Autor: Fellow Passenger

  • Des Kaisers 418 neue Kleider

    Kirchhofs Visionen

    In Ermangelung eines schlüssigen Konzeptes zur Steuerpolitik, hat die CDU wenige Wochen vor der Wahl einen Überraschungsminister der Finanzen aus dem Ärmel gezaubert, ein Herrn Professor Paul Kirchhof, der eigentlich Verfassungsrichter ist. Ware Wundertaten werden ihm nachgesagt. Ganz einfach und gerecht soll sein Modell alles machen, sagt die CDU. Ungerecht und nur zu Lasten der „Kleinen Leute“ wäre es in Wahrheit, sagen SPD und PDS.

    Von 418 Steuervergünstigungen, die gestrichen werden sollen wird gemunkelt. Offiziell wird die CDU nicht müde zu bekräftigen, daß sie zu zwei Dritteln hinter dem Modell ihres Wunderknaben stehe. Wundersam ist vor allem, daß man nicht nur nicht erfahren kann, welche Drittel nun von der CDU unterstützt und welche abgelehnt werden, sondern was überhaupt der Inhalt von Kirchhofs Visionen ist. Sogar er selbst darf dazu offenbar nichts publik machen. Indessen ist zu hören, daß er den amtierenden Finanzminister der Verschwörung bezichtigt. Man mag sich fragen, ob die visionäre Geheimwaffe der CDU womöglich eine Halluzination ist. Immerhin gibt Frau Merkel unter zunehmendem öffentlichen Druck an, selbst nicht zu wissen, was der Professor aus Heidelberg da ausgeheckt hat. Zumindest was die geheimnisvolle 418 Punkte umfassenden Streichliste betrifft, sagte sie gegenüber Spiegel-Online:

    Ich kenne sie nicht. Ehrlich gesagt interessiert sie mich insofern auch nicht, als ich mich mit den Ausnahmen befasse, die wir abschaffen. [sic]

    Dieser Satz ist so mysteriös wie der Verbleib der Liste. Von Kirchhof ist sie nicht zu bekommen. Sie befände sich bei der CDU, lassen seine Mitarbeiter wissen. Die Union behauptet indessen, die Liste läge ihnen nicht vor. Vermutlich bekommt man bei weiteren Nachfragen zu hören, daß leider das Kleingeld für den Fotokopierer nicht gereicht hat.

  • Betroffenheits-Slapstick

    Das Berliner Denkmal für die ermordeten Juden Europas von der Rückseite aus gesehen

    Das Denkmal für die ermordeten Juden in Europa sorgte schon lange vor seiner Entstehung immer wieder für Kontroversen, die mit derart großer und vor allem krampfhaften Ernsthaftigkeit geführt wurden, so daß daraus nicht nur eine Gedenkstätte entstand, sondern auch ein steter Quell bizarrer Komik.

    Beachtlich ist schon der Zeitraum, den es zu seiner Entstehung brauchte. Gefordert wurde das „deutsche Bekenntnis zur Tat“ schon 1988, von einer Berliner Bürgerinitiative. So ein Vorhaben wollte gründlich überlegt sein. Wie die Regierungen, kamen und gingen auch die Entwürfe. Unter ihnen der erste Vorschlag von Architekt Peter Eisenmann. Beschlossen wurde nichts, nur immer wieder ein bißchen geredet. Mal legte Ingnaz Bubis wert auf die Feststellung, daß die Juden dieses Denkmal für Ihre Trauer nicht benötigen. Mal suchte Helmut Kohl, damals Bundeskanzler, einen Bauplatz aus.

    Eine riesige Grabplatte sollte es zwischenzeitlich werden, mit Millionen Namen von Opfern als Inschrift. Das war dann aber so, als bauten die Erben der Täter den Opfern einen Friedhof. Das war unpassend genug, um sich nicht durchzusetzen.

    Im Juni 1999 trat das Projekt in die heiße Phase ein. Der Bundestag entschied sich für „Eisenmann II“ zuzüglich „Ort der Information“, ein Feld aus dem 2711 Betonblöcke aufragen samt einem Keller, mit Informationen zum Thema Holocaust. Daß der Keller an einen Bunker erinnert ist, einer dieser unfreiwilligen Scherze. Immerhin stand an dieser Stelle einst der Bunker Goebbels.

    Bei einem solch bedeutungsschweren Bauvorhaben darf natürlich schon aus Pietät nirgendwo gespart werden. Daraus erwuchs weiteres Ungemach dergestalt, daß statt der geplanten 7,5 Millionen Euro, der Bau dann doch 27,5 Millionen kostete. Selbstverständlich muß Deutschland das bezahlen und zwar ohne Zähneknirschen.

    Für Politisch korrekten Rostschutz waren weder Geld noch Nerven übrig.
    Für Politisch korrekten Rostschutz waren weder Geld noch Nerven übrig.

    Immerhin wird von einem solchen Bauwerk auch erwartet, daß es Atombomben, Erdbeben und Grafitti-Künstler übersteht und das alles möglichst Spurlos. Deswegen mußten die zwischen 20 Zentimeter und 4,50 Meter hohen Betonquader imprägniert werden, woraus sich die nächste Panne ergab: Das adäquate Mittel „Protectosil“ stammt von Degussa. Dieses Unternehmen hat nun aber noch eine ganz andere Verbindung zum Thema des Mahnmals, nämlich als Hersteller von jenem Gift mit dem unzählige Juden in Hitlers Konzentrationslagern ermordet wurden. Sofort erfolgte ein Baustop. Es wurde hysterisch „Zyklon-B“ gerufen und eifrig darüber gestritten, ob Degussa als Lieferant tragbar ist. Die Tragfähigkeit der Mahnmal-Initiative ist offenbar variabel. Wenn Degussa kostenlos liefern würde, schwänden die moralischen Bedenken, ließ man wissen. Genaugenommen war Degussa nur am herstellenden Unternehmen, der Degesch beteiligt und zwar zu 42,5 Prozent. Bekanntlich stammt auch die Idee, Menschen mit Rattengift zu töten nicht von Degussa. Allein Peter Eisenmann zeigte sich über die hysterische Betroffenheit erhaben und drängte darauf, endlich die politisch umstrittene Imprägnierung einzukaufen. Das war wohl das Beste, denn der im Fundament bereits längst verbaute Betonverflüssiger war ja auch von einer Degussa-Tochter.

    Kaum zu glauben aber war, im Mai 2005 wurde das Denkmal tatsächlich fertiggestellt und eingeweiht.

    Zwischenzeitlich versuchte Lea Rosh, die Initiatorin des Mahnmal-Projektes noch eben den Backenzahn eines in Belzec ermordeten Juden in einer der Stelen einschließen zu lassen. Das wiederum kritisierte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, als geschmacklos. Eigenmächtig Teile von Leichen außerhalb von jüdischen Friedhöfen zu plazieren, grenze an Blasphemie. Der Zahn ging zurück nach Polen.

    Wer laut pupst fliegt raus
    In Zweierreihen anstellen und an den Händen fassen und wehe einer kichert

    Doch schon erhitzen sich erneut die Gemüter. Es blieben keineswegs alle Besucher betroffen vor dem Stelenwald stehen und gedachten hängenden Kopfes der Opfer. Kinder beispielsweise entdeckten schnell, daß sich die 95 Zentimeter breiten Gänge hervorragend eignen um Fangen zu spielen. Liebespaare küßten sich unbeobachtet. Auf den niedrigeren Blöcken ruhten sich Besucher aus und sonnten sich. Andere hüpften von Block zu block und wieder andere fanden das alles ganz schrecklich unangemessen. Also reagierten die Deutschen typisch deutsch und erfanden eine Verordnung, wie man sich beim Besuch des Mahnmals zu verhalten hat und wie nicht. Das wurde dann an allen vier Seiten des Geländes in den Boden weiß auf schwarz niedergeschrieben. Damit sich jeder daran hält wurde ein privater Sicherheitsdienst engagiert, das Verhalten der Besucher zu kontrollieren.

    Aber es nahm kein Ende. Findige Geschäftsleute taten was naheliegend erschien und eröffneten gegenüber eine Imbißbude. Sofort machte sich neues Entsetzen breit und es kam die Frage auf, darf man beim Gedenken auch essen? Bald wird vermutlich eine Reform der Mahnmalsordnung nötig werden, die das Kauen von Kaugummi und das Schwätzen mit dem Nachbarn untersagt. Wer mit dem Lineal Papierkügelchen verschießt muß Nachsitzen.

    Bemerkenswert ist, daß sich aller Berufsbetroffenen ausgerechnet darüber ereifern, wofür Eisenmann sich begeistert. Er habe befürchtet, sagte er dem Tagesspiegel, daß die Besucher nicht wagen, in das Feld hineinzulaufen und am Rand vorbeigehen. Das bunte Treiben stört ihn keineswegs: „Die Leute sitzen, stehen, springen auf allen Mahnmalen dieser Welt. Das ist doch ein Zeichen dafür, daß sie gerne dort sind. Das ist gut.“

    Weil das Mahnmal ausschließlich den ermordeten Juden Europas gewidmet ist, dürfen wir sicher bald mit vielen weiteren Projekten dieser Art rechnen, denn die Nazis haben ja auch eine Menge anderer ermordet. Vielleicht könnte ja der Berliner Bürgermeister eine Initiative ins Leben rufen, die sich für ein Gedenken an die von den Nazis ermordeten Homosexuellen einsetzt.

  • Peppypapier

    Die öffentliche Aufregung um Peppy den Papyrus ist groß. Die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, Zeichen zu setzen, Initiative zu ergreifen ist dagegen gering. Wie in der Politik. Da wird auch nur geredet statt zu handeln. Die Kunde „Das Volk hat kein Brot“, beantwortete Marie Antoinette flugs mit dem Vorschlag, „dann soll es eben Kuchen essen“. Sie wurde tags darauf enthauptet. Das ist heute nicht mehr üblich. Sonst würden Politiker es kaum wagen, von „den Lauten da draussen“ zu sprechen. Wen man da regiert ist schon lange unerheblich.

    Der Fellow Passenger ist undemokratisch, bestechlich, marode und dennoch nicht nur auf den eigenen Vorteil bedacht, mithin diktatorisch genug, zu tun was funktioniert. Deswegen gibt es bald hochwertiges, handgeschöpftes Peppypapier. Besser noch, es gibt die legendären Papst-Artikel fertig auf Peppypapier gedruckt.

    Die Gönner, die genug Mitgefühl gezeigt haben, für Peppys Überleben zu spenden werden natürlich bevorzugt. Jeder Spender erhält gratis einen handsignierten Bogen des exklusiven Peppypapiers.

    Dabei wird keine Pflanze zu Schaden kommen. Nur jene Halme von Peppy, die sowieso vertrocknen werden zu Papier verarbeitet. Gerade deshalb wird Peppypapier eine edle wie seltene Besonderheit bleiben, die nur jenen zugänglich ist, die es wirklich zu schätzen wissen.

  • Verschiedenes I

    Der Duschvorhang macht langsam Sorgen. Bereits vier der zwölf Löcher an denen er aufgehängt ist sind nun ausgerissen. Jeweils in meiner Abwesenheit. Vielleicht hat ein Mitbewohner die berühmte Szene aus Psycho nachgespielt. Allerdings schwanden die Aufhängungen jeweils im Abstand einiger Tage, was gegen den Tod unter der Dusche spricht. Als ich herausfand, was Duschvohänge üblicherweise kosten, habe ich den vorhandenen mit Gaffa-Tape und einem Locher repariert.

    Versucht mit Ghost ein Abbild der Festplatte einer Windows-Maschine auf eine USB-Festplatte zu sichern. Beschlossen die Lösung als Ghostwriter an einen Informatik-Doktoranten zu verkaufen, falls ich sie finde.

    Peppy gegossen. Kann den jammervollen Anblick nicht länger ertragen.

  • Bahnexperten

    Meine erste Reise die ich allein unternahm, war ein Besuch bei meiner Großmutter. Das Verkehrsmittel der Wahl war ein Flugzeug, der Fluglinie PanAm. Das Flugzeug nicht so sehr weil es so arg weit war, sondern weil es für mich gar nicht anders möglich gewesen wäre, nach Berlin zu reisen. Die Bahn fuhr nicht durch die DDR und Auto ohne Führerschein über die Transitstrecke wäre wohl auch nichts geworden. Selbst wenn, mochte man seinem achtjährigen Kind eine Begegnung mit den VoPos an der Zonengrenze ja doch dringend ersparen.

    Die Reise gestaltete sich einfach und bequem. Papa gibt mich am Flughafen beim CheckIn der Lufthansa ab, eine nette Frau versorgt mich mit kleinen Aufmerksamkeiten (PanAm-Anstecknadel, Stifte, Malbuch) , hängt mir sicherheitshalber ein Schild mit meinem Namen um, falls ich den vergesse oder so. Im Flugzeug durfte ich dann das Cockpit ansehen. Der Pilot hat mir alles erklärt, was mir zu wissen nötig schien, um das nächste mal selbst zu fliegen. Ein wenig enttäuscht war ich, das gebe ich zu, daß die PanAm-Nadeln der Cockpit-Crew aus Metall waren und meine nur aus Plastik. Ich bin mir heute nicht mehr sicher, ob ich mich damals angemessen beschwert hatte. In Berlin brachte mich die nette Frau aus dem Flugzeug zu meiner Großmutter. Das war gar nicht schwer.

    Bahnfahren dagegen sehr. Das fand ich schon damals nicht so leicht und ist seitdem immer komplizierter geworden. Heute habe ich wieder meine Großmutter besucht. Diesmal nicht in Berlin, sondern Erlangen und eben mit der Bahn. Die erste Hürde war der Kauf einer Fahrkarte. Da meine Schwester ebenfalls nach Erlangen reiste, allerdings nicht von München sondern von Augsburg aus, gedachte ich einen Fahrschein München-Augsburg zu erwerben, plus einen ICE-Zuschlag für München-Erlangen, denn für die gesamte Reise war nur ein einziger Zug erforderlich, der ICE 1718 „Bamberg“. Weil meine Schwester eine RailKarte BahnCard hat, konnte sie mich verbilligt mitnehmen, wie sie mir sagte. Aber sie würde erst in Augsburg zusteigen.

    Ich plante also für den Kauf der Fahrkarte genügend Zeit ein, um dem Bahnmitarbeiter mein Anliegen in aller Deutlichkeit auszuführen. Schon nach einer knappen Viertelstunde Schlangestehen, durfte ich sogar beim Schichtleiter, Herrn Kapfhammer vorsprechen. Statt einem Wort des Grußes, richtete er nur einen wissenden Blick auf mich und wartete. Ich erklärte mit dem Zug um 10:47 nach Erlangen fahren zu wollen, würde aber nur eine Fahrkarte bis Augsburg benötigen, weil mir dort ein Fahrschein für die restliche Strecke übergeben bekäme. Ich bemerkte eine leichte Veränderung im Gesicht von Herrn Kapfhammer, den ich nicht recht zu deuten wußte. Weil es sich ja aber um einen ICE handle, wolle ich zusätzlich einen ICE-Zugschlag entrichten, der dann aber bis Erlangen reichen müsse. Inzwischen war jedes Verständnis aus dem Blick von Herrn Kapfhammer gewichen. Doch plötzlich begann er mit zu sprechen: „Dazu muß ich wissen, was das ab Augsburg für eine Fahrkarte ist.“ Aus. Vorbei. So schnell kann es gehen, daß ich gar nicht damit gerechnet hatte. Ich kann keine Fahrkarte kaufen. Am Automaten geht nicht, weil der nur Karten mit und ohne Zuschlag kann und am Schalterschichtleitermenschen geht nicht, weil der auch nicht kann, weil ich ihm sagen muß, was ich nicht wissen kann.

    Als ich mich gefasst hatte, hatte mich der Strom der Menschen bereits weit vom Schalter fortgespült und ein Fahrkartenautomat rückte in mein Blickfeld. Blitzschnell versuchte ich das Problem in einzelne Schritte zu zerlegen. München-Augsburg einfach, erst mal kaufen, dann weitersehen. Ich erinnerte mich, daß meine letzte Zugfahrt nach Augsburg 8,60 DM gekostet hatte, ich fand heraus, daß man in den Automaten „1 2 0 0“, eintippen musste, wenn man Nach Augsburg wollte und dann entscheiden, ob der Zug über Buchlohe fahren soll („2“) oder nicht (
    „1“). Auf dem Display stand 24,80 Euro. Ich hatte mit einem Preisanstieg gerechnet. Aber das erschien mir zu unrealistisch. Ich drückte „C“ und begann erneut: „1 2 0 0 1“: 9,70 EUR. Auch doppelt so viel wie bei der letzten Fahrt, aber immerhin denkbar, also griff ich zu, beziehungsweise bot der Maschine einen nagelneuen blauen Zwanzigeuroschein an. Sie zog ihn ohne zu kauen vollständig in ihren Schlund und würgte ihn sogleich wieder hervor. Ich entedeckte die durchgestrichene Abbildung einer Art blauen Geldscheins auf dem Display und folgerte, der Automat kann nicht rausgeben. Er kann nicht, ich habs nicht. Nicht kleiner zumindest. Das kommt mir bekannt vor.

    Ich stärkte mich mit einem Kakao, was mir zu einem Zehneuroschein verhalf. Lässig schlenderte ich erneut zu der Menschenschlange vor einem dieser Geräte. Wissend und souverän, ich fühlte mich fast ein wenig wie Herr Kapfhammer, blickte ich auf jene Dame vor mir, die zunächst gezielt mehrere, dann ratlos einige und schließlich verzweifelt viele Knöpfe drückte und sichtlich indigniert begann, zur Verarbeitung dieser Erfahrung einen anderen Ort zu suchen. Routiniert tippte ich „C 1 2 0 0 1“, es leuchtete mir der Betrag 9,70 entgegen und mit triumphalem Lächeln schob ich den bereitgehaltenen Gelcschein in den Apparat. Nach einer dramatischen Pause drang das sonst quälende Kreischen eines Nadeldruckers diesmal lieblich wie Schalmeienklänge an mein Ohr. Mit großer Geste klimpterte der Blechschrank mir 6 angelaufene 5-Cent-Münzen in seinen Ausgabefach.

    Von diesem Sieg angefacht, entschied ich den Zuschlag im Zug zu erwerben. Was sollte der Schaffner schon machen, ich war zahlungswillig, hatte geduscht und sogar bereits einen Fahrschein dabei. Soll der sich doch damit herumschlagen. Herr Kapfhammer hat es ja mit mir schließlich genauso gemacht. Dann kostet der Zuschlag eben 8 statt 6 Euro. Mir doch wurscht.

    Der Schaffner hatte zwar ein wenig mit dem grauen Gerät mit den Vielen Tasten zu kämpfen, der Wunsch nach einem Zuschlag bis Erlangen erschien ihm trotz meiner München-Augsburgkarte nicht abseitig. Verständig nahm er zur Kenntnis, daß ich ab Augsburg mit der Karte weiterfahren würde, die meine Schwester dort mitbringt. Dafür wirkte er ehrlich erschrocken als mir den Preis mitzuteilen hatte: 12,30 Euro. Ich erschrak nicht. Ich war froh, denn ich mußte nur bezahlen und Augsburg, die erste Etappe war geschafft.

    Ab Augsburg war der Schaffner dann schon etwas erschöpft. Er nahm die beiden Fahrscheine Augsburg-Erlangen, die meine Schwester besorgt hatte lange in Augenschein und zwickte seinen Stempel drauf. Er betrachtete den Beleg für den ICE-Zuschlag, den ich ihm von kaum zehn Minuten bezahlt hatte, überlegte und sagte dann, „Aber Ihre Fahrkarte gilt nur bis Augsburg.“ Ich lächelte mild und erklärte abermals, daß ich ab sofort mit meiner Schwester Zweitfahrkarte führe, die er soeben angesehen und für gut befunden hatte. Das fand er dann in Ordung, entschuldigte sich und verließ uns. Seiner möglicherweise noch andauernden Verwirrung mag es geschuldet gewesen sein, daß ihm dabei unbemerkt blieb, daß meine Schwester keinen ICE-Zuschlag bezahlt hatte. Das ist aber dem anderen in Nürnberg eingewechselte frische Schaffner auch nicht aufgefallen. Es ist ja auch nicht immer alles ganz so einfach, bei der Bahn.

  • Die Masse macht’s

    Ab einer gewissen Unternehmensgröße gibt es Zuständigkeiten. Der Kunde mag ja glauben, nur weil er den Umsatz erbringt, richte sich der betriebliche Ablauf nach ihm. Dabei ist alles von Wirtschaftswissenschaftlern bereits im Voraus geplant, die viel besser, früher und genauer wissen, was der Kunde will, der selbst ja nur ein Laie ist, dessen Kernkompetenz im Bezahlen liegt. Wenn überhaupt. Besser ist eine Einzugsermächtigung. Hauptsache: Kundenkontakt vermeiden. Der hält nur auf und kostet Geld.

    Ab einer gewissen Größe hat ein Unternehmen es auch nicht mehr nötig, Rücksicht auf einzelne Kunden zu nehmen, weil es sich auf Statistik verlassen kann. Wenn ein unverbesserlicher Querulant wegen einer zerbrochenen Kontaktlinse zur Konkurenz geht, kommt dafür ein anderer, der sich über den Mitbewerber ärgert. Ein paar Prozent Fluktuation gibt es schließlich immer und nach dem zweiten Wechsel geben die meisten ohnehin auf. Traurig aber wahr.

  • Grippe gegen Schulden

    Die Menschen sind am Ende. Vertrauensträger sind korrupt und geben Ihre Ideale für Puffbesuche auf, die sich selbst nicht leisten können oder wollen (VW). Die Reichen sind dekadent und halten soziale Verantwortung für eine Schwäche, die der globale Markt nicht toleriert (Deutsche Bank). Selbst die Unterhaltungsbranche ist von Sekten unterwandert (Scientology in Hollywood). Die Presse schreibt aus Weblogs ab, weil sie Ihre Quellen nicht mehr geheimhalten darf. Die Armen werden mehr, verhungern aber dafür auch in größerer Zahl.

    Jetzt aber rächen die Vögel die Verfehlungen der Menschen. Sie haben dafür die Vogelgrippe erfunden. Ein Virus, daß sie bereits mit verheerenden Folgen an sich selbst erprobt haben, funkioniert nun auch für Menschen. Am besten klappt es, wie mit den meisten Krankheiten, bei geschwächten Menschen. Auf Säuglinge und Greise hat sie es hauptsächlich abgesehen. So gemein es auf den ersten Blick aussieht, ist es doch gerade in Deutschland ideal. Säuglinge gibt es hier kaum, da kann das Virus also nicht viel anrichten. Alte haben wir reichlich, die wollen aber nur das ganze Geld verpulvern, daß sie einst in die Rentenversicherung einbezahlt haben. Das ist bekanntlich schon längst weg.

    Die Vogelgrippe wird neben den globalen Auswirkungen auf jeden Fall auch den Bundeshaushalt sanieren. Vielleicht kann man sogar eine Vogelsteuer erheben. Ob sie für Vogelhaltung oder Vögeln fällig werden soll, muß noch verhandelt werden. Bislang ist beides steuerfrei. Sicher ist aber schon jetzt, daß die Viren ihre Bewirtungsspesen nicht von der Steuer absetzen dürfen, weil viele Wirte gar nicht in der Lage sind, Belege auszustellen, auf denen die Mehrwertsteuer getrennt ausgewiesen ist.

    Die Vogelgrippe beseitigt Armut, Krankheit und Alter. Anders als andere Krankheiten, wie SPD, Grüne, CDU, FDP, BSE, uva. muß sie nicht extra gewählt werden, ehe sie macht was sie will.

    Wählen Sie Ihre Zukunft — Die Vogelgrippe kommt!

  • Blödel Lei wild immel schleimig

    Der Thunfisch mit Dip aus Sojasauce und Wasabi schmeckte vorzüglich. Den Fisch habe ich als grätenlose dicke Scheibe gekauft und in dünne Scheiben geschnitten. Den Wasabi aus Pulver mit einigen Tropfen Wasser angerührt, die Sojasauce kam fertig aus der Flasche. Das war einfach.

    Miso-Suppe geht auch ziemlich leicht. Zuerst braucht man Dashi, einen japanischen Fischsud. Dazu legt man Konbu, das ist getrockneter Seetang in einen Topf mit Wasser und stellt es auf große Flamme. Sobald es anfängt zu kochen, kommt der Seetang heraus und Katsuobishi (Flocken aus getrocknetem Blaufisch, der auch Bonito genannt wird) hinein und das ganze von der Flamme herunter. Sobald die Flocken sich gesetzt haben, gießt man alles durch ein feines Sieb. Warum man davor warten soll, bis sich ein Bonitoflockensediment gebildet hat, ist mir nicht ganz klar geworden. Vielleicht ist das mehr als Zeitangabe zu verstehen. Wenn ich daran denke, wie in der westlichen Küche mit Gräten, Fischresten und Gemüse herumgefuhrwerkt wird, um einen Fischfond herzustellen, hat es der Japaner offensichtlich wesentlich leichter.

    Damit nun aus dem Sud Miso-Suppe wird, kommt Miso-Paste hinein. Diese Paste besteht aus Sojabohnen und Reis, die in Fässern monatelang gegoren wurden. Angeblich kann man sie bis zu zehn Jahren aufbewahren. Die von mir erworbene befand sich seltsamerweise im Kühlraum und hat das Verfallsdatum 31.3.2007. Sollte sie wirklich bereits acht Jahre alt sein? In der Paste sind Reiskrümel, die nicht in die Supper sollen, deswegen streicht man sie durch ein Sieb in die Dashi-Brühe. Ein paar kleine Würfel Tofu und etwas Wakame-Algen dienen als Einlage und schon ist die Suppe fertig.

    Meine ersten Versuche der Sushi-Herstellung wurden allerdings ein Debakel. Klebrig soll der Reis sein, aber trocken. Zwei Eigenschaften, die sich mit den als „Klebereis“ ausgewiesenen Körnern einfach nicht erreichen ließen. Klebrig war die Angelegenheit durchaus. Aber auch schleimig. Ich habe mittlerweile den vierten Versuch mit jeweils immer weniger Wasser unternommen. Weit weniger Wasser als alle mir zugänglichen Zubereitungsempfehlungen vorgaben. Interessanterweise blieben am Topfboden immer einige Körner ungequollen. Allerdings nicht so viele, daß es einen beträchtlichen Wasserüberschuß im restlichen Reis erklären könnte. Zwei Versuche habe ich übrigens mit dem von mir als völlig überflüssig empfundenen Reiskocher meines Mitbewohners unternommen. Das war kein Stück besser. Zumindest reifte die Gewißheit, daß Reiskocher wirklich so überflüssig sind wie ein Kropf.

    Reiskochen im Kochtopf ist mir eigentlich immer gelungen. Nur nicht mit diesem dreifach vermaledeiten Klebereis. Ich werde bald in einen andere Reissorte investieren. So kann es ja nicht weitergehen und eine andere Erklärung, als daß es am Reis selbst liegen muß erscheint mir nicht mehr plausibel.

  • Reis und Fisch

    Als ich gestern nichts zu tun hatte, fasste ich den Entschluß, vom Angebot eines japanischen Lokals gebrauch zu machen, das darin bestand, daß man mittags für 9,90 Euro so viel speisen darf, bis man nicht mehr kann.

    Auf einem langen Fließband zogen eine Vielzahl an Häppchen an mir vorbei, denen nicht immer anzusehen war, welcher Natur sie waren. Rohen Fisch gab es nur als Sushi, das heißt in oder auf gesäuertem Reis. Sashimi, also roher Fisch ohne weiteres Beiwerk fuhr an den Tischen nicht entlang. Zur Vorbereitung goß ich ein wenig Soja-Sauce in ein auf dem Tisch vorhandenes Schälchen, entzweite die Stäbchen aus Bambus und ergriff eine vorbeigleitende Schale mit eingelegtem Ingwer.

    Als ein winziger Teller mit grünen Streifen offenbar pflanzlicher Herkunft auf mich zu kam, konnte ich nicht widerstehen und griff zu. Es war mit einigen Sesamkörnern garniert und von fester Konsistenz. Eine Art Salat, der meine Zunge mit einem leichten Geschmack von Meerwasser umspielte. Ich ließ einige Portionen Gemüse mit Krebsfleischimitat vorüberziehen und hielt nach Wasabi Ausschau. Es kam mir ein Stück Tintenfisch zuvor, daß sich mit Brokoli in einer bräunlichen Marinade befand, die zugleich süß und würzig schmeckte. Das Gemüse war für mein Empfinden etwas zu weichgekocht, aber durchaus schmackhaft.

    Der Wasabi kam, entpuppte sich jedoch als grün gefärbter Meerrettich, der aber sehr ähnlich schmeckt. Weiterhin kein Sashimi, aber dafür Maki-Sushi (die Rollen) mit Lachs, Thunfisch und Rettich (auch Surimi).

    Zwischendurch fand ein Streifen gebratenes Hünerfleisch in Sesamkörnern den Weg zu meinem Gaumen, dem kurz darauf einige Scheiben süß-sauer angemachter Gurke Freude bereiteten. Die Tempura-Spezialitäten ließ ich mit einigem Argwohn passieren. Sie sahen zu sehr nach Sushi-Rollen aus, die aus irgendeinem Grund unter einem Teigmantel verborgen werden mussten.

    Allmählich stand mir der Sinn nach einer Miso-Suppe, der allerdings vier Miesmuscheln die unter einer nicht näher definierbaren Marinade glänzten zuvor. Weil die an ihre Schale angewachsen sind, konnte ich sie mit Stäbchen allein nicht extrahieren, weshalb ich in einem Moment in dem ich mich unbeobachtet glaubte, die Finger zuhilfe nahm, um die Schale festzuhalten. Gelohnt hat es sich kaum, hatte ich doch schon bessere Muscheln gegessen. Eingedenk der Jahreszeit vermute ich, sie waren aus der Konserve.

    Nach der Suppe verleibte ich mir ein Yakitori-Spießchen (Huhn) ein, das inzwischen viermal an mir vorbeigefahren war und entsprechend schon ein wenig trocken war. Da brauchte es einige Schnitze sauer eingelegten Rettich mit Karotte und Huhn mit Pilzen in Marinade hinterher.

    Nach einer Verschnaufpause schnappte ich mir einen süßen Teigball mit vereinzelten Sesamkörnern und einer rotbraunen Füllung, von der ich nicht im Geringsten ahne, aus was sie bestand. Danach vertilgte ich eine gebackene Scheibe Anananas war satt und dachte mir, es wird Zeit, sich die japanische Küche aus der Sicht des Kochs zu erschließen. Der Restaurantbesuch war mittelmäßig genug, daß ich mit ersten Gehversuchen keine allzuherben Rückschläge würde erfahren müssen.

    Der nächste Tag umfasste ein Studium des einzigen in meiner Bibliothek vorhandenen japanischen Kochbuches. Glücklicherweise ist es in deutscher Sprache abgefasst und offenbarte schnell, was ich bereits ahnte. Diese gesäuerte Reispampe namens Sushi wird hierzulande hoffnungslos überbewertet.

    Also ging ich einkaufen. Wasabi aus Wasabi, gab es schonmal nicht. Nur das mit Chlorophyl gefärbte Meerettichpulver. Das hat aber Senföle nicht zu knapp und steigt bereits beim Anrühren in die Nase. Weil es Sommer ist, soll es die rote Sojabohnenpaste Aka Miso für die Suppe sein. Grundstoff für Brühen und Suppen ist dem Japaner Katsuobushi, Flocken aus getrocknetem Blaufisch, ein fantastisches Zeug. Als Gemüse kommen Lotoswurzel (tiefgekühlt), Daikon-Rettich (eingelegt), Wakame-Algen (getrocknet) und ganz kleine blasse Auberginen in den Einkaufskorb. Natürlich sollen Klebereis, Kombu (Seetang) und Sake nicht fehlen. Ein dickes Thunfisch-Steak muß auch mit und gesellt sich zu Reisessig, Tofu, Sojasauce und Nori, der Verpackung für Sushi-Rollen.

    Das Ergebnis war nicht optimal aber passabel, lehrreich und auch mit wenig Sake zu ertragen. Die Einzelheiten werde ich in Kürze beschreiben.

  • Freude am Fahren IV

    Heute fuhr ich einen Film zum Flughafen, Cargo-Terminal. Eine sehr eigene Landschaft. Ein riesiges Gebäude, rundum mit einer Laderampe bewehrt und von hunderten von LKW belagert. Alle hundert Meter ragen gewaltige silberne Türme auf, die Buchstaben tragen. Ich soll zu „D“, wo die Spedition ihren Sitz hat. Der Name der Spedition steht nicht an der Türe. Ich frage einen Herrn im Blaumann, der sehr freundlich ist, aber mir nicht helfen kann. Ich rufe meinen Kollegen Max an, der weiß es: 3. Stock, linker Gang, dort steht es dann auch an der Tür, sagt er. So ist es. Im Gebäude sind die Leute freundlich. Sie grüßen mich, halten mir Türen auf. Auf dem Boden sitzen drei Putzfrauen, die sich über Preise in türkischen Geschäften unterhalten.

    Auf dem Rückweg stehe ich im Stau. Fast die ganze Strecke von der Richard-Strauß-Straße bis Neufarn ist eine einzige gewaltige Baustelle. Es regnet und ich beginne die Vorzüge eines automatischen Scheibenwischers zu schätzen. Immer wenn ich einen LKW passiere, wird er schneller. Ich erfahre, daß eine andere Kopie zurück ins Kopierwerk und zwei weitere in ein Filmlager im Westend müssen. Der erste Film ist eilig, deswegen fahre ich vom Lager in Giesing zuerst nach Schwabing und erst dann ins Westend. Unterwegs bekomme ich bescheid, daß ich bis Donnerstag den Wagen tauschen muß. Der 5er muß zurück, ich bekomme einen 3er. Ich freue mich schon, denn der 3er ist eine kleine Rakete. Er ist leichter und hat eine stärkere Maschine. Ich soll den Wagen vor dem Tausch saugen und bescheid sagen, bevor ich ihn bringe. Ich gestehe bei der Gelegenheit, daß ich in der Tiefgarage vom MaxX einen veritablen Kratzer in die Stoßstange gefahren habe und werde gebeten, den im Handschuhfach befindlichen Schadensbericht auszufüllen. Ich kreuze an: Verletzte Insassen: Nein. Tote Insassen: Nein. Alkoholeinfluß: Nein. Offenbar hat man mit dem schlimmsten gerechnet.

    Vor der Parkgarage in der Frauenstraße kann ich Sie nur eindringlich warnen, liebe Leser! Nicht nur, daß Sie ab der ersten Sekunde 2,50 Euro bezahlen müssen, wenn Sie ihr Arbeitgeber nicht mit einer Dauerkarte ausgestattet hat. Viel schlimmer ist, daß an den unglaublichsten Stellen Betonsäulen aus dem Nichts auftauchen und sofort Ihr Fahrzeug attackieren. Gerade hatte ich eine Säule umfahren, als einen halben Meter daneben und nach hinten versetzt eine zweite aus dem Schatten trat. Die sieht man nicht, man hört sie nur. Wie zum Hohn piepte nach dem Knall die Einparkhilfe.

    Der Hof des Filmlagers im Westend, ist eine Ansammlung von Asphalt mit Schlaglöchern und kiesdurchsetztem Schlamm. Mit der Sackkarre kommt man nicht in die Lagerhalle. Entweder fährt man einen LKW mit Hebebühne, oder trägt die Kopien die Treppe hinauf. Zum Glück sind es nur Sechsakter.

    Zurück im Büro in der Sonnenstraße bekomme ich ein Bündel Umschläge mit Videokassetten, die teils zum Bayerischen Fernsehen und teils nach Schwabing sollen. Ein Umschlag muß nach Bogenhausen. Dort fahre ich zuerst hin. An der auf dem Umschlag angegebenen Adresse finde ich eine Villa an der sich nicht nur kein Firmenschild befindet, sondern nicht einmal ein Name auf der Klingel. Niemand öffnet. Ich bitte bei der Disposition nachzufragen, wann man dort jemanden antreffen kann und fahre weiter zum BR nach Freimann. Ich frage an der Pforte, wo sich die adressierte Redaktion befindet:

    „Das ist in Haus 12. Was möchten Sie dort?“

    „Ich habe etwas abzugeben.“

    „Sind sie Kurier?“

    „Ja.“

    „Haben Sie auch ein Auto dabei?“

    „Ja.“

    „Dann schreibe ich Sie gleich mal auf. Ist das da ihr Wagen?“

    „Ja.“

    „Waren Sie schon mal hier?“

    „Ja, aber nur in Haus 1.“

    „Dann fahren sie einfach geradeaus, durch die Unterführung. Haus 12 ist dann auf der rechten Seite.“

    „Danke.“

    Merke: Wer sich zu Fuß zur Pforte begibt, gilt als verdächtig. Fährt man mit dem Auto vor, machen sie einfach die Schranke auf und verzichten auf ein Verhör.

    Die Filmproduktion in Schwabing ist lustig. Am Empfang will man den Umschlag zunächst entgegennehmen. Als sich herausstellt, daß der Empfänger dafür selbst unterschreiben soll, weist man mir den Weg in sein Büro (die Treppe runter, 2. Tür links). An der zweiten Tür heißt es weiter zur dritten. Aus der dritten ruft man mir zu, eine Tür weiter. Dort ist aber niemand. Etwas ratlos stehe ich herum. Von gegenüber kommt eine Dame und fragt ob sie helfen kann. Ich entgegne, ja, ich suche Herrn Soundso. Sie führt mich zurück zur dritten Tür, wo Herr Soundso an seinem Schreibtisch sitzt, der mich gerade weitergeschickt hatte. Als er sieht, daß es die Betacam-Kassette vom Filmfest ist, freut er sich sichtlich und bedankt sich. Ich bitte ihn um seine Unterschrift. Für das Datum muß er seine Sekretärin fragen. „Na, jetzt habe ich es doch geschafft“, meint er. Wir lachen. Die Sekretärin sagt, „Nomalerweise machen Sie das ja nicht“ und blickt mich leicht vorwurfsvoll an. Ich bedanke mich und gehe.

    Die Auslieferung des letzten Pakets bringt einige Hürden mit sich. Amalienstraße. Das ist an sich schon Mist, weil sich die Autos dort üblicherweise in zweiter und dritter Reihe stapeln. Ich habe Glück und finde einen freien Platz in zweiter Reihe neben zwei Wägen, die zwischen zwei Einfahrten parken. Ich stelle den BMW so hin, das beide raus können. Links ist ausreichend Platz , selbst für einen LKW. Leider ist der Angegebene Name auf keiner der vielen Klingeln zu finden. Ich sehe im Hinterhaus nach. Dort sind noch mehr Klingeln. Der Name taucht auf, aber der Vorname passt nicht. Außerdem bezieht sich die Adresse eindeutig auf das Vorderhaus. Ich beschließe bei der Disposition nachzufragen. Zuerst möchte ich aber den Wagen woanders unterbringen. Aus gutem Grund. Schon steht ein Herr in grüner Uniform davor und schreibt das Kennzeichen ab. Er ist ausgesprochen freundlich, aber meiner Argumentation, daß gerade an dieser Stelle ja eben niemand behindert wird völlig unzugänglich. Er meint, ich sollte den Wagen, wenn ich schon keinen Parkplatz suchen will, doch lieber in eine Einfahrt stellen. Dort würde ich wenigstens nur einen behindern. Ich halte das insgeheim für ausgemachten Blödsinn, aber wenn das billiger ist, werde ich das zukünftig so handhaben. Immerhin kosten diese 3 Minuten freundlicher Beratung 20 Euro! Für mich bedeutet das, daß ich fast drei Stunden umsonst gefahren bin.

    Angeblich stimmt die Adresse. Vielleicht habe ich die richtige Klingel übersehen. Morgen muß ich also nochmal hin. Vielleicht fahre ich vor Dienstantritt mal mit dem Fahrad hin. Mit dem Auto ist mir das zu teuer.