Blog

  • Nicht wirklich

    Äh, nein, meinte ich nicht.

  • Transparency bizarre

    Moni S., die Autorin des Weblogs Gedankenträger erhielt am Freitag eine E-Mail, die offenbar vom Justiziar des Vereins Transparency International Deutschland stammte. Unter Androhung rechtlicher Schritte wurde sie aufgefordert einen Bericht über die Personalpraxis des Vereins aus Ihrem Blog zu löschen (wir berichteten).

    Unserer Bitte um Stellungnahme hat der Verein bislang nicht entsprochen. Stattdessen tauchte inzwischen eine weitere E-Mail an Moni S. auf, in welcher der Justitiar und Ethikbeauftragte des Vereins, Prof. Dr. Jürgen Marten seine Forderungen erneuerte. Zusätzlich bezichtigte er die Autorin, gar gegen das Urheberrecht verstoßen zu haben, indem sie sein erstes Schreiben in Ihrem Weblog zitierte.

    Moni S. hat inzwischen den im Blogwesen bekannten Rechtsanwalt Udo Vetter eingeschaltet. Sein Schreiben an Transparency International Deutschland e. V. hat er auf seinem Weblog veröffentlicht.

    Wärend der Verein offenbar immer verzweifelter versucht, die Bloggerin durch immer noch absurdere Einschüchterungen mundtot zu machen, zieht die Angelegenheit längst weltweite Kreise. Nachdem die Blogosphäre jenseits des Atlantik (siehe Perspectives of a Nomad) das Thema aufgegriffen hat, weist auch das amerikanische Nachrichtenportal MSNBC auf die Sache hin.

    Langsam darf man die Frage stellen, ob Herr Prof. Dr. Marten vielleicht ein Interesse daran hat, den Verein gegen Korruption öffentlich in Misskredit zu bringen.

  • Sinngemäß wiedergegeben

    Frank Patalong von Spiegel Online hat ein Interview mit Brigitte Zypries geführt, das Franz Kafka sich nicht besser hätte ausdenken können.

    Sinngemäß sagte sie im Wesentlichen:

    Natürlich hat man das Recht, privat eine CD zu kopieren. Nur ein Recht auf eine private Kopie einer CD gibt es nicht. Für dieses Recht zahlt der Verbraucher ja schließlich auch Abgaben. Deswegen ist es auch verboten, verstehen Sie? Aus Kindern die die CDs kopieren macht die Novelle des Urheberrechts keine Kriminellen. Das sind sie ja schon. Darum werden sie ja auch nicht verurteilt, es sei denn sie werden angeklagt oder so. Außerdem war die Änderung des Gesetzes nötig, weil sich dadurch nichts ändert. Außer daß alles besser wird, irgendwie. Daß die für Fälle von Terrorismus und Kapitalverbrechen vorbehaltene Vorratsdatenspeicherung jetzt für die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen verwendet wird stimmt gar nicht. Für die Verfolgung von Verstößen gegen das Urheberrecht, werden nur die auf Vorrat gespeicherten Daten verwendet, die wir gegen Terrorismus und Kapitalverbrechen sammeln. Da verwechseln Sie was.

  • Zweite Bayerische Bloglesung

    Die Räumlichkeiten des Twisted Bavarian erwiesen sich für eine Lesung deutlich besser geeignet als die Reizbar. Da nimmt man auch den im Vergleich etwas schläfrigen Service billigend in Kauf. Wer bis zum Schluß bleibt, kommt dafür in den Genuß Kostproben komödiantischen Schaffens der sehr herzlichen texanischen Köchin zu hören und erhält mit etwas Glück sogar noch lustige Hüte geschenkt.

    In diesem Ambiente fand die II. Bayerische Bloglesung statt, die unserer Redaktion sogar noch besser gefallen hat, als die erste. Die Atmosphäre war insgesamt lockerer, die Texte waren noch unterhaltsamer.

    Die Moderation oblag diesmal Frau Klugscheisser, die hinterher damit kokettierte, vor lauter Nervosität kaum ihre Notizen festhalten gekonnt zu haben. Tatsächlich führte sie aber ebenso hinreissend wie souverän durch den Abend.

    Vor lauter Lampenfieber hat sie schnell noch einen Blues über die lästige Parkplatzsuche gesungen und ein wenig Saxophon gespielt. Am der Bassgittare begleitet durch „OW“, der angeregt hatte, das Stück auf Englisch zu schreiben, damit man es auch in der Uckermark verstehen würde. An der Akkustik-Gittare beteiligte sich Herr Banana aus der Allee der Spackonauten der neben einer auf Hessisch vorgetragenen Geschichte über die Freuden der Aquaristik (mp3, 4:16 min) auch trefflich über die unwiderstehliche Sinnlosigkeit von Olivenschiffchen zu berichten wusste.

    Don Alphonso hatte zwar versehentlich einen Teil seiner Unterlagen an einer ungünstig stehenden Kerze entflammt, konnte aber dennoch zwei hübsche Anekdoten über Statussymbole und soziale Gefälle vortragen: Ein Skalp von meinen Feinden und 4 mm.

    Frau Kaltmamsell schilderte eindringlich erschütternde Details aus dem Leben schwergewichtiger Damen. Die Geschichte steht nach unserern Rechnerchen so nicht in ihrem Blog Vorspeisenplatte. Außerdem las sie einige Folgen ihrer Reihe Auf meinem Weg in die Arbeit. Unter anderem Schlangenmensch heißt auf Englisch contortionist, Türsteher und Bahnsprech.

    Um Körperfett ging es wieder in einem Vortrag von Martina Kink, die mir bis dahin völlig unbekannt war. Die zierliche Gestalt, die es kaum wagte, direkt ins Mikrophon zu sprechen entpuppte sich als der Star des Abends. Die gekonnt lakonisch vorgetragenen Texte waren voll boßhaftem Witz. Ihre Gedanken über Schutzengel können Sie hier lesen und hören. Sie las außerdem Will you still need me will you still feed me und Wenn Kippen Kalorien hätten.

    Eine bizarre Geschichte über weibliches Sozialverhalten beim Toilettenbesuch und selbstgedrehte Tampons namens Blood on the Dance Floor gab es von Frau Klugscheisser, die zuvor eine Seelenwanderung in eine Unterhose gemacht hatte. Der entsprechende Reisebericht trägt den Titel Let me be your underwear.

    Später gingen die ganz hartgesottenen noch ins Pomp, das aber dermaßen voll war, daß wir unsere Reporter bereits nach drei Minuten abziehen mussten.

  • Music was my first love

    Freiheit der Kultur auf der einen Seite, die der Schutz geistigen Eigentums auf der anderen. Es wird dieser Tage viel über diesen Konflikt diskutiert und leidenschaftlich gestritten, ob und unter welchen Bedingungen der Mensch Musik hören darf.

    Schon seit Jahrzehnten gibt es dafür Regeln, die eigentlich etwas eigenartig erscheinen. Würde ich meine Mitbewohner im Badezimmer versammeln um meiner Interpretation von Smoke on the Water aus der Badewanne zu lauschen, hätte ich sogleich Gebühren an die GEMA zu entrichten.

    Man merkt diesem Modell schon an, daß es nicht besonders realistisch ist. Ich sehe ein, daß es unfair wäre, Geld damit zu verdienen, die Musik eines anderen vorzutragen, ohne das dieser etwas davon hat. Aber im kleinen, privaten Umfeld muß es doch möglich sein, seine Empfindungen über Musik auszudrücken, selbst wenn man sie nicht selbst komponiert oder verlegt hat.

    Schon heute gilt die Regelung, ein kopiergeschütztes Musikstück zu kopieren ist eine Straftat. Bitte was? Etwas was technisch gar nicht möglich ist, wird unter Strafe gestellt? Wozu denn das?

    Seit Generationen drücken Menschen ihre Gefühle füreinander durch Musik aus. Nicht umsonst handeln die meisten Lieder von Liebe. Wer hat in seiner Schulzeit nicht versucht, seiner Angebeteten die eigenen Empfindungen durch eine Zusammenstellung passender Musik Ausdruck zu verleihen? Vielleicht hat Brigitte Zypries nie so einen selbstgebackenen Sampler bekommen und will es heute allen heimzahlen, die sie einst verschmähten.

    Anders ist kaum zu erklären, weshalb sie diese Tradition ab nächstem Jahr als Straftat definiert wissen will. Es sei denn, die Entertainment-Lobby hätte da vielleicht etwas, nun ja, bei der Entscheidungsfindung nachgeholfen. Das werden wir so genau aber wohl nicht erfahren, weil Transparency International in Deutschland gerade mit einer eigenen Angelegenheit befasst ist.

    Wenn musikalische Liebesbekundungen künftig strafbar werden, muß man sich aber nicht wundern, wenn die Deutschen nicht genügend Kinder bekommen. Ohne Musik kommt man halt nicht zusammen.

  • PR-GAU Leichgemacht

    Sollte dieses Schreiben tatsächlich von Prof. Dr. Jürgen Marten, dem Ethikbeauftragten des Transparency International Deutschland e. V. stammen und dieser Blog-Eintrag bei Gedankenträger auf den es sich bezieht, den Tatsachen entsprechen, hat sich der Verein ein PR-Eigentor geschossen.

    Man kann dem Verfasser des Schreibens zugute halten, daß er die Autorin des Weblogs Gedankenträger zunächst formlos per E-Mail dazu aufforderte den Artikel aus dem Netz zu nehmen, statt gleich eine Abmahnung zu schicken. Der Abmahnwahn ist inzwischen ja schon zu einer Art Breitensport der Unternehmen avanciert.

    … Die von Ihnen aufgestellten Behauptungen entsprechen im wesentlichen nicht den Tatsachen, da wo es sich um Ihre Bewertungen handelt wird der Tatbestand der rechtswidrigen Schmähkritik erfüllt.

    Die schwammige Formulierung und die unverholene Drohung mit potentiell ruinösen Verfahrenskosten lassen Vermuten, daß man es bei Transparency International Deutschland mit der Ethik nicht so genau nimmt, wie man es bei einem Verein der sich gegen Korruption einsetzt erwarten möchte. Zudem klingt das so, als ginge der Drohbriefschreiber davon aus, daß er im Fall eines Rechsstreits ohnehin kein Land sehen würde.

    Sollte das [die Löschung des Artikels] nicht erfolgen, kündige ich Ihnen schon jetzt eine strafbewehrte Unterlassungserklärung und ggf. eine einstweilige Verfügung an. Ich gehe davon aus, dass Sie sich über die rechtlichen, aber auch finanziellen Konsequenzen, die sich daraus für Sie ergeben werden, klar sind.

    Sollte das nicht erfolgen, kündige ich Ihnen schon jetzt eine strafbewehrte Unterlassungserklärung und ggf. eine einstweilige Verfügung an. Ich gehe davon aus, dass Sie sich über die rechtlichen, aber auch finanziellen Konsequenzen, die sich daraus für Sie ergeben werden, klar sind.
    Daß dem Verein der Bericht mißfällt ist verständlich. Immerhin legt er nahe, daß es zur Personalpolitik der Organisation gehört, Mitarbeiter nach Ende der Probezeit grundsätzlich nicht übernehmen, sondern durch einen neuen zu ersetzen, der wiederum nur auf Probe beschäftigt ist. Dadurch würde verhindert, daß die betreffenden Mitarbeiter je Anspruch auf Kündigungschutz erlangen.

    Nachdem der beanstandete Artikel ganz offensichtlich auf Hörensagen beruht, darf man sich wundern, warum der Antikorruptionsverein ihm eine solch große Bedeutung zumisst.

    Sicher ist dagegen eines: Die erst durch den bösen Brief entstandene öffentliche Meinung hat sich Transparency International Deutschland sicher nicht gewünscht. Hier ein kleiner Ausschnitt:

    Update: Bei Ronsens gibt es eine noch umfangreichere Liste.

  • Die Hype-Maschine

    Einen bizarren Internetfund setzt man immer gerne in sein Blog. Das habe ich hier mit den Carusos gemacht und Johnny Häusler hat das gleiche mit einem höchst bizarren Amateur-Videoclip getan in dem drei junge Herren demonstrieren, daß sie nicht singen können. Schon vorher hat n|tropie über das absurde Machwerk berichtet.

    Mittlerweile hat TV-Total diese Peinlichkeit aufgegriffen und es kursieren sogar Gerüchte, die Kids mit den nach hinten gegelten Haaren würden demnächst von der Musikindustrie unter Vertrag genommen werden.
    Die verschwöhrungstheoretische These, die Musikindustrie hätte hier erfolgreiches Guerrilia-Markteting betrieben, erscheint mir reichlich abwegig. Ob sich aus einem Blog-Artikel ein Hype entwickelt oder nicht, kann man meiner Meinung nach nicht vorhersehen oder gar steuern.

    Ich hatte mich einmal über die mimosenhafte Kommentarlöscherei zweier Großblogger lustig gemacht und hatte daraufhin drei Tage lang 75 mal so viele Besucher wie sonst. Die kamen aber über einen dritten Blogger, der das alles nicht verstanden hatte und mich als Denunziant beschimpfte. Hätte ich das wissen können? Wohl kaum.

    So waren Spreeblick und n|tropie über die große Resonanz offensichtlich gleichermaßen überrascht, wie sie hier und hier schreiben.

    Warum Matt Wagner auf der Rückseite der Reeperbahn nun die Ansicht vertritt, Spreeblick sei schuld, wenn offenkundiger Mist wie „Mein Sonnenlicht“ der Grup Tekkan demnächst in den Charts landet ist mir völlig unverständlich. Erstens würde sich dieser Versuch, falls die Musikindustrie ihn denn tatsächlich unternehmen sollte, vermutlich als Rohrkrepierer erweisen. Zweitens wäre das dann doch eher auf TV-Total und die Plattenfirmen zurückzuführen, als auf das Blogwesen. Dennoch wähnt dirk-vongehlen im Blog des jetzt-Magazins der Süddeutschen Zeitung eine Verschwörung und beruft sich dabei auf einen Artikel bei factorfake.de, der durchaus zu bedenken gibt.
    Aus Scheiße Gold zu machen, hat im Musikgeschäft schon lange Tradition. Als Musikjournalist könnte man das eigentlich wissen. Nena konnte auch nicht singen und ist trotzdem erfolgreich gewesen. Milli Vanilli ebenso. Sogar ganz ohne Internetz.

  • Moderne Nachrichtenübermittlung

    Der weltmännische und technisch versierte Leser des Fellow Passenger, mag ins Schmunzeln geraten, wenn er jemandem begegnet, der das Faxgerät als die Krone moderner Telekommunikation empfindet. Dennoch ist diese Technologie auch heute noch ein sprudelnder Quell kleiner bis mittlerer Wunder.

    So werden schriftliche Mitteilungen heute längst nicht mehr nur von der Post verschlampt, auch der Empfänger hat bei Fax-Sendungen ganz ungeahnte Möglichkeiten. So bleibt zwar das seltsam teigige Thermotransferpapier erhalten, die darauf gedruckten Zeichen verschwinden dafür mit der Zeit von ganz allein. Modernere Faxapparate mit eingebautem Tintendrucker bringen sogar Dokumente hervor, deren Inhalt einfach mit Wasser entfernt werden kann.

    Das Faxgerät unserer Redaktion förderte schon lange nichts weiter als leere Seiten zutage, weil die Tintenpatronen bereits nach einigen Wochen ausbleibendem Faxempfangs auszutrocknen pflegten. Zudem wurde der Apparat nach hartnäckiger Befehlsverweigerung und fortgesetzter Lärmbelästigung durch höchst aufdringliche Surr- Klick- und Pfeifgeräusche untragbar. Als das Gerät auch noch begann, völlig sinnlose Befehle zu erteilen und im Minutentakt darüber Auskunft verlangte, für welche Rufnummer es sich zuständig zeichnen solle, wurde es Opfer eines Wut bedauerlichen Unfalls.

    Um die faxaffinen Leser von einer allfälligen Kontaktaufnahme nicht länger auszuschließen, wurde nun eine antike ISDN-Karte bei einem beliebten Online-Auktionator ersteigert (6,- Euro inklusive Versand). Ein erster Test ein Fax an einen Fax-zu-E-Mail-Dienst abzuschicken, klappte auf Anhieb. Der Empfang war weniger leicht zu testen. Der kostenlose Fax-Versand-Dienst gelobte zwar, die Mitteilung binnen Minuten auszuliefern und der Nutzungsbedingungen gemäß mit Werbung zu versehen. Angekommen ist die vor Wochen auf den Weg gebrachte Nachricht jedoch bislang nicht. Dafür kam kurz darauf das:

    Zufall? Auf jeden Fall sehr praktisch für den gewünschten Funktionstest.

    Aber sagen Sie mal, sehr geehrte „Euro-Service-GmbH“, gibt es wirklich genügend Einfaltspinsel, die Ihre „höchst interessante und sofort nutzbare Liste“, tatsächlich kaufen, um Ihre Kosten zu decken? Das klappt doch nur, weil Sie Ihre Telefonrechnung einfach nicht bezahlen, oder?

  • Vorlesen in München

    Wenn die deutsche Blogosphäre ein helles Zentrum hat, ist München wohl der Ort, der am weitesten davon entfernt ist. Wärend man sich anderenorts längst schon beinahe regelmäßig versammelt, um sich gegenseitig kleine Geschichten vorzulesen und offensichtlich einen Riesenspaß dabei hat, gibt man sich in München beinahe autistisch.

    Das hängt damit zusammen, daß der Münchner erfolgreich, wohlhabend, gutaussehend, bestens gewandet und überhaupt irgendwie besser als alle anderen ist. Der Münchner ist erhaben, selbstbewußt und unabhängig. Dennoch kennt er natürlich einen Haufen Leute. Nur die richtigen und wichtigen natürlich. Prominente vor allem.

    Da war es eine kleine Sensation, daß vorgestern tatsächlich eine Bloglesung abgehalten wurde. Wohlweislich die erste bayerische Bloglesung, nicht eine münchnerische.

    München wäre nicht München, wenn man sich einfach so in ein Lokal setzen und direkt loslegen würde. So wurden am Vortag der Lesung eine Reihe von Verhaltensmaßregeln bekanntgegeben. So sollte man am Veranstaltungsort, einer respektablen Cocktailbar, nicht rauchen. Photographieren war allenfalls ohne Blitz erlaubt. In der trüben Beleuchtung der Reizbar dennoch geschossene Aufnahmen zu veröffentlichen bedarf der ausdrücklichen Genehmigung der Vortragenden.

    Das war Anlaß für eine außerordentliche aber kurze Redaktionskonferenz. Die Bildredaktion beschied, sie würde dann, so vorhanden, eben auf offizielles Bildmaterial zurückgreifen, statt eigene Aufnahmen zu machen, dafür aber sicher pro Person mindestens fünf bis sechs Adios Motherfucker auf Spesen trinken („Sollen die sich halt selber schießen, ist mir doch wurscht. Hauptsache es gibt was anständiges zu trinken.“). Ein Live-Mitschnitt wurde erwogen, jedoch schnell wieder verworfen, weil der Tontechniker restlos überfordert war („Da müssen wir aber vorher den Dings, äh Don oder überhaupt alle fragen, ob … na was weiß ich. Auf jeden Fall ist der Akku vom Rekorder leer. Aber die Getränke gehen schon auf Spesen, oder?“). Schließlich konnte der Chefredakeur per Machtwort einen Beschluß erwirken („Wir gehen da hin, gießen uns ordentlich einen auf die Lampe und rauchen alle Kette bis wir rausfliegen. Wer sich hinterher noch an was erinnert, soll das dann aufschreiben.“)

    Gesagt, getan. Nach einer launigen Anmoderation von Frau Lyssa die alle nochmal zu aufrechter Sitzhaltung ermahnte und erklärte daß man schlechte mündliche Noten bekommen würde, wenn sie einen beim Schwätzen erwischt, ging es auch schon los.

    Die vorwiegend autobiographischen Geschichten waren allesamt höchst unterhaltsam, die meisten im Lampenfieber etwas zu hastig vorgetragen. Als der heimliche Star der ersten bayerischen Bloglesung stellte sich Jügen Albertsen heraus, der seine beiden hervorragenden Kurzgeschichten mit angenehm sonorer Stimme überaus gekonnt zu intonieren wusste.

    Wer nicht dabei sein konnte, findet die Geschichten auch zum selber lesen im Netz:

    Days of Splenour und Auf der Dachterasse (Don Alphonso), Hopp, hopp, hopp, Pferdchen lauf Gallop und Linke Gasse, Kreissparkasse (Lyssa), Oma-Beerdigung – 3: Die Babylonier hätten sich bloß ein bisschen anstrengen müssen und Elternsorgen und Urlaubsüberraschungen (Frau Kaltmamsell), Don’t eat the yellow snow und Geobiographie (Frau Klugscheisser), Dass der Gustl kein Hund war und Die Liesl (Jürgen Albertsen)

    Die junge Dame, die am Ende der Theke zunächst eine halbe Stunde stehen und später auf einer leeren Bierkiste (Becks) sitzen musste, soll sich bitte einen anderen Freund suchen als den blonden Rüpel im dunklen Anzug der von seinem gemütlichen Plätzchen auf der Bank tatenlos zusah.

    Wer übrigens glaubt, ein Podcast könne das Erlebnis eines Live-Auftritts ersetzen, irrt gewaltig. Die Stimmung ist nicht konservierbar, man muß sie selbst vor Ort erleben. Das Menschen gerne Konzerte von Bands besuchen, deren Studio-Aufnahmen sie längst auf Platte (oder CD) zuhause stehen haben, hat ja einen guten Grund.

    Merken Sie sich also den 24. März 2006 vor, an dem die 2. Bayerische Bloglesung stattfinden wird. Denn das wird bestimmt wieder eine Fetzengaudi.

  • Abtrocknen für Fortgeschrittene

    Bei einem ausgewachsenen Menschen, sind je nach Leibesfülle etwa zwei Quadratmeter Haut außenherum. Meinen Untersuchungen zufolge muß ein Handtuch mindestens etwa 0,7 mal so groß wie die Haut sein, die man damit abtrocknen möchte. Den verblüffend einfachen theoretischen Ansatz zu dieser Berechnung werde ich demnächst in einem gesonderten Aufsatz vorstellen. Handelsübliche Badehandtücher mit einer Abmessung von 145 x 95 Zentimetern kommen dem geforderten Wert sehr nahe.

    Allein gibt es in der täglichen Praxis eine signifikante Anzahl von Abweichungen, die sich nicht allein durch Messfehler erklären lassen. Wenn ich mal über Nacht zu Gast bin, wird zum Duschen oft ein Handtuch gereicht, dessen Größe einem Geschirrtuch entspricht. Damit kann ich einen oder sogar mehrere Teller abtrocknen, nicht aber mich selbst. Nach einem ersten Anlauf sind das Handtuch und ich gleichermaßen naß. Ein zweiter Anlauf wäre sinnlos, es sei denn, ich hängte das Handtuch davor einen halben Tag zum Trocknen auf.

    Verstörenderweise wird diese Handtuchsorte beinahe ebensooft gereicht wie das Badehandtuch. Das kann Zufall sein, aber wahrscheinlich ist das nicht. Es wäre also denkbar, daß es Menschen gibt, die in der Lage sind, sich sogar mit einem nassen Waschlappen abzutrocknen.

    Tatsächlich gibt es Hinweise auf diese Möglichkeit. Erstmals bemerkte ich das bei elektrischen Händetrocknern, die man, wenn man Pech hat auf öffentlichen Toiletten antreffen kann. Schon bei meiner ersten Begegnung mit einem solchen Warmluftgebläse kam es mir albern vor, die Hände mit einem Fön zu trocknen. Damals musste ich die Arme weit über meinen Kopf strecken um den warmen Luftstrom zu erreichen. Dabei lief das Wasser von den Händen die Arme entlang nach unten in meine Kleidung hinein.

    Heute klappt das deutlich besser, weil sich das Gefälle inzwischen zu meinen Gunsten verändert hat. Dennoch ist das Konzept insgesamt alles andere als überzeugend. Müßte ein solches Gerät von Berufswegen bedient werden, wäre seine furiose Geräuschentwicklung Grund genug für eine gesetzliche Vorschrift zum Tragen eines Gehörschutzes. Wer nicht gerade Vorstandsmitglied eines Energiekartells ist, dürfte die Methode aus ökonomischer Sicht als völlig hirnrissig empfinden. Kein Wunder also, daß die Apparate so eingestellt sind, daß sie sich möglichst bald von selbst wieder ausschalten. Nur so lassen sich damit bleibende Hörschäden des Anwenders und wirtschaftlicher Untergang des Betreibers abwenden. Leider genügen mir 20 Sekunden nicht, um mir auf diese Art die Hände zu trocknen.

    Sachen die sich zeitgesteuert ausschalten, führen überhaupt oft zu einem völlig anderen als dem gewünschten Ergebnis. Es gibt zum Beispiel Wasserhähne, die wie Toilettenspülungen einmal betätigt werden und dann für eine voreingestellte Zeit Wasser ausstoßen. Diese Zeit ist oft so knapp bemessen, daß man praktisch gezwungen ist, den Knopf mit einem Knie gedrückt zu halten, während man sich die Hände wäscht. Man könnte den Knopf vielleicht auch mit der Stirn betätigen. Die resultierende Körperhaltung ist in jedem Fall unbequem und vor allem über jedes Maß hinaus unwürdig.

    Der Vorwand, durch zeitgesteuerte Vorgänge ließe sich effizienter mit natürlichen Ressourcen umgehen erweist sich ja bereits bei Treppenhausbeleuchtungen als blanker Unsinn. Eine engagierte Hausverwaltung mag messerscharf einen Zusammenhang zwischen den Energiekosten und der Dauer die das Licht brennt erkennen. Sie setzt also die Schaltuhr von drei Minuten auf zwei Minuten zurück. Dadurch erwartet sie eine Verminderung der Betriebskosten um ein Drittel. Was tatsächlich geschieht: Man sperrt die Haustür auf, schaltet das Licht ein, leert den Briefkasten und erklimmt die Treppe zur Wohnung. Plötzlich geht das Licht aus. Man tastet sich also die letzten Stufen herauf und schaltet das Licht wieder ein, um die Wohnungstüre aufzusperren. Das Licht brennt nun also eine Minute länger als vorher und doppelt so lange wie die Hausverwaltung dachte. Zusätzlich muß man einen Teil der Stufen im Dunklen überwinden.

    Ein ganz ähnlicher Schildbürgerstreich war die Einführung der Sommerzeit. Aber das ist eben das Wesen der Verwaltung. Jede Maßnahme die getroffen wird, um einen Mißstand zu beheben, erzeugt sofort mindestens einen neuen. Was nicht funktioniert erfordert zusätzliche Maßnahmen. Das ist aber eine andere Geschichte.
    Selbst wenn ich selbst bestimmen dürfte, wie lange mir warme Luft auf die Hände weht, würde ich dem Gebläse ein Handtuch jederzeit vorziehen. Schon weil bei der elektrischen Methode zwar viel heiße Luft bewegt wird, aber ein Ergebnis lange auf sich warten läßt. Sie könnten nun mit Recht einwenden, Demokratie sei da ganz ähnlich. Händewaschen ist aber eine eher individuelle Tätigkeit, die gefahrlos dem Einzelnen überlassen bleiben darf.

    Wie ich mit einiger Verwunderung feststellen konnte, sind viele Menschen offenbar völlig gebläsekompatibel. Vieler Menschen Hände scheinen bereits nach etwa 10 Sekunden fertig getrocknet zu sein. Allerdings sind die ja auch schon nach flüchtigem Kontakt der Fingerspitzen mit Wasser sauber, wie eine häufig beobachtete Waschtechnik nahelegt. Aber wie ist das möglich?

    Bislang bieten sich zwei Arbeitshypothesen an, die aber noch nicht ausreichend durch Feldversuche untermauert sind:

    1. Inverse Transpiration: Einige Menschen können überschüssiges Wasser gleich durch die Haut in den Körper aufnehmen. Um diese Theorie zu stützen werden Menschen gesucht, die ein Glas Wasser austrinken können, indem Sie einen Finger in die Flüssigkeit tauchen. Bitte probieren Sie das aus und geben mir Bescheid.

    2. Proaktive Desorption: Die Haut einiger Menschen ist von einer Art Teflonbeschichtung überzogen. Möglicherweise durch die Aufnahme von Teflonpartikeln aus Kochgeschirr von denen das Teflon sich ja im Lauf der Zeit ablöst. Von dieser Beschichtung perlen Wasser und Verunreinigungen fast vollständig ab. Eine Sonderzone sind die Ränder der Fingernägel. Die Nägel bestehen aus einem anderen Material. Dadurch bildet sich eine bereits mit bloßem Auge deutlich sichtbare dunkelgraue bis schwarze Grenzschicht. Das Fehlen dieser randständigen Grenzschicht an meinen Fingernägeln deutet darauf hin, daß eine Teflonbeschichtung auf meiner Haut nicht ausgebildet ist.

    Bis dieses Gebiet ausreichend erforscht ist, möge man mir bitte stets ausreichende Handtuchfläche bereit halten. Das wäre nett.