Autor: Fellow Passenger

  • Plagegeister die mich riefen

    Obschon das Leben von Tag zu Tag, ja gar von Minute zu Minute moderner wird, nuzt die Menschheit nicht die Zeit, darüber nachzudenken, wie man es sich gemütlicher machen kann. Im Gegenteil setzen Ingenieure sogar alles daran, immer neue Wege zu finden, wie wir uns nerven lassen können. Mit Telephonen zum Beispiel, die man ständig mit sich herumtragen soll, um jederzeit und an jedem Ort sofort wie der Pawlowsche Hund sabbernd auf ein mißtönendes Alarmsignal zu reagieren.

    Diese Vorstellung hat sich anruferseits bereits so stark etabliert, daß es auch bei Anrufen auf dem heimischen Apparat offenbar erforderlich ist, innerhalb von 5,7 Sekunden den Anruf entgegenzunehmen. Nun bin ich ja noch einigermaßen sportlich, aber soll ich auf ein Telephongetriller hin Besteck, wie Teller fallen lassen und einem zu Tode erschreckten Orang Utan gleich durch die Wohnung rennen?

    Das soll ich wohl, werde es aber nicht. Niemals!

    Ein Protokoll der verpassten Gelegenheiten:

    Aus dem Schlaf gerissen, durch unaufgefordert eingehenden Anruf eines Unbekannten.

    „Fellow Passenger, guten Morgen.“

    „Tut … tut … tut …“

    Duschen. Nach der Rückkehr aus dem Badezimmer, eine Nachricht von einem unbekanntem Anrufer auf dem Anrufbeantworter. Die hochinteressante Information: „Tut … tut … tut …“

    Frühstück. Nach der Rückkehr aus der Küche, ein Anruf ohne hinterlassene Nachricht. Rufnummer unbekannt.

    Einkaufen. Danach eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter. Nummer keine, Nachricht: „Tut … tut … tut …“

    Im Ergebnis konnte hier offenbar viel operative Hektik ausgelebt und verbreitet werden. Ein Austausch von Informationen oder Kommunikation fand nicht statt. Ist wahrscheinlich auch nicht so wichtig.

    Es würde mich allerdings schon interessieren, was das für Leute sind, die da anrufen. Ich stelle mir vor, daß sie in Zellen sitzen, die so klein sind, daß das Telefon nie weiter als eine Armlänge entfernt ist. Diese Zellen können die Anrufer nicht verlassen, weshalb der Raum anstelle eines Sessels mit einer Toilette möbliert ist. Weil Essen viel zu lange dauern würde, führt ihnen eine Magensonde durch die Nase ständig einen künstlichen Nährbrei zu, der telephonisch nachbestellt wird. Vielleicht haben sie das Telephon auch bereits längst implantiert.

  • Es ist alles unterhöhlt

    Die Kunden des Englischen Internet-Dienstleisters Plusnet Technologies Ltd in Sheffield können dessen Mitarbeitern gleich live im Internet zuschauen, wie sie ihre Arbeit verrichten, in der Nase bohren, oder private Telefongespräche führen.

    Das können nicht nur die Kunden von Plusnet, sondern jeder der einen Internetzugang hat. Um das Videoüberwachungssystem dieses Unternehmens anzuzapfen braucht man nichts weiter als eine Suchmaschine wie Gooogle.

    Sucht man nach inurl:“axis-cgi“ site:plus.net, spuckt der Suchdienst die Internet-Adressen von acht Überwachungskameras aus, die in den Büroräumen des Unternehmens angebracht sind: Kamera 1, Kamera 2, Kamera 3, Kamera 4, Kamera 5, Kamera 6, Kamera 7, Kamera 8

    Zugegeben: Das dort gebotene Programm ist kaum spannender als eine beliebige Folge von Big Brother. Dort wissen die Teilnehmer aber immerhin, daß sie gefilmt werden. Ob die Mitarbeiter des Internet-Anbieters ahnen, daß ihnen die ganze Welt bei der Arbeit zusehen kann, ist dagegen eher fraglich.

    Die Gooogle-Suche ist natürlich nur ein Beispiel. Wenn Sie „site:plus.net“ weglassen, finden Sie noch 24.000 weitere lustige Überwachungskameras rund um den Planeten. Manche lassen sich über die eingebaute Weboberfläche sogar neigen, drehen und zoomen.

    Wer sich gerne nach einzelnen Ländern durch das Überwachungsfernsehprogramm im Internet zappt, ist bei opentopia.com gut beraten. Interessant ist dort ein Vergleich der Anzahl der angebotenen Kanäle pro Nation. So führt die Schweiz mit 8,43 Kameras pro 1 Million Personen deutlich vor Österreich mit einer Rate von 3,00, denen die USA knapp mit 2,31 folgt. In China kommt sogar nur eine Kamera auf 1306 Millionen Personen. Deutschland bringt es auf 0,61.

    Die Videoüberwachungssysteme, die von staatswegen betrieben werden, sind natürlich bestens geschützt. Schließlich geht es um unsere Privatsphäre.

  • Ein gepflegtes Bier

    „Was ist eigentlich ein gepflegtes Bier?“, fragt Johnny Häusler in seinem neuesten Podcast auf Spreeblick. Der Bedeutung dieses eigenartigen Begriffs ist der Fellow Passenger einmal nachgegangen.

    Über die Pflege des Bieres bekommen die Wirte von den Brauereien umfangreiche Abhandlungen. Da geht es neben der richtigen Lagertemperatur zwischen 6 und 8 Grad Celsius auch darum, daß die Fässer nach dem Transport zuerst einige Zeit ruhen müssen, ehe sie angezapft werden dürfen.

    Eine wesentliche Rolle spielt auch, wie die die Gläser gespült werden. Haushaltsspülmittel sind ungeeignet, weil sie entweder Fettspuren oder eigene Rückstände hinterlassen können, die den Schaum des Bieres in kürzester Zeit zusammenfallen lassen.

    Auch das Zapfen selbst erfordert eine gewisse Kunstfertigkeit, will man der Pflege des Bieres genügen. Zapft man das Bier in einem Zug, so bildet sich ein relativ grobporiger Schaum, der rasch wieder zusammenfällt. Feiner, fester und haltbarer wird der Schaum beim Zapfen in mehreren Anläufen.

    Dafür zapft man zunächst schnell unter starker Schaumentwicklung, bis das Glas — vorwiegend mit Schaum — gefüllt ist. Nun heißt es abwarten, bis der Schaum sich um die Hälfte gesetzt hat. Dabei platzen vorwiegend die großen Bläschen, während die kleinen erhalten bleiben. So wird der Schaum fester. Dann schenkt man nach und wartet erneut. Dieser Vorgang wird so lange wiederholt, bis das Glas optimal befüllt ist. Das ist dann der Fall, wenn die Flüssigkeit knapp zwei Finger breit unter dem Eichstrich steht und der Schaum einen Finger breit über den Glasrand hinaussteht. (Für Erbsenzähler: Schaum hat etwa das doppelte Volumen von Bier. Wenn eine Halbe wie beschieben aussieht, sind tatsächlich 500 ml Bier drin.)

    Das Ergebnis ist ein gepflegtes Bier, wie es inzwischen leider eine Seltenheit ist.

    Heute muß ja alles immer möglichst schnell gehen. Deswegen wird ein Bier in einem Rutsch gezapft und weil der Schaum meist schon weg ist, wenn die Bedienung es abholen kommt, haben Zapfhähne inzwischen längst einen Schaummodus. Der Schankkellner drückt, sobald die Bedienung naht, den Hebel in die entgegengesetzte Richtung wodurch nur Schaum aus dem Zapfhahn auf das schaumlose Bier im Glas quillt. Auch dieser Schaum hält kaum länger als 30 Sekunden, was gerade reicht, um das Bier zum Gast zu tragen.

    Darum steht der Begriff gepflegtes Bier inzwischen auch für ein Bier, daß in aller Ruhe genossen wird.

  • Radio Passenger III

    Heute ein kurzer Beitrag über Bayern und Dichtkunst.

    [audio:3.bayern.mp3]

    Download (mp3, 3:57 min, 1,68 MB)

  • Requiem

    Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten
    haut ein böser Mann zwei Häuser klein
    Längst zu müde um die Wahl zu streiten
    darf George endlich mal der Macher sein

    Die Freiheit muß jetzt schwinden
    Gegen Terror ist kein Kraut gewachsen
    doch beides lässt sich schön verbinden
    man erfindet einfach böse Achsen

    Der Taliban bekommt nun richtig Senge
    Afghanistan ist gar nicht involviert
    nur smart und harmlos, doch mit Strenge
    wird es deshalb höflichst bombardiert.

    Weil sich’s Bush nicht merken kann
    wo der üblen Schurken Länder liegen
    kommt der Irak als nächstes dran
    Schließlich geht es um den Frieden

    Sinister waren Saddams schwere Waffen
    vielleicht auch eher nicht vorhanden
    weil doch in Beweisen Lücken klaffen
    und auch die Kontrolleure keine fanden

    Darum haben wir dabei nicht mitgemacht
    nur der BND ein wenig und auch heimlich
    hat der Bomben schöne Ziele ausgemacht
    daß man’s heute weiß ist etwas peinlich.

    Der Herr Schröder hat uns angeschmiert
    dort wie hier, das zeigt der Arbeitsmarkt
    Inzwischen ist der Kanzler abserviert
    und aus reiner Not sogar die CDU erstarkt

    Mehr Arbeit gibt’s zwar trotzdem nicht
    weil wir ja Computer und Maschinen haben
    Dafür bekommt ein Feindbild grünes Licht:
    der Arbeitslose will sich an uns laben.

    Der Terrorist und auch der Arbeitlose
    sind schließlich schuld an der Misere
    die müssen weg, sonst geht’s in die Hose
    nur das Grundgesetz kommt in die Quere

    Beim Fußball kann gar zu viel passieren
    Demokratie und Freiheit braucht’s da nicht
    drum soll dabei die Bundeswehr marschieren
    zugleich wird die Überwachung aller Pflicht

    Der Menschen Rechte werden leise abgeschafft
    Fürs Internet und alles and’re kommt Zenszur
    einfach, weil der Wähler sowieso nichts rafft
    und fertig ist die lang vermisste Diktatur

  • Fußball WM 2006 vorerst gerettet

    Nachdem die Absage der für den Sommer 2006 geplanten Spiele um die Weltmeisterschaft im Fußball wegen der Vogelgrippe immer wahrscheinlicher wurde, scheint die Veranstaltung nun zunächst gerettet. Abseits billiger Geschäftemacherei mit der Angst vor der bevorstehenden Pandemie, hat nun das Zuverlässige institut für parAsitiFerismus (ZAF) eine hochwirksame Schmierinfektionsimpfung gegen das tödliche Virus H5N1 entwickelt.

    Zwar steht die offizielle Zulassung als Arzneimittel noch aus, dennoch bietet die ZAF die im Selbstversuch getestete, einzigartige, weltweit patentierte, exorbitante, narrensichere Methode zur Immunisierung bereits kostenlos online an.

    Noch ist nicht sicher, ob die bislang erst im Menschenversuch getestete Methode auch bei Nutztieren wie etwa Möven und Schwänen funktioniert.

    Unklar bleibt außerdem, ob die mit der WM 2006 verbundene Gefahr einer Besetzung Deutschlands durch die Achse des Bösen ohne Verhängung des Ausnahmezustands und Einsatz der Streitkräfte abzuwenden ist.

  • Radio Passenger II

    Fellow Passenger nimmt den Bildungsauftrag war und liest Poodle.

    [audio:2.daressalam.mp3]

    Download (mp3, 12:56 min, 12 MB)

  • Aus berufenem Mund

    Bei Hetemeel, können Sie aber auch selber an die Tafel schreiben, wie uns Herr Häusler berichtete.

  • Favicon bei Bloglines

    Es geht um dieses kleine Symbol, das bei handelsüblichen Internet-Browsern neben der Adresse der Seite angezeigt wird. Das nennt man „Favicon“. Eigentlich sollte das auch bei Bloglines, diesem RSS-Lesedienst zu sehen sein. Bei einigen Blogs ist das auch so. Beim Fellow Passenger und vielen anderen aber nicht.

    Kann mir jemand sagen, woran das liegt? Oder besser: Kann mir jemand sagen, was zu tun ist, um das Ding dort angezeigt zu bekommen?

  • Religionsunterricht

    Müssen Kinder in der Grundschule eigentlich heute auch noch das Fach Religion belegen? So daß sie die Klasse nicht bestehen, wenn Sie eine schlechte Note in Religion haben? Bei mir war das nämlich so. Es gab je nach Taufschein katholischen oder evangelischen Religionsunterricht. Moslems, Hindus, Atheisten, Juden, Heiden, Agnostiker, Buddhisten oder Mormonen sollten stattdessen Ethikstunden besuchen. Theoretisch zumindest. Praktisch gab es die nämlich gar nicht. Deshalb sollte man, beziehungsweise die Eltern, gefälligst zwischen katholischem und evangelischem Unterricht wählen.

    Dank meines Vaters ist die Rechnung der frömmelnden Pädagogikbürsten aber nicht aufgegangen. Nix war’s mit der Missionierung des jungen Fellow Passenger. Denn Papa sagte, „Ich wünsche nicht, daß mein Sohn sich diesen gefährlichen Unsinn anhört.“

    Die Direktion der Schule war nicht bereit, für diesen einzelnen Ketzer einen eigenen Lehrer abzustellen. (Was falsch ist. Ich bin nicht getauft, also kein Ketzer sondern ein Heide, der es eben einfach nicht besser weiß.) Deswegen wurde ich in den Religionsstunden vom Unterricht freigestellt und durfte mit meinem Vater heiße Schokolade trinken gehen und über den Kleinhesseloher See rudern. Schließlich war der Aufsichtspflicht genüge zu leisten.
    Das blieb nicht ohne Folgen. Es gab ja noch andere Schüler, die keine Christen waren, deren Eltern sich aber zunächst den Regularien gebeugt hatten. Die wollten nämlich plötzlich auch lieber an unseren Ausflügen teilhaben, als dem Religionsunterricht beizuwohnen. So wurde unsere Ausflugsgruppe allmählich größer.

    Kurz darauf verstreuten wir Schüler uns allerdings auf verschiedene andere Schulen, was seitens des Lehrkörpers sicherlich als vorteilig empfunden wurde. Die Lehranstalt in der Simmernstraße ging ja nur bis zur vierten Klasse.

    Hoffentlich ist die Religionsfreiheit heute etwas realer.