Monat: Mai 2006

  • Preisrätsel

    Um herauszufinden, wie toll Internetseiten sind, gibt es massenhaft höchst erstaunliche Messinstrumente.

    Allen voran sogenannte Counter, deren beste Eigenschaft es wohl ist, daß man sich das Ergebnis weitgehend selbt aussuchen kann. Je nachdem, welches Zählwerk man bemüht, erreicht man eine Leserschaft von x bis 50x, also zum Beispiel 25.000 bis 1 Million.

    Ein noch viel besseres Werkzeug, zur Untersuchung von Internetzangeboten ist eine bildliche Darstellung der Inhalte und Verweise zwischen den einzelnen Seiten, wie sie aharef.info anbietet. Anstelle einer vagen Aussage bekommen Sie dort hübsche Bilder aus bunten Kreisen die mit grauen Linien verbunden sind.

    Die Ähnlichkeit der Bilder mit Strukturen von chemischen Formeln soll der Gegenstand des Preisrätsels sein. Wem es als erstes gelingt, eine Internetadresse in den Kommentaren zu diesem Beitrag zu hinterlassen, die von aharef.info so dargestellt wird, wie ein Ethanolmolekül, gewinnt.

    Als Preis winken wahlweise 250 g Weihrauch „Drei Könige“,

    oder 200 g gekochte Maronen (mindestens haltbar bis 30.09.2006):

    Einsendeschluß ist der 15.6.2006.

  • Herr Poodle

    Der große stuttgarter Volksdichter war immer auch ein Volkskritiker. Er besaß ein ausgeprägtes Sensorium für dem Zeitgeist geschuldete Fehlentwicklungen, etwa der schleichenden Kommerzialisierung des Blogwesens.

    Seine literarische Laufbahn begann im April 2005, als er mit seinen beiden Zwergteufeln die “Segnungen des Natrium Bicarbonicums” untersuchte. Auf seine Privatstudien geht auch die bis heute gültige Taxonomie der Bäckereifachverkäuferinen zurück, die seinerzeit das Bäckerhandwerk revolutionierte.

    Als Autor genoß er international höchstes Ansehen. Allein im österreichischen Magazin Mindestens Haltbar publizierte er mehrere Aufsätze von epochaler Tragweite. Unter anderem sein viel beachtetes Interview über die anstehende Fußball-Weltmeisterschaft.

    Dank seiner Verdienste um die ernsthafte Musik, war Herr Poodle längst Träger der Carl Philipp Emanuel Bach Medallie, als er sich unvoreingenommen dem Studium der Unterhaltungsmusikgruppe The Sealevel widmete, die daraufhin Weltruhm erlangte.

    Wenn er nicht gerade die schlimmsten Städte Deutschlands kategoriserte, verschreib er seine Freizeit der Entwicklungshilfe. So gestaltete er nicht nur ehrenamtlich die Periodika von Frau Schnatter, Herrn Prof. Uhlig und dem Club der halbtoten Dichter, sondern verschaffte immer wieder auch einfachen Geistern Gehör, wie etwa seinem Jugendfreund Hajott.

    Voller Güte hat er ohne Federlesen einen Obdachlosen zu seinem Privatsekretär gemacht, dem er stets jede Schwäche zu verzeihen bereit war.

    Herr Poodle war auch ein Freund der Frauen. Erika Pluhar gehörte ebenso zu seinen glühenden Verehrerinnen wie Frau Wortschnittchen und Frau Fragmente, denen er stets mit Respekt begegnete.

    Seine philosophisch getönten, konservativen Gedanken über das Zeitgeschehen waren stets von Ehrlichkeit und Leidenschaft getragen, hingegen voller Misstrauen angesichts von Ideologieeifer und vernebelter Theorie.

    Bis zuletzt glaubte der brilliante Satiriker an die gesunde Auffassungsgabe der Menschen, die ihn immer wieder enttäuscht hatten.

    Herr Poodle starb am 19.05.2006 in Stuttgart.

  • Blumen und Schilder

    Wenn Leute zwischen zwei Orten hin und her laufen müssen, die durch eine Wiese getrennt sind, wird alsbald ein Trampelpfad entstehen, der eine direkte Linie zwischen beiden Orten bildet, auch wenn um die Wiese herum bereits ein Weg angelegt ist.

    Man kann nun ein Schild in die Wiese rammen, das besagt, es sei verboten, den Rasen zu betreten. Vielleicht eher zwei, nämlich eines an jedem Ende des Trampelpfades. Schöner wird die Wiese dadurch nicht, aber es geht ja ums Prinzip.

    Weil auf dem Pfad längst kein Rasen mehr wächst, der sich schonen ließe, werden viele den Pfad weiterhin nutzen. Also braucht es als nächstes einen Zaun, der den ihn absperrt.

    Dann aber werden sich bald weitere Trampelpfade zu beiden Seiten des Zauns bilden. So muß schließlich die ganze Wiese umzäunt werden.

    Allerdings werden viele Menschen über den Zaun klettern, um ihren gewohnten Weg zum Ziel zurückzulegen. Um das zu verhindern wird ein Wächter nötig, der den Zaun beobachtet.

    Damit alle den Wächter ernst nehmen, muß er mit Macht ausgestattet werden und es müssen Strafen verhängt werden.

    So geht das immer weiter, bis die ganze Wiese ein mit Stacheldaht bewehrtes Schlammloch ist und niemand mehr von der einen auf die jeweils andere Seite möchte. Die beiden Orte werden überflüssig, weil jene die sie einst belebten und brauchten längst vertrieben und hinter Gittern sind.

    Man hätte den ersten Trampelpfad auch befestigen können, damit niemand durch knöchelhohen Matsch waten muß. Man hätte ihn mit Blumenbeeten säumen können, damit er hübsch anzusehen ist. Es hätte weniger gekostet, als einen Zaun zu errichten und die Wiese wäre noch da. Aber wer braucht schon Blumen, wenn es auch Schilder gibt?

  • Nutzloses Wissen II

    Süßspeisen mit Orchideen könnten Sie für ein neuartiges Lifesyle-Dessert halten. Tatsächlich waren die aromatischen Samenkapseln dieser Pflanze bereits den mexikanischen Ureinwohnern als Gewürz bekannt. Diese größte Art der Orchideen ist eine tropische Kletterpflanze, die heute hauptsächlich auf Madagaskar gedeiht.

    Einst von den spanischen Eroberern nach Europa eingeführt, kennen Sie den süße Duft und Wohlgeschmack der kleinen schwarzen Kügelchen in ihrem Eis längst als Vanille.

  • Zu Ihrer eigenen Sicherheit

    Vor was, HypoVereinsbank, wollen Sie mich eigentlich schützen, wenn Sie mir den Zutritt zu Ihren Geldautomaten an der Münchner Freiheit nach 22.30 Uhr verweigern? Sie bescheiden mir per Schild an der Scheibe:

    „Zu Ihrer eigenen Sicherheit ist der Zugang zu unserem SB-Bereich nur zwischen 9.00 Uhr und 22.30 Uhr möglich. Wir danken für Ihr Verständnis.“

    Ihren „SB-Bereich“ empfinde ich zwar durchwegs unbehaglich, aber keineswegs sehe ich mein Leib und Leben in Gefahr, sobald ich diesen betrete. Das übrigens ganz unabhängig von der Tageszeit.

    Müsste ich befrürchten, daß eines der Geräte mir die Finger abtrennt, sobald ich nach den ausgezahlten Banknoten greife? Mutiert Ihr Automatenarsenal nächtens gar zu einer Art unkontrollierbarem Robotermob, daß mich zerreissen könnte, falls ich meine Geheimzahl falsch eintippe? Vielleicht fröhnen die Geräte bereits schon am frühen Abend dem Angebot der Schwabinger 7, so, daß sie ab halb elf bereits im Vollrausch ein paar Nullen an den Buchungsbetrag anhängen.

    Bedrohlich finde ich es dagegen, wenn Sie sich ungeprüft für mein Verständis bedanken, es also schlichtweg voraussetzen. Sie geben mir damit zu verstehen, daß es Ihnen völlig egal ist, ob ich mit Ihrem Treiben einverstanden bin.

    Zu Ihrer eigenen Sicherheit, werde ich künftig keine Gebühren an Sie entrichten und danke für Ihr Verständnis.

  • Küchenwerkzeug

    Diese zugegeben diletantische Aufnahme zeigt ein in meiner Küche unentbehrliches Instrument. Der Sinn dieses Werkzeuges mag sich selbst dem kartoffelpüreeaffinen Leser nicht auf den ersten Blick erschließen, weil Kartoffelbrei inzwischen meist aus gefriergetrockneten Flocken aus dem Hause namhaften Lebensmittelchemiefabrikanten zubereitet wird.

    Obwohl diese Kunstprodukte konstant eine vergleichsweise verträgliche Konsistenz haben und seit Jahrzenten gleichbleibenden Geschmack aufweisen, will ich mich nicht so recht damit anfreunden.

    Lieber stelle ich Kartoffelbrei selbst her. Aus mehlig kochenden Kartoffeln, Milch und viel Butter. Dazu Salz, auf jeden Fall Muskatnuß, gerne etwas Hühnerbrühe und aus optischen Gesichtspunkten lieber weißen als schwarzen Pfeffer.

    Damit die Speise eine luftige Konsistenz erhält, muß die Milch kochend mit einem Schneebesen unter die zerstampften Kartoffeln gerührt werden. Der elektrische Pürierstab ist da als Ersatz für den Stampfer komischerweise völlig ungeeignet. Er zeitigt aus noch unerforschten Gründen nichts als Kartoffelschleim.

    Wer sich vor kleinen Kartoffelstückchen fürchtet, kann die gekochte Knolle auch getrost durch die flotte Lotte drehen, oder durch eine Kartoffelpresse quetschen. Ich stampfe lieber, weil es weniger Aufwand ist.

    Das abgebildete Instrument ist dafür besser geeignet als jedes andere, das ich je verwendet habe. Es arbeitet sich gleichmäßig durch die Kartoffelmasse, lässt sich leicht reinigen und besticht obendrein durch angenehm einfache Gestaltung. Es ist ja im Grunde nur ein Stück Draht. Aber eben geschickt gebogen.

    Eine weitere Stärke zeigt dieses Werkzeug übrigens bei der Herstellung einer speziell in Bayern beliebten Zubereitung aus Frischkäse und Camembert. Ein halbes Kilo Obatzda mit einem bestielten Lochblech herzustellen geht nämlich gar nicht. Mit diesem Stück Draht ist es dagegen ein reines Vergnügen.

    Leider ist unklar, wer der mutmaßlich italienische Hersteller dieses Kartoffelstampfers ist. Ich erstand ihn einst preiswert in einem ansonsten grotesk teuren aber exzellent sortieren Küchengeschäft in der Hackenstraße.