplare tatsächlich von 12 Millionen Menschen gelesen werden, was vermutlich glatt gelogen ist, erreicht Bild ein Viertel aller Wahlberechtigten. Da wird ersichtlich, was der Slogan, „Bild Dir Deine Meinung“, eigentlich bedeutet. Mitnichten ist hier der Bild-Leser aufgefordert sich ein klares Urteil zu verschaffen. Vielmehr richtet sich diese Aufforderung an jene, die eine zweckdienliche Meinung zu etablieren wünschen.
Auch die aktuelle Kampagne „Schluß mit Bild — Bund der Sozialschmarotzer“, et cetera, wird kaum die Leser im Visier haben — zu kompliziert ist der Gedankengang für Menschen, denen man sonst nicht einmal zutraut, Sätze zu begreifen, die mehr als ein Dutzend Wörter umfassen. Allein geballte Medienmacht wird hier feilgeboten. Sinngemäß lautet die Botschaft: Wer ein Feindbild braucht, um seine Interessen durchzusetzen, stellt sich besser gut mit Bild. So blöken denn auch Politiker ihre Wahlappelle mitten aus dem Sumpf siechender Schauspieler, Penisrissen, Photos von Kinderleichen und sonstigen Bild-Spezialitäten entgegen. Eine Praxis, die Gerhard Henschel im Online-Merkur ausführlich kritisiert.
Ein Ende dieser Schlammschleuderei fordert auch Michael Naumann in der Zeit. Anlaß war ihm eine Bild-Schlagzeile die unverhohlen hoffnungsfroh die Frage stellt, ob die im Irak entführte Susanne Osthoff enthauptet wird.
Ein Ende ist freilich nicht in Sicht. Denn Bild steht nicht für sich allein. Die Schmuddelpostille existiert, weil täglich ein Millionenpublikum begierig darauf wartet, diesen Dreck in sich aufzusaugen. Solange es Dummheit gibt, wird Bild sie begleiten.
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