Autor: Fellow Passenger

  • Geisterjagd

    Nach einem Unfall wendete sich unsere Haus- und Hofgrafikerin mit einem ungewöhnlichen Hilferruf an den Fellow Passenger, das Fachmagazin für außersinnliche Wahrnehmung und metaphysische Auffälligkeiten.

    Zunächst sah es wie eine technische Fehlfunktion aus. Frau Haffman* war gerade dabei, einen Drucker an ihren Rechner anzuschließen. Als sie das dafür vorgesehene Netzwerkkabel berührte, durchzuckte sie plötzlich ein heftiger Schmerz, den sie wie einen elektrischen Schlag beschrieb. Unmittelbar danach gab sie an, sich ungewöhnlich lebhaft zu fühlen, was unser kurz darauf eintreffender Berichterstatter bestätigen konnte.

    Der hinzugezogene Computerhändler konnte eine Fehlfunktion jedoch ausschließen. „Das ist absolut unmöglich“, erklärte der Fachmann aufgelöst. Hier konnte es nicht mit rechten Dingen zugehen. So viel war klar.

    Unmittelbar nach dem Eintreffen des eilig zusammengestellten Exorzistenteams des Fellow Passenger konnte Frau Haffman sich nicht mehr klar erinnern, ob das Netzwerkkabel im entscheidenden Augenblick mit dem Computer oder dem Drucker verbunden war. Insgesamt wirkte sie verwirrt und apathisch. Der zur Beruhigung verabreichte Glühwein „Heißer Bischof“, vermochte keine Linderung herbeizuführen. Frau Haffman gab unterdessen ihrem dringenden Verlangen nach, kleinere Wildtiere zu verzehren.

    Die nähere Untersuchung ihrer Behausung förderte grausiges zutage.

    Affenkopf in der Holzdiele

    Nicht nur der Computer, sondern auch die Bodendielen (siehe Foto), waren offensichtlich von Dämonen durchsetzt. Leider wird eine weitere Berichterstattung durch die Intervention einer Abordnung der Kongregation für die Glaubenslehre erschwert, die sich 22 Stunden nach dem Vorfall einfand und den Ort des Geschehens gegenüber der Öffentlichkeit völlig abgesperrt hat.

    Weil die Stelle des Präfekten der Kongregation für die Glaubenslehre Kardinal Joseph Ratzinger durch dessen kurzfristige Berufung zum Papst noch immer vakant ist, soll der Pontifex Benedikt XVI Gerüchten zufolge selbst zur Austreibung angereist sein. Zu einer Stellungnahme gegenüber dem Fellow Passenger war er bislang nicht verfügbar.

    *Name von der Redaktion geändert

  • Propaganda für Fortgeschrittene

    Herr Paulsen hat bei sich eine Leseempfehlung zum Thema Bild ausgesprochen. Im Großen und Ganzen gibt es über Bild nichts neues mehr zu erfahren. Andererseits ist die Gefahr groß, daß diese Jauchegrube durch Gewohnheit dem Bewußtsein entschwindet, wenn man sich nicht dann und wann darüber aufregt.

    Manchmal möchte man denken, Bild sei ein unverstandenes Satireblatt, dessen Erfolg darin begründet liegt, daß seine Leser es mit einer Zeitung verwechseln. Tatsächlich ist dieses Gossenblatt ein perfekt gestimmtes Machtinstrument, das heute die Inquisition des Mittelalters ersetzt. Schon damals war das Spektakel einer öffentlichen Hexenverbrennung von unwiderstehlicher Anziehungskraft für die Zuschauer und zugleich den Oberen ein wirksames demagogisches Werkzeug. Heute geht der sensationslüsterne Voyeur nicht mehr zum Markplatz, sondern kauft sich eine Bild, um sich an Schadenfreude und Grusel zu laben.

    Wenn es stimmt, daß die täglich gedruckten 3,7 Millionen Exemplare tatsächlich von 12 Millionen Menschen gelesen werden, was vermutlich glatt gelogen ist, erreicht Bild ein Viertel aller Wahlberechtigten. Da wird ersichtlich, was der Slogan, „Bild Dir Deine Meinung“, eigentlich bedeutet. Mitnichten ist hier der Bild-Leser aufgefordert sich ein klares Urteil zu verschaffen. Vielmehr richtet sich diese Aufforderung an jene, die eine zweckdienliche Meinung zu etablieren wünschen.

    Auch die aktuelle Kampagne „Schluß mit Bild — Bund der Sozialschmarotzer“, et cetera, wird kaum die Leser im Visier haben — zu kompliziert ist der Gedankengang für Menschen, denen man sonst nicht einmal zutraut, Sätze zu begreifen, die mehr als ein Dutzend Wörter umfassen. Allein geballte Medienmacht wird hier feilgeboten. Sinngemäß lautet die Botschaft: Wer ein Feindbild braucht, um seine Interessen durchzusetzen, stellt sich besser gut mit Bild. So blöken denn auch Politiker ihre Wahlappelle mitten aus dem Sumpf siechender Schauspieler, Penisrissen, Photos von Kinderleichen und sonstigen Bild-Spezialitäten entgegen. Eine Praxis, die Gerhard Henschel im Online-Merkur ausführlich kritisiert.

    Ein Ende dieser Schlammschleuderei fordert auch Michael Naumann in der Zeit. Anlaß war ihm eine Bild-Schlagzeile die unverhohlen hoffnungsfroh die Frage stellt, ob die im Irak entführte Susanne Osthoff enthauptet wird.

    Ein Ende ist freilich nicht in Sicht. Denn Bild steht nicht für sich allein. Die Schmuddelpostille existiert, weil täglich ein Millionenpublikum begierig darauf wartet, diesen Dreck in sich aufzusaugen. Solange es Dummheit gibt, wird Bild sie begleiten.

  • New Economy Residue

    Microsoft Frontpage stellt sich wieder einmal als ideales Werkzeug heraus, auch dem Laien visuelle Kommunikation ohne Weiteres zugänglich zu machen. Ein facettenreiches Beispiel zeigt der sensationelle Internetauftritt eines höchst erstaunlichen Musikantenpaares das sich der Darbietung von Unterhaltungsmusik verschrieben hat.

  • Weltformel entdeckt

    Was bislang niemand je für möglich gehalten hätte ist nun tatsächlich eingetreten. Unzählige Ehen sind bereits daran zugrunde gegangen, wie Loriot in dieser Geschichte bereits anschaulich darstellte. Endlich ist die Frage erschöpfend beantwortet, wie lange ein Ei kochen muß, damit es die Bezeichnung weichgekochtes Ei verdient. Die Formel sei nur eine erste Näherung, sagt sein genialer Entdecker Werner Gruber von der Universität Wien bescheiden, doch sei sie experimentell bestätigt und für die praktische Anwendung ausreichend genau.

    Und so sieht sie aus, die Formel, die sowohl die Größe als auch die jeweilige Lagertemperatur eines Hühnereies berücksichtig, ja sogar die Siedetemperatur des Wassers, die je nach dem, ob man sich auf dem Gipfel des Mount Everest oder auf dem Grund des Mariannengrabens aufhält, höchst unterschiedlich ist:

    Phyikalische Formel für weichgekochte Eier

    t – Nötige Kochzeit
    d – Durchmesser des Eies
    TWasser – Siedetemperatur
    TStart – Anfangstemperatur des Eies
    TInnen – Zieltemperatur des Eiinneren (für ein weiches Ei 62 °C)

  • Ionfresher

    Das ist jetzt sicher eine bittere Enttäuschung für alle Fans des legendären Ionfresher, eine Maschine um Luft zu säubern des Versandhauses Pro Idee, aber ich muß jetzt einfach mal zwei Sachen klarstellen:

    1. Diese Seiten sind ein angesehenes Kultur-Blog und kein Internet-Shop oder Verbrauchermagazin für überflüssige Elektroartikel. Deshalb finden Sie hier über den Ionfresher nur eine wesentliche Information, nämlich folgende:
    2. Das Gerät ist, wie Sie auf der Seite des Anbieters Pro-Idee leicht ersehen können, nicht mehr erhältlich.

    Wie Sie sehen, können sich also die Google-Suche nach dem erstaunlichen Apparat getrost schenken. Daß der Fellow Passenger dort an erster Stelle zur Lektüre empfohlen wird hat zwei Gründe:

    1. Pro Idee hat mir vor langer Zeit unaufgefordert einen Prospekt in meinen SPIEGEL gelegt, der dem Lufterfrischer völlig irrsinnige technische Daten unterstellte, weshalb ich mich veranlaßt sah, dies in einem offenen Brief an den Anbieter zu rügen.
    2. Google mißt verständlicherweise dem honorigen Fachmagazin für Halbwissen einen erheblich höheren kulturellen Stellenwert bei, als dem schwindligen Web-Shop.

    All das ist kein Grund für Trübsal. Glauben Sie mir, was Sie hier zu lesen bekommen ist wesentlich erfrischender als das vergriffene Elektrogerät und im Gegensatz dazu völlig kostenlos.

    Und huhu, Pro-Idee! Nachdem spätestens nach diesem Posting Deine Kunden ja jetzt praktisch alle vom Fellow Passenger statt von Google kommen, könntest Du Dich ja vielleicht mit einer kleinen Spende für Peppy den Papyrus revanchieren.

  • Vorne Einsteigen!

    Die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist dem kultivierten Menschen stets eine arge Belastung. Zu deprimierend ist die herzerweichende Dummheit, zu erschöpfend die skrupellose Rücksichtslosigkeit vieler Fahrgäste.

    Viele U-Bahn-Fahrgäste sind der Auffassung, alle anderen stünden nur auf dem Bahnsteig herum, weil die sonst kein Dach über dem Kopf hätten. So öffnen sie von der Wagentür nur die eine Seite, jenen kleinen Spalt, der ihnen gerade genügt um selbst in den Waggon zu schlüpfen. Tatsächlich trachtet aber die Mehrzahl der Wartenden danach, ebenfalls ihrerseits den Zug zu betreten. Weil es vielen Mitmenschen jedoch an Eigeninitiative und visionärer Kraft mangelt, nehmen sie die Situation als unabwendbar gegeben hin und zwängen sich schicksalsergeben, einer nach dem anderen, ebenfalls durch die kleine Öffnung, bis sich schließlich ein mit Augenmaß gesegneter Mitreisender erbarmt und auch die andere Hälfte der Tür öffnet.

    Schon vor einigen Jahren hat die Münchner Verkehrsgesellschaft bei ihren U-Bahnen eine technische Neuerung eingeführt, die ich hier lobend erwähnen möchte. So öffnen sich seitdem wie von Geisterhand beide Türflügel, selbst wenn ein egozentrisch veranlagter Reisender nur einen der beiden Hebel betätigt.

    Bei den neuestens eingeführten Zügen wurde dieses hervorragende System aber überflüssigerweise wiederum ersetzt. Der Aus- oder Einsteigewillige muß nun eine Sensorfläche berühren, sobald die sie umkränzenden Lämpchen in der richtigen Farbe leuchten. Jedoch keinesfalls vorher, sonst passiert nämlich gar nichts. So sieht man nun hilflose Menschen die, der gewohnten mechanischen Kontrolle beraubt, wie dressierte Affen hektisch auf der kleinen Scheibe herumtatschen.

    Überhaupt ist zu beobachten, daß technische Neuerungen an MVG-Fahrzeugen nur selten zu Verbesserungen führen. Moderne Trambahnen beispielsweise, sind so konstruiert, daß es im ganzen Vehikel nur zwei Stehplätze gibt an denen man niemandem im Weg steht. Aus naheliegenden Gründen sind sie zumeist von Kinderwägen besetzt.

    Eine weitere Hürde stellen die Lichtschranken in den Türen dar, welche die früheren einwandfrei funktionierenden mechanischen Schalter in den Gummilippen und Trittstufen abgelöst haben. In die Lichtschranke ragt nun bei regem Betrieb grundsätzlich ein Gepäckstück oder Rockzipfel hinein, was dem Betriebsgeschehen äußerst abträglich ist und häufig unwirsche Ermahnungen des Fahrers auslöst.

    Während vor ein bis zwei Dekaden noch dem Dümmsten einzuleuchten schien, daß die Kunst des Aus- und Einsteigens in eben genau dieser Reihenfolge liegt, ist der Umstand, daß es umgekehrt nicht funktionieren kann, inzwischen offenbar in Vergessenheit geraten. So sieht man sich bei dem Versuch ein Nahverkehrsmittel zu verlassen zunehmend Menschenmengen gegenüber, die nicht nur unnachgiebig den Ausstieg blockieren, sondern mit roher Gewalt ihren sofortigen Einstieg durchsetzen wollen.

    Wo moderne Technik und Indolenz nicht ausreicht, um den Betrieb zu stören, muß das Personal nachhelfen, indem es gezwungen wird despotische Fieberphantasien der Betriebsleitung in grausige Realität umzusetzen. Das geschieht beim Busfahren, dem mit einigem Abstand abscheulichsten Angebot öffentlicher Fortbewegung. Schon von weitem bellt der Busfahrer über die Lautsprecheranlage den in eisiger Kälte wartenden Fahrgästen den Befehl, „Vorne Einsteigen!“ entgegen. Dann fährt er das Fahrzeug freilich so weit an den Frierenden vorbei, daß alle von ihnen hinter der letzten Tür stehen. Ganz vorne öffnet sich eine etwa 80 Zentimeter breite Einstiegsluke, während die restlichen vier Ausstiege verschlossen bleiben, bis alle eingestiegen sind. Darum klettern die Aussteigewilligen drinnen erst mal unter Mühsal durch diese unwürdig kleine Öffnung ins Freie.

    Danach herrscht der Fahrer die Einsteigenden an, ihre Fahrscheine vorzuzeigen. Wer noch keinen hat, erhält barsch die Anweisung unverzüglich einen solchen am Automaten zu lösen und anschließend erneut vorstellig zu werden. Erst dann öffnet der Buskommandant die restlichen Türen, vermutlich um zu Lüften, denn wer aussteigen wollte hat das ja bereits bewerkstelligt.

    Um die lästigen Verzögerungen wieder wettzumachen befleißigt sich der Busdiktator einer ausgesprochen sportlichen Fahrweise, die ohne Sitzplatz oder Eishockey-Schutzausrüstung kaum frei von Blessuren zu überstehen ist.

    Wer über ein Kraftfahrzeug verfügt, sollte also ruhig einmal die öffentlichen Verkehrsmittel stehen lassen.

  • Kino in München

    Gemeinsam mit dem SPIEGEL und Spiegel Online untersucht Anke Gröner, warum es um den finanziellen Erfolg der Kinos so schlecht bestellt ist.

    Dabei geht es nebenbei auch um Multiplex-Kinos. Die haben durchaus Vorteile, wie eine Bestuhlung, die angemessene Beinfreiheit bietet große Leinwände und gute Tonanlagen. Nachteilig ist dagegen der hohe Eintrittspreis und die unmäßig lange Werbung, die

    Was mich an Multiplexen am meisten schreckt, ist die oft haarsträubend schlechte Qualität der Vorführung. Im MaxX in München war bei drei von vier Besuchen nicht richtig scharf gestellt, zweimal war der Ton zu leise und wurde erst auf Nachfrage lauter gestellt. An der unscharfen Projektion wurde trotz Reklamation nichts geändert.

    Offensichtlich reicht es eben nicht aus, wenn ein einziger Vorführer sieben Säle bedienen soll. Scharf stellen geht am Besten, wenn Schrift im Bild zu sehen ist. Verpaßt der Vorführer diesen Zeitraum, weil er sich gerade einem anderen Saal widmet hat der Besucher Pech gehabt. Um festzustellen, ob die Lautstärke stimmt, muß der Vorführer den Saal persönlich betreten, denn im Projektionsraum kann man das nicht beurteilen. Unter Umständen sogar mehrmals. Dafür hat er aber in einem Multiplex oft keine Zeit. Seltsamerweise hat im Mathäser das sogar 14 Säle hat bislang immer alles gestimmt.

    Weil mir allerdings weder 30 Minuten Werbung, noch diese Massenabfertigung behagen, gehe ich lieber ins Cinema oder ins Arri die beide mit riesigen Leinwänden und gewaltigen THX-Systemen gesegnet, dabei aber trotzdem preisgünstiger sind. Wahrscheinlich haben Multiplexe eben höhere Kosten, weil sie viele Leute bezahlen müssen, die herumstehen und aufpassen, daß sich niemand verläuft. Vielleicht ist auch das Popcornverkaufspersonal zu teuer. Aber eigentlich habe ich keine Ahnung, warum schlechte Vorführungen und die doppelte Zeit an Werbung höhere Eintrittspreise mit sich bringen.

    Fairerweise muß man sagen, daß das Arri-Kino kein gewinnorientiertes Wirtschaftunternehmen ist, sondern ein Prestigeobjekt des Kameraherstellers und Kopierwerks. Das Cinema ist das aber und kann offensichtlich davon existieren, obwohl es zwischen 50 Cent und 4,50 € weniger Eintritt verlangt, als das Mathäser.

    Ich kann aber durchaus auch einen Besuch im Werkstattkino genießen, obwohl das wirklich eine schmuddelige Flohkiste ist. Dafür werden dort Filme gezeigt, die sonst nirgendwo zu sehen sind. „Wasted„, zum Beispiel.

    Für leise Filme gehe ich auch gerne mal ins Studio Isabella, weil es für mich zu Fuß in fünf Minuten zu erreichen ist. Filme wie „Maria voll der Gnade“ kann man sich gut mit Stereoton auf einer fünfeinhalb mal zweieinhalb Meter großen Leinwand ansehen.

    Was das Kinoangebot betrifft, hat man es in München wirklich ziemlich gut.

  • Wunschkonzert

    Internetradio fand ich immer etwas rückschrittlich, weil es ein lineares Medium ohne Interaktionsmöglichkeit ist, wie eben Radio. Vor einigen Jahren ging dann last.fm online, ein Internetradio, bei dem das Programm sich im Lauf der Zeit dem persönlichen Geschmack des Hörers anpaßte. Dazu muß er nur die gespielten Titel bewerten. Dabei wertet last.fm Ähnlichkeiten im Geschmack der Hörer aus.

    Wie gerade im Club der halbtoten Dichter zu lesen war, bietet Pandora einen neuen Ansatz. Nach eigenen Angaben haben sie das „Genom der Musik“ entschlüsselt, was wohl nichts anderes heißen soll, als daß sie die etwa 300.000 Titel von 10.000 Künstlern anhand einer ziemlich umfangreichen Liste an Kriterien bewertet haben.

    Einen kleinen Einblick nach welchen Kriterien Pandora bestimmte Titel zu spielen für angebracht hält, bekommt man durch einen Klick auf die Frage „Warum haben Sie dieses Lied gespielt?“. Da steht dann zum Beispiel, „Nachdem, was Sie uns bisher mitgeteilt haben, spielen wir diesen Titel, weil er eine weiche Gesangsstimme, leichte rhythmische Synkopierung, eine Mischung aus akustischer und elektrischer Instrumentierung und viele andere Ähnlichkeiten aufweist, die im Music Genome Project erfaßt sind.“

    Um den Einstieg zu finden, braucht man nichts weiter zu tun, als den Namen eines Liedes oder Interpreten einzugeben, der einem besonders gut gefällt und schon wird man angenehm mit ähnlichen Tönen umschmeichelt. Gefällt einem der gerade gespielte Titel nicht, kann man ihn ähnlich wie bei last.fm aussortieren.

    Damit man auch in anderen Stimmungslagen stets das richtige auf die Ohren bekommt, kann man im kostenlosen Angebot von Pandora bis zu 100 verschiedene „Radiosender“ anlegen. Pandora kündigt an, diese kostenlose Variante demnächst mit Werbung zu versehen. Ob der Hörgenuß künftig von Webespots unterbrochen wird oder nur Anzeigen auf der Seite eingeblendet werden, während die die Musik weiterspielt, ist nicht ersichtlich.

    Das Angebot ist aus lizenzrechtlichen Gründen bislang eigentlich auf die USA beschränkt. Dennoch hat Pandora sich aber weder an der Liechtensteiner E-Mail-Adresse, noch an der deutschen IP-Adresse gestört, die für diesen Test verwendet wurde.

    Man kann nur hoffen, daß Pandoras Geschäftsmodell aufgehen wird, denn dieses Web-Angebot ist ausgesprochen kurzweilig.

  • Zu Risiken und Nebenwirkungen…

    fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker. Täglich wird uns dieser Befehl eingehämmert, so oft, daß wir ihn schon gar nicht mehr bewußt wahrnehmen. Die beabsichtigte Wirkung dieses Mantras ist nicht erkennbar. Deutlich sichtbar sind dagegen Nebenwirkungen wie Langweile, Desinteresse und Resignation.

    Wie würde man wohl mit einem Gesprächspartner umgehen, der seine Ausführungen alle paar Minuten um die Aussage ergänzt, „bevor Sie eine Socke oder einen Strumpf anziehen, prüfen Sie die Länge Ihrer Fußnägel“? Abhängig von den verfügbaren Werkzeugen und Ihren anatomischen Kenntnissen würden Sie ihn entweder knebeln, bastonieren, ihm die Stimmbänder entfernen, oder eventuell sogar Gewalt anwenden, um der stumpfsinnigen Berieselung schnellstmöglich zu entgehen.

    Ähnlich verhält es sich mit dem epidemisch um sich greifenden Hinweis auf ein Urteil des Landgerichts Hamburg, das zu der Auffassung kam, wer unter Jubelgeschrei auf eine fremde Internetseite verweist, sich auch selbst deren Aussage zueigen macht und dafür geradestehen muß, wenn von vorneherein klar war, daß dort was verbotenes zu sehen ist. Dabei darf man, das sagt das Urteil auch, durchaus auf Seiten verweisen, die offensichtlich ungesetzlich sind, wenn man dazu sagt, daß man den verlinkten Inhalt nicht gut findet.

    Leider sind die meisten Macher privater Internetseiten in Deutschland durch haarstäubende Einfalt gezeichnet und von vorauseilendem Gehorsam erfüllt. So belästigen sie ihre Leser wieder und wieder mit dem immer selben pseudojuristischen Textbaustein, den sie voller Stolz als „obligatorischen Disclaimer“ zu betiteln Pflegen.

    Selbst durch den einfachen Terminus „ausdrücklich distanzieren“ sind sie heillos überfordert. Dabei ist das nun wirklich einfach. Dennoch will ich hier ein frei erfundenes Beispiel anführen:

    „Der unerträgliche Angeber Don Alphonso, wurde kürzlich bezichtigt, ein kleiner, dicker Troll zu sein.“

    Das ist eine deutliche Distanzierung, weil „unerträglicher Angeber“ ja kaum als Empfehlung verstanden werden kann. Schreibe ich hingegen

    „Der großartige Dichter und Schöngeist Herr Poodle fiel einem freiwilligen Art Director zur Last“

    hilft es auch nicht, wenn ich weiter unten schreibe, daß ich mich „ausdrücklich von den Inhalten aller Seiten distanziere auf die ich verweise“. Allenfalls würde Herr Poodle sich wundern, was ich gegen seine Internetseite habe.

    Trotzdem gibt es selbst sieben Jahre nach diesem Gerichtsurteil sogar eine Disclaimer-Seite, deren Textbaustein sogar besagt, daß der Betreiber einer Internetseite, die auf ihn verweist, sich von diesem distanziert.

    Warum diese nervtötenden Disclaimer völlig unsinnig sind, können Sie übrigens auch bei Michael Jendryschik nachlesen.

  • Blogrecycling

    Angeregt durch den illusteren Herrn Ole aus Absurdistan, zitiere ich hier nun den 5. Satz aus der 23. Ausgabe des Fachmagazins für Halbwissen „The Fellow Passenger“, dessen 166. Ausgabe sie soeben lesen:

    Etwas, woran er sich beim Schreiben festhalten kann.

    Ein Satz, der alleine gar nicht leben kann. Vielleicht hätte ich an das Ende des Satzes davor, lieber ein Komma setzen sollen. Aber so gefiel es mir besser. Und daß ich diesen Satz einst zitieren würde, konnte ich damals freilich nicht ahnen.

    Gut daß ich nicht so etwas an Hemmingway angelehntes schrieb, wie etwa, „Er setzte sich hin. Um zu Sterben. Im Regen. Allein.“

    Andererseits könnte ich aufgrund dieser Stöckchenaktion natürlich versuchen, meine Artikel künftig in einem einzigen Satz abzuhandeln, wie ja auch Kleist, der für seine undendlich tiefen Verschachtelungen von Sätzen einigen Ruhm erlangte, schon mehrere Buchseiten ohne einen Punkt zu setzen zu füllen vermochte, auch wenn das der Lesbarkeit seiner, oder auch meiner Ausführungen nicht gerade zuträglich ist, was nicht bedeuten soll, daß ich mich mit Kleist zu messen beabsichtige, was aber auch auf der anderen Seite einigermaßen mühevoll zu schreiben ist, weil man sehr leicht den Überblick verliert worüber man schon berichtet hat und welcher Satzteil noch seiner ausgefeilten Vervollständigung harrt, obwohl er bereits recht komplett klingt, aber eben nicht ist, weil sozusagen das Ende fehlt, was dem gepeinigten Leser schließlich erst die Bedeutung des Geschriebenen offenbart, die er zuvor ja nur vermuten, aber nicht wissen kann, was man ihm selbstverständlich nicht verübeln mag, weil sich in der deutschen Sprache der Sinn eines Satzes häufig erst mit dem letzten Wort erschließt oder, anders gesagt, durch das Fehlen des letzten Wortes die Aussage eines Satzes vollständig verloren geht, warum die „Bild“ sogar damit rechnet, daß der Leser den Anfang eines Satzes bis zu dessen Ende bereits wieder vergessen hat und daher keine Sätze schreibt, die länger als zwölf Wörter sind, was allerdings weit weniger ist, als ich für durchaus zumutbar erachte und deshalb gerne überschreite, wenn ich Texte verfasse, von denen ich hoffe, daß sie mit einigem Genuß gelesen werden, wobei ich aber das Rezeptionsvermögen des Lesers nicht über Gebühr in Anspruch nehmen möchte und daher in Zukunft darauf verzichten werde.