Müssen Kinder in der Grundschule eigentlich heute auch noch das Fach Religion belegen? So daß sie die Klasse nicht bestehen, wenn Sie eine schlechte Note in Religion haben? Bei mir war das nämlich so. Es gab je nach Taufschein katholischen oder evangelischen Religionsunterricht. Moslems, Hindus, Atheisten, Juden, Heiden, Agnostiker, Buddhisten oder Mormonen sollten stattdessen Ethikstunden besuchen. Theoretisch zumindest. Praktisch gab es die nämlich gar nicht. Deshalb sollte man, beziehungsweise die Eltern, gefälligst zwischen katholischem und evangelischem Unterricht wählen.
Dank meines Vaters ist die Rechnung der frömmelnden Pädagogikbürsten aber nicht aufgegangen. Nix war’s mit der Missionierung des jungen Fellow Passenger. Denn Papa sagte, „Ich wünsche nicht, daß mein Sohn sich diesen gefährlichen Unsinn anhört.“
Die Direktion der Schule war nicht bereit, für diesen einzelnen Ketzer einen eigenen Lehrer abzustellen. (Was falsch ist. Ich bin nicht getauft, also kein Ketzer sondern ein Heide, der es eben einfach nicht besser weiß.) Deswegen wurde ich in den Religionsstunden vom Unterricht freigestellt und durfte mit meinem Vater heiße Schokolade trinken gehen und über den Kleinhesseloher See rudern. Schließlich war der Aufsichtspflicht genüge zu leisten.
Das blieb nicht ohne Folgen. Es gab ja noch andere Schüler, die keine Christen waren, deren Eltern sich aber zunächst den Regularien gebeugt hatten. Die wollten nämlich plötzlich auch lieber an unseren Ausflügen teilhaben, als dem Religionsunterricht beizuwohnen. So wurde unsere Ausflugsgruppe allmählich größer.
Kurz darauf verstreuten wir Schüler uns allerdings auf verschiedene andere Schulen, was seitens des Lehrkörpers sicherlich als vorteilig empfunden wurde. Die Lehranstalt in der Simmernstraße ging ja nur bis zur vierten Klasse.
Hoffentlich ist die Religionsfreiheit heute etwas realer.
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