Heute fuhr ich einen Film zum Flughafen, Cargo-Terminal. Eine sehr eigene Landschaft. Ein riesiges Gebäude, rundum mit einer Laderampe bewehrt und von hunderten von LKW belagert. Alle hundert Meter ragen gewaltige silberne Türme auf, die Buchstaben tragen. Ich soll zu „D“, wo die Spedition ihren Sitz hat. Der Name der Spedition steht nicht an der Türe. Ich frage einen Herrn im Blaumann, der sehr freundlich ist, aber mir nicht helfen kann. Ich rufe meinen Kollegen Max an, der weiß es: 3. Stock, linker Gang, dort steht es dann auch an der Tür, sagt er. So ist es. Im Gebäude sind die Leute freundlich. Sie grüßen mich, halten mir Türen auf. Auf dem Boden sitzen drei Putzfrauen, die sich über Preise in türkischen Geschäften unterhalten.
Auf dem Rückweg stehe ich im Stau. Fast die ganze Strecke von der Richard-Strauß-Straße bis Neufarn ist eine einzige gewaltige Baustelle. Es regnet und ich beginne die Vorzüge eines automatischen Scheibenwischers zu schätzen. Immer wenn ich einen LKW passiere, wird er schneller. Ich erfahre, daß eine andere Kopie zurück ins Kopierwerk und zwei weitere in ein Filmlager im Westend müssen. Der erste Film ist eilig, deswegen fahre ich vom Lager in Giesing zuerst nach Schwabing und erst dann ins Westend. Unterwegs bekomme ich bescheid, daß ich bis Donnerstag den Wagen tauschen muß. Der 5er muß zurück, ich bekomme einen 3er. Ich freue mich schon, denn der 3er ist eine kleine Rakete. Er ist leichter und hat eine stärkere Maschine. Ich soll den Wagen vor dem Tausch saugen und bescheid sagen, bevor ich ihn bringe. Ich gestehe bei der Gelegenheit, daß ich in der Tiefgarage vom MaxX einen veritablen Kratzer in die Stoßstange gefahren habe und werde gebeten, den im Handschuhfach befindlichen Schadensbericht auszufüllen. Ich kreuze an: Verletzte Insassen: Nein. Tote Insassen: Nein. Alkoholeinfluß: Nein. Offenbar hat man mit dem schlimmsten gerechnet.
Vor der Parkgarage in der Frauenstraße kann ich Sie nur eindringlich warnen, liebe Leser! Nicht nur, daß Sie ab der ersten Sekunde 2,50 Euro bezahlen müssen, wenn Sie ihr Arbeitgeber nicht mit einer Dauerkarte ausgestattet hat. Viel schlimmer ist, daß an den unglaublichsten Stellen Betonsäulen aus dem Nichts auftauchen und sofort Ihr Fahrzeug attackieren. Gerade hatte ich eine Säule umfahren, als einen halben Meter daneben und nach hinten versetzt eine zweite aus dem Schatten trat. Die sieht man nicht, man hört sie nur. Wie zum Hohn piepte nach dem Knall die Einparkhilfe.
Der Hof des Filmlagers im Westend, ist eine Ansammlung von Asphalt mit Schlaglöchern und kiesdurchsetztem Schlamm. Mit der Sackkarre kommt man nicht in die Lagerhalle. Entweder fährt man einen LKW mit Hebebühne, oder trägt die Kopien die Treppe hinauf. Zum Glück sind es nur Sechsakter.
Zurück im Büro in der Sonnenstraße bekomme ich ein Bündel Umschläge mit Videokassetten, die teils zum Bayerischen Fernsehen und teils nach Schwabing sollen. Ein Umschlag muß nach Bogenhausen. Dort fahre ich zuerst hin. An der auf dem Umschlag angegebenen Adresse finde ich eine Villa an der sich nicht nur kein Firmenschild befindet, sondern nicht einmal ein Name auf der Klingel. Niemand öffnet. Ich bitte bei der Disposition nachzufragen, wann man dort jemanden antreffen kann und fahre weiter zum BR nach Freimann. Ich frage an der Pforte, wo sich die adressierte Redaktion befindet:
„Das ist in Haus 12. Was möchten Sie dort?“
„Ich habe etwas abzugeben.“
„Sind sie Kurier?“
„Ja.“
„Haben Sie auch ein Auto dabei?“
„Ja.“
„Dann schreibe ich Sie gleich mal auf. Ist das da ihr Wagen?“
„Ja.“
„Waren Sie schon mal hier?“
„Ja, aber nur in Haus 1.“
„Dann fahren sie einfach geradeaus, durch die Unterführung. Haus 12 ist dann auf der rechten Seite.“
„Danke.“
Merke: Wer sich zu Fuß zur Pforte begibt, gilt als verdächtig. Fährt man mit dem Auto vor, machen sie einfach die Schranke auf und verzichten auf ein Verhör.
Die Filmproduktion in Schwabing ist lustig. Am Empfang will man den Umschlag zunächst entgegennehmen. Als sich herausstellt, daß der Empfänger dafür selbst unterschreiben soll, weist man mir den Weg in sein Büro (die Treppe runter, 2. Tür links). An der zweiten Tür heißt es weiter zur dritten. Aus der dritten ruft man mir zu, eine Tür weiter. Dort ist aber niemand. Etwas ratlos stehe ich herum. Von gegenüber kommt eine Dame und fragt ob sie helfen kann. Ich entgegne, ja, ich suche Herrn Soundso. Sie führt mich zurück zur dritten Tür, wo Herr Soundso an seinem Schreibtisch sitzt, der mich gerade weitergeschickt hatte. Als er sieht, daß es die Betacam-Kassette vom Filmfest ist, freut er sich sichtlich und bedankt sich. Ich bitte ihn um seine Unterschrift. Für das Datum muß er seine Sekretärin fragen. „Na, jetzt habe ich es doch geschafft“, meint er. Wir lachen. Die Sekretärin sagt, „Nomalerweise machen Sie das ja nicht“ und blickt mich leicht vorwurfsvoll an. Ich bedanke mich und gehe.
Die Auslieferung des letzten Pakets bringt einige Hürden mit sich. Amalienstraße. Das ist an sich schon Mist, weil sich die Autos dort üblicherweise in zweiter und dritter Reihe stapeln. Ich habe Glück und finde einen freien Platz in zweiter Reihe neben zwei Wägen, die zwischen zwei Einfahrten parken. Ich stelle den BMW so hin, das beide raus können. Links ist ausreichend Platz , selbst für einen LKW. Leider ist der Angegebene Name auf keiner der vielen Klingeln zu finden. Ich sehe im Hinterhaus nach. Dort sind noch mehr Klingeln. Der Name taucht auf, aber der Vorname passt nicht. Außerdem bezieht sich die Adresse eindeutig auf das Vorderhaus. Ich beschließe bei der Disposition nachzufragen. Zuerst möchte ich aber den Wagen woanders unterbringen. Aus gutem Grund. Schon steht ein Herr in grüner Uniform davor und schreibt das Kennzeichen ab. Er ist ausgesprochen freundlich, aber meiner Argumentation, daß gerade an dieser Stelle ja eben niemand behindert wird völlig unzugänglich. Er meint, ich sollte den Wagen, wenn ich schon keinen Parkplatz suchen will, doch lieber in eine Einfahrt stellen. Dort würde ich wenigstens nur einen behindern. Ich halte das insgeheim für ausgemachten Blödsinn, aber wenn das billiger ist, werde ich das zukünftig so handhaben. Immerhin kosten diese 3 Minuten freundlicher Beratung 20 Euro! Für mich bedeutet das, daß ich fast drei Stunden umsonst gefahren bin.
Angeblich stimmt die Adresse. Vielleicht habe ich die richtige Klingel übersehen. Morgen muß ich also nochmal hin. Vielleicht fahre ich vor Dienstantritt mal mit dem Fahrad hin. Mit dem Auto ist mir das zu teuer.