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  • Vegetarian Eating Disorder Syndrome

    Einer Kuh mag ich den Genuß einer schönen Portion Gänsestopfleber freilich nicht nahelegen. Trotz ihrer vier Mägen bleibt ihr diese Speise unbekömmlich. Lieber mag sie Grashalme essen, andauen und später herauswürgen, um sie noch ein zweites mal zu kauen. Zellulose ist eben schwer zu knacken dafür die Kuh geduldig.

    Ganz anders der Wolf, dessen kurzer Verdauungstrakt mit rohem Gemüse nichts anzufangen weiß. So schätzt er eher ein Tartar. Trotzdem braucht er auch pflanzliche Vitamine. Gar nicht dumm, holt er sich diese in Form des vorverdauten Mageninhalts eines Tieres das im schmeckt.

    Ganz anders geht es dem Schwein, das ein Allesfresser ist. Es mag Gemüse ebenso wie ein Stück Fleisch. Es ist kein Raubtier und kein Weidevieh. So verspeist es eben das was gerade da ist.

    So essen alle Tiere das, was ihnen am Besten bekommt. Alle Tiere außer dem Menschen, zumindest jenen, die Vegetarier sind. Die haben zwar kein anderes Verdauungssystem als ihre Artgenossen, aber eine andere Wahrnehmung. Sie konzentrieren sich bei iherer Nahrungssuche zunächst freiwillig vor allem auf wehrlose Pflanzen. Zuerst werden sie von Eisenmangel geplagt, wodurch ihr Selbsterhaltungstrieb weiter schwindet. Bald schon ist ihr Jagdinstinkt soweit erlahmt, daß sie sich nicht einmal mehr in der Lage finden, ein nahegelegene Metzgerei zu betreten. Das nächste Stadium ist soziale Isolation. Sie empfinden sich von Ihren Artgenossen ausgegrenzt, was nicht wenige Vegetarier durch missionarischen Eifer zu kompensieren versuchen. Natürlich werden die Fronten dadurch nur verhärtet. Später entwickelt sich häufig ein Neidkomplex. Sieht der Vegetarier ein Rudelmitglied ein Fleischgericht essen, fühlt er sich übervorteilt. Er fragt sich, warum ein Verwandter vor seinen Augen rücksichtslos das zu sich nimmt, wonach er sich seit Jahren sehnt, das was ihm selbst aber vergönnt ist. Aufgrund der fortgeschrittenen Dissoziation nimmt der Betroffene gar nicht mehr wahr, daß dieses vermeintliche Verbot urspünglich selbstauferlegt war.

    Eine Resozialisierung ist außerordentlich schwierig. Wie bei allen schwerwiegenden Störungen ist die Bereitschaft des Betroffenen unbedingt Voraussetzung. Sonst ist jeder Versuch vergeblich. Wichtig ist, dem Vegetarier zu zeigen, daß man ihn trotz seiner Besonderheit mag. Auf keinen Fall darf man Druck ausüben oder versuchen seinen Schützling zu überlisten. Das zerstört das Vertrauen in die Bezugsperson und treibt den Betroffenen unter Umständen noch tiefer in seine Wahnvorstellungen. Das kann soweit gehen, daß er vegan und damit therapieresistent wird. Sachliche Argumentation hilft ebenfalls nicht weiter. Der Vegetarismus geht fast immer mit spezifischem Realitätsverlust einher. So entwickeln die Vegetarier oft ein fein gesponnenes Netz an Wahnvorstellungen, um die Ausweglosigkeit ihrer Situation zu rechtfertigen. Nicht wenige geben vor, der Verzehr von Fleisch würde nach langjähriger Abstinenz schwerste, ja sogar lebensbedrohliche Verdauungsstörungen hervorrufen. Auch treten häufig Ängste vor BSE und Schweinepest auf.

    Nur durch behutsame Reizkonfrontation und langfristiges Habituitionstraining kann einem therapiewilligen Vegetarier geholfen werden.

  • Wasser und Schmalz – Gott erhalt’s

    Jeder kennt ihn. Jeder ahnt, es kann nichts wirklich gutes daran sein. Trotzdem ist er beliebt wie eh und je. In der Semmel, an Kartoffelsalat, mit süßem Senf, mit scharfem, abgebräunt mit Spiegelei, warm oder kalt. Aber kaum einer weiß, was wirklich drin ist im Leberkäs.

    Käse ist darin wohl nicht enthalten. Leber vielleicht, meinen die einen. Vorwiegend aus Schlachtabfällen bestünde er, argwöhnen die anderen. Ob mancher Metzger dem Leberkäse das rechte Aroma durch Beigabe der Fußnägel seiner Schwiegermutter verleiht, oder auch nur unverkäufliche Wurstzipfel auf diese Weise verwertet, bleibt Spekulation. Die gängigen Rezepte sehen jedenfalls eher weniger gewagte Kompositionen vor.

    Spiegelei auf Leberkäse an Bratkartoffeln

    Gut durchwachsenes Schweinefleisch, wie etwa Halsgrat, und ebensoviel weißer Schweinespeck bilden die Grundlage der bayerischen Spezialität. Beide Zutaten werden in Würfel geschnitten und dann für etwa vier Stunden tiefgekühlt. Anschließend wird beides nacheinander durch den Fleischwolf gedreht. Dann wird püriert. Zunächst Fleisch, Pökelsalz und Eis, dann der Speck und noch mehr Eis. Offensichtlich kann diese bayerische Spezialität erst seit Erfindung der Tiefkühltruhe existieren, oder bestenfalls davor nur als reine Winterspeise geschätzt worden sein. Während des Püriervorganges wird die Masse mit Schweineleber ergänzt und mit weißem Pfeffer, Piment, Muskatnuß, Knoblauch, Majoran, Kümmel und Zitronenschale gewürzt. Der entstandene Brei wird schließlich in eine – ganz nach Metzgerart mit Schweineschmalz – gefettete Form gefüllt und je nach Größe 60 bis 120 Minuten bei 140 bis 150 Grad Celsius im Ofen gegart, wobei der Laib etwa um ein Drittel aufgeht.

    Weil der Schweinehals ja selbst schon etwa zu einem Viertel aus Fett besteht, ist dieses mit 40 bis 45 Prozent der Hauptbestandteil des Leberkäses. Das dürfte dann auch schon die einzige Ähnlichkeit mit Käse sein. Nachdem Leber nur mit maximal 10 Prozent vertreten ist, wäre selbst die Bezeichnung „Wasserkäse“ im Grunde zutreffender, wenn auch vermutlich nicht unbedingt verkaufsfördernd.

    Die deutsche Sprache ist eben in dieser Hinsicht nicht besonders exakt. Trüffelleberpastete wird ja schließlich auch nicht aus der Leber von Trüffeln hergestellt. Olivenöl ist nicht das Zeug mit dem man Oliven einreibt und Babyöl besteht keineswegs aus kaltgepreßten Säuglingen. In anderen Sprachen sieht es aber um den Leberkäs auch nicht wesentlich besser aus. So ist der englische Begriff „Meatloaf“ zwar etwas näher an der Wahrheit, aber doch angesichts des tatsächlichen Fleischgehaltes auch nicht viel mehr als ein Euphemismus. Noch dazu bezeichnet dieses Wort ebenfalls und sogar vorrangig Hackbraten.

    Die Metzgerzunft ist stets darum bemüht, allerlei, zum Teil eher absurde Abwandlungen dieses Produktes anzubieten, um den Verkauf zu fördern. So wird man an der Wursttheke, sogar mit „Pizza-Leberkäse“ konfrontiert, der sich dadurch auszeichnet, daß in den Teig auch Tomaten-, Paprika- und Käsestückchen eingearbeitet sind.

    Während die Einen diese Variationen als kulinarische Finessen begreifen, sehen andere den Leberkäse – ähnlich wie die Weißwurst — vor allem als idealen Senfträger. Allerdings ist der Spielraum beim Leberkäse in dieser Hinsicht größer. Während bei der Weißwurst zumindest in der bayerischen Region ein gewisser Konsens darüber besteht, daß diese ausschließlich mit süßem Senf verzehrt werden soll, wird beim Leberkäse zuweilen auch mittelscharfer Senf geduldet.

    Meine Wein-Empfehlung dazu: Augustiner Vollbier Hell. Schön jung und vor allem reichlich getrunken ergänzt sein feinwürziger Abgang das Pökelsalz-Aroma des rosa Laibes vortrefflich. Das leichte Perlen kontrastiert angenehm mit dem fettig-pelzigen Gefühl im Mund.

  • Die Gunst der Wähler schwindet

    Und nochmal Chaostage: Rot-Grün versackt in der Krisenflut – Politik – SPIEGEL ONLINE:

    Weiter in der Wählergunst abgerutscht

    Für die derzeit mehr als schlechten Meldungen bekommt die Bundesregierung in der jüngsten Umfrage die Quittung. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt und die Visa-Affäre kosten die Regierungskoalition von SPD und Grünen weitere Wählergunst. Mit zusammen 49 Prozent hätte eine Koalition von Union und FDP gegenwärtig einen Vorsprung von neun Punkten vor der rot-grünen Koalition mit zusammen 40 Prozent. Das ergab die heute veröffentlichte wöchentliche Forsa-Umfrage im Auftrag des ‚Stern‘ und des TV-Senders RTL.

    Das kann kaum überraschen. Fragt sich nur, wem die Wählerschaft bei der nächsten Wahl ihre Stimme geben mag. Die Opposition kritisiert die Regierung zwar nach Kräften, bietet ja aber selbst auch kein ernsthaftes Konzept. Sie vermag ja nicht einmal so recht einen Kanzlerkandidaten aufzustellen. Es ist wohl zu erwarten, daß die vielbeschworene Radikalisierung der Wähler schließlich jenseits auch der 5-Prozent-Hürde spürbar wird. Wie auch immer eine regierungsfähige Koalition sich dann zusammensetzen mag — es wird auf jeden Fall interessant.

  • Regierung und Opposition gleich weltfremd

    Es ist schon interessant. Jeder weiß, daß die offizielle Statistik seit Jahrzehnten im Wesentlichen dazu ausgelegt war, die Zahl derer, die keine Arbeit haben, massiv zu beschönigen. Nun, da die Regierung Schröder nach bald zwei Legislaturperioden einräumt, die Wähler ebenso belogen zu haben, wie ehedem die Regierung Kohl, geben sich sowohl Regierung als auch Opposition dennoch überrascht:

    Chaostage: Rot-Grün versackt in der Krisenflut – Politik – SPIEGEL ONLINE: „Die Bundesregierung steht vor allem seit den neuen Arbeitsmarktdaten, die 5,2 Millionen Menschen ohne Job ausweisen, auch aus den eigenen Reihen unter Druck, stärker gegen die Arbeitslosigkeit vorzugehen.“

    In dieser neuen Zahl ist aber immernoch jeder Arbeitslose herausgerechnet, der seinen Job verloren hat, aber noch immer mit jemandem aus „einem Topf lebt“ der erwerbstätig ist. Ebenso fehlen jene, die gerne arbeiten würden, aber in Ermangelung eines Job-Angebotes sich vom Arbeitsamt haben überreden lassen, in Frührente zu gehen. Vermutlich liegt die tatsächliche Zahl der fehlenden Arbeitsplätze jenseits der sechs Millionen.

    Wenn man sehr optimistisch ist, kann man es immerhin gut heißen, daß trotz der ach so dringenden Probleme wie Dosenpfand, Alkopops und Vergabepraktiken für Visa, die Politik schließlich doch noch erkennt, daß Arbeitslosigkeit ein dringendes Problem darstellt, das unbedingt gelöst werden muß.

    Müssen wir auf die Veröffentlichung noch realistischerer Zahlen warten, ehe unsere Parlamentarier erkennen, daß die „soziale Hängematte“ auch schon vor Hartz kaum freiwillig aufgesucht werden konnte?

    Werden unsere Abgeordneten erkennen, daß es in Deutschland nach wie vor attraktiv ist, zu arbeiten? Werden sie feststellen, daß es für Unternehmen kaum etwas schlimmeres gibt, Mitarbeiter zu beschäftigen?

    Werden unsere Helden der Politik bemerken, daß ein starker Kündigungsschutz der immer weiter wachsenden Zahl der Erwebslosen nichts nützt?

    Versäumen Sie nicht die nächste Folge, in der es heißt: „10 Millionen Arbeitslose – Schröder überrascht! Merkel fordert Fischers Rücktritt“

  • Krieg ist geil

    Früher nahm man grundsätzlich an, daß in einem Krieg massenhaft Menschen getötet, deportiert und gefoltert werden. Damals entschied nur der Gewinner, darüber was gut, recht und billig war, und was böse, dreckig feige und gemein.

    Heute ist das anders. Anstelle von Kriegen spricht man nur noch von einer Durchsetzung politischer Interessen mit militärischen Mitteln. Natürlich ist das nichts anderes, aber es gibt heute das Völkerrecht, das vorschreibt was gut, recht und billig war, und was böse, dreckig feige und gemein ist. Zwar halten sich Kriegsteilnehmer nicht daran, nicht einmal jene Nationen die es offiziell anerkennen, aber es hilft, Krieg endlich wieder als eine saubere Sache zu verkaufen.

  • Ein fast echtes Interview

    GrabIt Chairman mit langen Eckzähnen und komischer BrilleWarum wird eigentlich öffentlich geglaubt, man könne der Praxis der Unternehmen, sich ins Ausland zu verlegen Einhalt gebieten, indem man die Steuern senkt? Die großen Unternehmen zahlen doch in Deutschland gar keine Steuern.
    Der Vorstandsvorsitzende der GrabIt AG, Jürgen Klemmpp erklärt warum.

    TFP: Herr Klemmp, die letzte Bilanz der GrabIt AG weist ja wieder Rekordgewinne …
    Klemmpp: … in Milliardenhöhe aus, ja. Ich bin sehr stolz auf mei.. äh unseren Erfolg!
    TFP: Auch Ihr Jahressalär wird ja auf einen zweistelligen Millonenbetrag geschätzt.
    Klempp: Die Vorstandsgehälter orientieren sich natürlich immer am von den Aktionären gewünschten wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens und der Gewinnversprechen der Top-Manager beim Einstellungsgespräch. Man muß eben richtig verhandeln. Aber die Einkünfte sind in Wirklichkeit oft gar nicht so groß, weil man den Aufsichtsräten meistens was abgeben muß, damit die da überhaupt mitmachen.
    TFP: Oh! Äh, ah-ja. Also, wie kommt es, daß die GrabIt AG einerseits den Börsenkurs verdoppeln konnte, andererseits aber kaum Steuern zahlt?
    Klemmp: Das kann man so nicht sagen. Die GrabIt hat überhaupt keine Steuern bezahlt, sondern vielmehr ein paar Millionen Euro Körperschaftssteuer erstattet bekommen.
    TFP: Bedurfte es da nicht ein wenig „politischer Landschaftspflege“?
    Klemmpp: Nein, das war früher. Heute sind die Gesetze längst, wie wir sie brauchen. Das mit der Körperschaftssteuer war einfach nur, weil wir uns damals nicht für die hellsten Köpfe in der Politik entschieden haben. Die machen öfter mal Fehler. Das ist ja auch kein Wunder, so komliziert, wie die Regelungen heute sind. Da blickt, außer unseren eigenen Steuerexperten, doch kein Mensch mehr durch. Die Rückerstattung war, ganz unter uns gesagt, einfach nur Glück.
    TFP: Um nochmal auf das Steuervermeidende Geschäftsmodell zurückzukommen …
    Klemmp: Das ist eigentlich ganz einfach. Wir produzieren zum Beispiel in Irland. Das geht da viel billiger als in Deutschland. Auch wegen der niedrigen Lohnkosten. Aber das Beste ist eigentlich das deutsch-irische Doppelbesteuerungsabkommen. Die Gewinne einer irischen Tochtergesellschaft eines deutschen Unternehmens sind nähmlich von der deutschen Besteuerung befreit.
    TFP: Aber die Verkaufserlöse fallen doch in Deutschland an.
    Klemmpp: Denken Sie! Für das, was wir für 1 Euro Herstellungskosten in Irland produzieren und für 17,23 Euro in Deutschland den Konsumenten verkaufen, zahlt unsere deutsche Vertriebsstelle doch schon 16 Euro an unsere irische Produktionsstätte. Wo soll denn da nach Abzug der Kosten für Verkauf und Logistik noch ein Gewinn entstehen?
    TFP: Auch bei sehr kleinen Margen kann beachtlicher Gewinn erwirtschaftet werden. Zumindest wenn die Stückzahlen hoch sind.
    Klemmpp: Genau das haben wir dem deutschen Steuerprüfer auch erzählt. Aber sie haben recht. Selbst nach Abzug des Verlustvortrages vom Vorjahr ist noch etwas übrig geblieben. Das war eine sehr mißliche Lage für uns. Wir hätten pro Stück tatsächlich 4 Cent Gewinn versteuern müssen. Stellen Sie sich das einmal vor!
    TFP: Das klingt nach einer ausweglosen Situation.
    Klemmp: Die Lage war verzweifelt. 4 Cent auf 16 Euro! Das sind 0,025 Prozent!
    TFP: Na, 0,025 Prozent Steuer ist doch aber gar …
    Klemmpp: … zu viel! Ganz genau. Sowas gefährdet natürlich den Wirtschaftsstandort Deutschland. Zuerst wollte ich ja auf den Rücktritt von Herrn Weichel drängen, aber dafür war es ja schon zu spät.
    TFP: Was machen Sie da mit der Rasierklinge und dem Spiegel?
    Klemmpp: Ach, entschuldigung, wie unhöflich von mir! Wollen Sie auch eine Nase?
    TFP: Ähm, also was haben sie wegen der Steuer gemacht?
    Klemmpp: Golf!
    TFP: Golf? Sie haben also die Marke ihres Mitbewerbers …
    Klemmpp: Was hat denn diese Proletarierkutsche damit zu tun? Nein, Golf! Dafür werde ich ja schließlich bezahlt. Ich bin also mit dem Erhard zum Golfen gefahren.
    TFP: Sie meinen Erhard Köder, den Bundeska…
    Klemmpp: Sag ich doch. „Also, Erhard“, hab ich gesagt, „das mit der Steuer das könnte zwar ich mir leisten, aber die GrabIt nicht. Da muß ich deswegen jetzt 3000 Leute rauswerfen.“ Da war der natürlich erstmal baff. Er hat dann gesagt, ich solle die behalten, weil er nicht genug Hängematten hätte. Auch wegen dieser Statistik da. Er meinte, 3000 zählen jetzt wie 300 und nicht mehr nur für 150 wie vorher.
    TFP: Eine Anspielung auf die von ihm kritiserte „soziale Hängematte“?
    Klemmpp: Was weiß ich? So eine Hängematte besteht doch eh nur aus Löchern. Hat zumindest der Erhard gesagt. Egal! „Erhard“, sag ich, „entweder Du machst was gegen die Steuer, oder die fliegen raus. Ob auf ’nem Teppich oder ’ner Matte ist mir wurscht.“
    TFP: Das haben Sie gesagt?
    Klemmpp: Naja, so ähnlich. Jedenfalls ist der Erhard ein zäher Hund. Er hat nur die Hälfte nachgelassen und uns den Rest als Subventionen versprochen.
    TFP: Das klingt doch aber wie ein Erfolg auf ganzer Linie.
    Klemmpp: Klingt gut, ist es aber nicht. Null ist eben kein Gewinn. Sowas ist doch kein Geschäft!
    TFP: Aber es ging doch nur darum die Steurerlast zu …
    Klemmpp: Paperlapapp! Ich sehe keinen Grund, warum deutsche Unternehmen nicht auch an der Steuer profitieren sollten … Wollen Sie wirklich keine Nase?
    TFP: Äh, vielen Dank! Wenn aber die GrabIt AG in Deutschland gar keinen Gewinn macht, warum ist die Billanz dann so gut?
    Klemmpp: Weil die Bilanz doch von der GrabIt Holding AG ist …
    TFP: … die dann die Gewinne schließlich versteuert?
    Klemmp: Ja, natürlich. Sie zahlt selbstverständlich den vollen Steuersatz, der an ihrem Firmensitz gilt.
    TFP: Der aber nicht in Deutschland …
    Klemmpp: … sondern in Liechtenstein liegt. Was denken Sie denn?
    TFP: Ist denn diese Unternehmenspolitik mit der sozialen Verantwortung ihrer Position überhaupt vereinbar?
    Klemmp: Sozialistische Vergangenheit? Was unterstellen Sie mir da?
    TFP: Ich meinte doch ihre sozial … äh, Ich wollte fragen, ob sie vielleicht manchmal ein schlechtes Gewissen haben, weil sie denken, daß sie vielleicht nicht das richtige … also vielleicht manchmal sogar etwas unfaires …
    Klemmpp: … für solche Überlegungen werde ich nicht bezahlt. Außerdem machen das alle Global Player so.
    TFP: Das heißt die gesamte Steuerlast in Deutschland, trägt der Mittelstand und die Lohnempfänger?
    Klemmpp: Welcher Mittelstand? Wer tatsächlich bis heute so dumm war, sich nicht rechtzeitig aufkaufen zu lassen, ist doch längst pleite.
    TFP: Dann bleiben aber doch nur noch die Arbeitnehmer übrig, um den Staat zu finanzieren. Die Steuern, die Renten, das Gesundheitswesen, die Arbeitslosen. Alles im Grunde. Die werden dabei aber immer weniger und haben immer weniger Geld. Kann das denn gehen?
    Klemmpp: Langfristig natürlich nicht, aber noch haben die ja Geld und das holen wir uns erst mal. Außerdem ist der Markt ja schließlich nicht auf Deutschland begrenzt. Tatsächlich gibt es weltweit über sechs Milliarden interessierte Käufer …
    TFP: … die arm sind, also praktisch keine Kaufkraft besitzen.
    Klemmpp: Aber eben nur fast. Die Differenz zwischen fast nichts und nichts mal sechs Milliarden ist gewaltig. Dabei wächst der Markt sogar noch. Das werden wir uns natürlich unter den Nagel … Diesen Markt werden wir uns erschließen, meine ich. Da ist für ein paar Jahre schon noch was zu holen.
    TFP: Und danach?
    Klemmpp: Bin ich in Rente.
    TFP: Finden sie es nicht ungerecht, wenn jemand der im Jahr mehr verdient, als er in seinem ganzen Leben ausgeben kann, Geld von denen nimmt, die weniger bekommen als sie ausgeben müssen?
    Klemmpp: Aber nein. Wer als Wurm geboren ist, kann eben nicht mit den Adlern fliegen.
    TFP: Herr Klemmp, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

  • Völkerrecht je nach Bedarf

    Das Völkerrecht hat seit Juli 2002 seinen festen Platz in der deutschen Gesetzgebung. Wo dieser Platz liegt, machte die Bundesanwaltschaft, vertreten durch Generalbundesanwalt Kay Nehm, am 10. Februar 2005 deutlich.

    Der Berliner Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck hatte am 30. November 2004 im Namen des Center for Constitutional Rights (CCR) zusammen mit vier irakischen Staatsbürgern in Deutschland eine Strafanzeige wegen Verstößen gegen das Völkerrechts erstattet. Die Beschuldigten sind US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, Ex-CIA-Chef George Tenet, der amerikanische General Ricardo Sanchez, sowie sieben weitere Funktionäre von Militär und US-Regierung. Der Vorwurf sind Kriegsverbrechen und Folter im irakischen Gefängnis Abu Ghraib.

    Die Zuständigkeit der deutschen Justiz ergibt sich aus dem Völkerstrafgesetzbuch (VStGB). Der Völkerrechtler Alexander Lorz erläuterte in einem Interview des WDR: „Darin sind diejenigen Verbrechen aufgeführt, die auch nach dem Statut des Internationalen Strafgerichtshofs als Völkerverbrechen verfolgt werden sollen. Mit dem deutschen Völkerstrafgesetzbuch sind diese Verbrechen auch in Deutschland strafbar und können daher hier verfolgt werden. Es handelt sich also um ein deutsches Gesetz, das auf dem völkerrechtlichen Vertrag basiert.“

    Das VStGB ist dank des Paragraphen 153f der deutschen Strafprozessordnung (StPO) anzuwenden, oder auch nicht. Ganz nach Belieben. So beliebte denn Generalbundesanwalt Kay Nehm auch, ganz entsprechend der bundesdeutschen Annäherungsversuche an den großen Bruder USA, in diesem Fall von einer Anwendung dieses Gesetzes abzusehen. Sieht er doch, wie er eben muß, die USA willens und in der Lage, diese Verletzungen des Völkerrechts selbst zu verfolgen. Die zweifellos verdienten Urteile gegen die gehorsamen Folterer mußten ihm dafür genügen, den Willen der USA zu erkennen. Gerade rechtzeitig vor der Nato-Sicherheitskonferenz in München durfte er die Anklage zurückweisen, als Rumsfeld schon befürchten musste, schlimmstenfalls wegen Flucht- und Verdunkelungsgefahr in deutsche Untersuchungshaft genommen zu werden. Offenbar hat er die Anklage ernster genommen als Nehm.

    Das Völkerrecht ist eben nur ein Mittel, der Welt nach einem Krieg zu zeigen, wer gewonnen und wer verloren hat. Da hilft auch Harry Belafonte nicht.

    Unterhaltsam ist in diesem Zusammenhang auch der Kommentar vom deutschen Verteidigungsminister Peter Struck, der offensichtlich nicht ahnt, in welchem gesetzlichen Rahmen er die Bundeswehr befehligen darf. So glaubt er, internationales Recht sage, dass nationale Zuständigkeit nur dann gegeben sein solle, wenn deutsche Staatsbürger betroffen wären oder es um Straftaten in Deutschland gehe. Aber Versäumnisse des Verteidigungsministeriums haben Tradition. So war es das entgülitige Satieremagazin Titanic, das schließlich die deutsche Kriegserklärung für den Einsatz der Bundeswehr im Kosovo nachreichte.

  • Fischer im Halteverbot

    „Joschka Fischer Superstar Unerfreuliche Begegnung mit der Wirklichkeit“ titelt diese Woche der Spiegel. Das Gesicht ratlos in die Hand gestützt ist links unten der deutsche Außenminister abgelichtet — umgeben von Leere.

    Dabei ist die Situation von Fischer, links unten in die Ecke gedrängt, keineswegs so objektiv dargestellt, wie man es vom SPIEGEL erwarten wollte. Vielmehr schlägt das größte deutsche Nachrichtenmagazin nur in die Kerbe, die es selbst geschaffen hat: Die Affaire Fischer.

    Zuvor hatte der SPIEGEL eifrig einen „Visa-Skandal“ kolportiert. Dabei ist ein Skandal — zumindest laut Fremdwörterbuch — ein aufsehenerregendes schockierendes Ereignis. Es fragt sich nur, was — außer der Berichterstattung durch den SPIEGEL– so aufsehenerregend und schockierend gewesen sein soll .

    Das Außenministerium hat unter Fischers Führung seinen Spielraum dahingehend genutzt, die Einreise ukrainischer Bürger möglichst unbürokratisch zu gestalten. Mit Erfolg. Die Zahl der Einreisenden Ukrainer ist stark gestiegen. Von dieser Entwicklung haben auch Kleinkiminelle wie Anatoli Barg, oder auch der findige Schreibtischtäter Martin Kübler profitert. Das durften sie nicht. Deshalb hat die Staatsanwaltschaft sich ihrer bereits angenommen.

    Von der Kriminalität, der durch das Außenministerium angeblich Tür und Tor geöffnet wurde bleibt indess nicht viel übrig. So kommentiert beispielsweise Christian Pfeiffer, der ehemalige Justitzminister von Niedersachsen im SPIEGEL, daß nach dem Visaerlass kein Anstieg der Kriminalität zu verzeichnen ist.

    Selbst die Opposition hat die Gangart des Auswärtigen Amtes unterstützt, wie Hessens Ministerpräsident Roland Koch gegenüber dem SPIEGEL zugeben musste. Dabei kritisiert er nur Chinesische Urlauber, Wissenschaftler und Kaufleute, die auf Zeit nach Deutschland kämen, mit ukrainischen Schwerkriminellen zu vergleichen. Rechtschaffene ukrainische Urlauber, Wissenschaftler und Kaufleute mag er sich offenbar nicht vorstellen.

    Wenn man aber mal die eugenetische Vorstellung, daß der Ukrainer im Gegensatz zum Chinesen kriminell ist, beiseite lässt, ist die Praxis des Auswärtigen Amts in jeder Hinsicht sinnvoll und im Einklang mit der Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland. Daran hat das Innenministerium in Person von Otto Schilly nicht zu rütteln.

    Es ist also außer Spesen nichts gewesen. Das einige, was bedenklich stimmt, ist der Umstand, das die Presse gemeinhin nur mehr abschreibt, was „die Großen“ veröffentlichen, die wiederum längst nicht mehr unabhängig, geschweige denn unfehlbar sind.

  • Deutsch Bank wirft Angestellte raus

    Ein Vorstandsvorsitzender wird — oft fürstlich — dafür bezahlt, dafür Sorge zu tragen, es so profitabel wie möglich zu organisieren. Der Aufgabe mit minimalen Ausgaben maximale Einnahmen zu erwirtschaften scheint Herr Ackermann ja durchaus gerecht zu werden.

    Die soziale Marktwirtschaft ist eine Ideologie, die sich über Jahrzehnte auch praktisch bewährt hat. Diese Idee sieht vor, daß die Legislative der Wirtschaft einen Rahmen vorgibt, der soziale Gerechtigkeit gewährleistet. Innerhalb dieses Rahmens sollen Unternehmen möglichst frei agieren dürfen. Das erscheint sinnvoll, da Marktentwicklungen sich schnell ergeben, und Unternehmen kurzfristig darauf reagieren müssen, um im Geschäft zu bleiben.

    Die Instrumente der Politik arbeiten dagegen ausschließlich langfristig und müssen deshalb mit größter Sorgfalt eingesetzt werden. Es gilt diesen Rahmen in einer Weise abzustecken, das der Wirtschaftliche Erfolg der Unternehmen sich bestmöglich auf die Volkswirtschaft auswirkt.

    Daß die Deutsche Bank aus wirtschaftlichen Erwägungen Angestellte entlässt, kann man deren Vorstand kaum vorwerfen. Daß dies wirtschaftlich sinnvoll und vor allem kein Einzelfall ist, kann man dagegen sehr wohl als Versagen der Politik auffassen.

  • Kühn, Pro-Idee-Versandhaus,

    finde ich Deine Behauptung, „die meisten handeslüblichen Luftreiniger brauchen 250 Watt pro Stunde„, die Du in Deiner Werbebeilage im SPIEGEL aufstellst. Wenn ich nun dagegen halte, daß Dein Luftreiniger „Ionfresher“ mit einer Leistung von 5 Watt pro Sekunde, also in einer Stunde 300 Watt braucht, siehst Du aber ganz schön alt aus. Aber die Physikstunden der 5. Klasse sind ja schließlich auch schon Lichtjahre her, gell?

    Gespannt auf weitere „Neue Ideen aus aller Welt“ bleibt

    The Fellow Passenger