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  • Fundamentaler Agnostiker

    Moderne Hassprediger die etwas auf sich halten, fanatisieren ihre Anhänger gerne mit Videotraktaten. Eine geschickte Wahl, da die Schriftform allzuvielen potentiellen Selbstmordattentätern mangels ausreichender Alphabetisierung schlicht nicht zugänglich wäre. Im Vergleich zu einer reinen Tonaufnahme ist Ton mit bewegten Bildern wesentlich einprägsamer — selbst wenn nichts weiter zu sehen ist, als jemand der etwas in ein Mikrophon sagt.

    Das bedauerliche an solchen Aufnahmen ist, daß jene Bewohner der westlichen Welt gegen die sie sich bevorzugt richten, die Sprache nicht verstehen. Nur weil man von jemandem als ungläubig geziehen wird erstirbt ja nicht gleich jegliche Neugier über die konkreten Vorwürfe, Drohungen und Rachegelüste. Man fragt sich unweigerlich, was genau denn etwa Osama bin Laden nun eigentlich in einer seiner berüchtigten Videobotschaften von sich gegeben hat.

    Vielleicht erinnern Sie sich noch an Herrn Abu Musab al-Sarkawi. Bevor er von der Presse schließlich als Top-Terrorist anerkannt wurde, hatte er unter anderem für einige Zeit das Amt des irakischen Verteidigungsministers inne oder war zumindest befugt, der Presse eine Erklärung zur Lage des Irak während des Angriffs der Allianz der Willigen abzugeben. In der ins Deutsche übersetzten Fassung war die Rede davon, daß die US-Soldaten sich beim schieren Anblick der irakischen Schwerter selbst entleiben würden. Oder so ähnlich. Eingedenk solch ebenso blumiger wie absurden Prognosen mag man sich fragen, ob die Übersetzer ihr Handwerk verstanden.

    Vermutlich nicht. Zu nahe liegt rückblickend die Vermutung, er könne in Wahrheit gemeint haben, Amerika würde sich selbst mit diesem Krieg keinen rechten Gefallen tun. Eine These immerhin, die sich nicht mehr ohne weiteres als nur das debile Gefasel eines weltfremden Psychopathen von der Hand weisen läßt. Es könnte durchaus auch wohldurchdachte Propaganda gewesen sein, deren Sinngehalt in der Übersetzung verloren ging.

    Selbst Übersetzungen aus der in Europa ja sehr geläufigen Englischen Sprache ins Deutsche erweisen sich immer wieder als mangelhaft. So führt die Unkenntnis von Redewendungen in mindestens einer der beiden Sprachen zuweilen sogar zur Entstehung von neuen Redewendungen. Die deutsche Sprache wäre wohl nie um den Ausdruck, „der frühe Vogel fängt den Wurm“, bereichert worden, hätte der Übersetzer gewußt, daß die deutsche Entsprechung, „Morgenstund‘ hat Gold im Mund“, lautet.

    Ungeachtet dieser Schwierigkeiten ist es erfreulich, daß unser England-Korrespondent nun die Hasspredigt des Briten Pat Condell wider den Islam entdeckt hat, der sie in seiner Muttersprache vorträgt. Wenn Sie des Englischen mächtig sind, sei Ihnen diese Videobotschaft zu Ihrer Unterhaltung anheimgestellt: The trouble with Islam.

  • Port Elisabeth

    Sollten Sie je nach Port Elisabeth kommen und, vor allem, einen Sinn für Skurilitäten haben, verbringen Sie eine Nacht im Backpackers Base Camp. Entgegen der fortwährenden Beteuerungen der Betreiberin befindet sich Port Elisabeth Central nicht wirklich in einer sonderlich gepflegten Gegend. Genaugenommen ist es unweit des dortigen Elendsviertels.

    Elend ist es auch, in Südafrika mit einem Automobil zu reisen, weil die Wilden auf der falschen Straßenseite zu fahren belieben. Damit nicht genug: Die Fahrzeuge werden auch verkehrt herum zusammengebaut. Das Lenkrad befindet sich auf der rechten Seite und der Schaltknüppel links davon. Sie können sich keine Vorstellung davon machen, wie oft Sie bei dem Versuch den Gang zu wechseln, versehentlich mit der rechten Hand aus dem Fenster greifen. Die Wilden sind keineswegs einsichtig, was die Wahl der Straßenseite betrifft, wie anhand des folgenden Dialogs offensichtlich wird:

    „You drive on the wrong side of the road.“
    „No, you do. Here we go on the left side.“
    „That’s what I’m saying. You don’t go on the right side.“
    „Right, it’s left.“
    „Right is not left.“
    „That’s right. But the left side is the right side.“

    Sie bemerken bereits die Ausweglosigkeit, die in Südafrika fuer so viele Unterfangen bezeichnend ist.

    Nicht ohne Ausweg ist besagter Aufenthalt in Backpackers Base Camp. Treffen Sie die in Ihren frühen 70ern befindliche Betreiberin in Ihrem Schlafgemach, das als Rezeption dient. Der graumelierte Herr an ihrer Seite ist der Gemahl, den Sie nicht weiter beachten.

    Erleben Sie, wie die Matriarchin ihre Bediensteten herumkommandiert, beispielsweise wenn sie einen Fleck auf einem Bettuch entdeckt. „Charlotte, come quickly“, kreischt sie frenetisch mit sich überschlagender Stimme.

    Zweifellos ein großes Erlebnis ist es, wenn der ebenfalls dort hausende rund 30-jährige Sohn, seine Mutter um Geld bittet und sie dann mitbekommt, daß er im Begriff ist, dafür etwas Kokain zu kaufen. Dann erhebt sie Ihre Stimme um den Anbieter auszutreiben. „Don’t you sell this to my son! I curse you! I curse you!“

    Dazu wedelt sie mit einem mit Aluminiumbronze angestrichenen Rosenkranz aus Kunststoff, den sie sonst in einem kleinen Metalldöschen aufbewahrt. Manchen Gästen vertraut sie zuweilen an, daß es sich dabei um eine Reliquie handelt, die einem ihrer Vorfahren persönlich überreicht wurde — und zwar vom Papst. Von welchem ist allerdings unklar.

    Wenn Ihnen diese Gastlichkeit zu viel wird, mieten Sie sich am Besten ein Auto, zum Beispiel bei Aroundaboutcars und ergreifen die Flucht. Man wird Ihnen den Wagen direkt vor der Haustüre übergeben und Sie können je nach Wetter- und Verkehrslage in fünf Stunden in Cintsa sein. Dabei handelt es ich um eine kleines Dorf 20 Kilometer nördlich von East London, landschaftlich sehr ansprechend in einer malerischen Bucht am indischen Ozean gelegen.

  • Expedition nach Suedafrika

    Suedafrika hat den Vorzug, nicht von Portugiesen oder gar Franzosen unterjocht worden zu sein, sondern von der englischen Krone. Aus diesem Grund ist die Mehrzahl der Einwohner des Englischen mehr oder weniger maechtig.

    Der „Sommer“, wie die Eingeborenen die Regenzeit euphemistisch bezeichnen, dauert von Dezember bis Februar. In dieser Zeit ist der Himmel stets bedeckt und Regenschauer wechseln sich mit schweren Gewitterstuermen in unvorhersehbarer Folge ab.

    Die Wilden, von denen Suedafrika bevoelkert wird, lassen sich grundsaetzlich in zwei Staemme einteilen, die sich auch vom Laien einfach durch ihre Hautfarbe unterscheiden lassen. Die eher traegen, harmlosen Schwarzen sind in der deutlichen Ueberzahl. Der andere Stamm ist von weisser Hautfarbe und durch gewisse Durchtriebenheit gepraegt. Frueher hat er die Schwarzen haeufig verschleppt, unterdrueckt und sogar versklavt. Heute blicken wir in das neue Suedafrika, wo nicht mehr zwischen schwarz und weiss unterschieden wird, sondern zwischen arm und reich.

    Anstelle von Geld hat sich in Suedafrika der Rand etabliert. Noch ist unerforscht wo die Mitte zwischen den Raendern liegt. Vermutlich ist der Rand deswegen ein wilder Wust von bedruckten Baumwoll-Lumpen und kleinen Blechscheiben die voellig wertlos sind. Um einen Inlandsflug von Johannesburg nach Port Elisabeth zu bezahlen verwendet man besser eine Kreditkarte, weil die notwenige Anzahl der Randlappen zu hoch ist, als dass sie in einen der Bankautomaten passen wuerde. Zumindest kann man dort nicht so viel abheben, wie man im Geschaeft nebenan ausgeben moechte.

    In einer Unterkunft nahe des Flughafens Johannesburg (Airport Backpackers) lassen wir uns einen Tag Zeit um unsere Expedition vor Ort genauer zu planen. Der ortsansaessige Eingeborene nimmt uns freundlich auf und macht uns mit den Gebraeuchen seiner Sippe vertraut. Um das mit einem Elektrozaun und Stacheldraht umgebene Grundstueck zu betreten muessen wir eine sechsstellige Nummer am Tor eintippen. Der Suedafrikaner lebt gerne in einem Gefaengnis.

    Unsere naechste Etappe soll Port Elisabeth sein.

  • Demokratischer Wahlcomputer

    Weil heutzutage viele Menschen mehrere Berufe ausüben müssen, um über die Runden zu kommen, lassen sich nicht mehr genügend Wahlhelfer finden, die Zeit hätten Stimmzettel zu zählen. Außerdem führt das sinkende Bildungsniveau dazu, daß die wenigen Wahlhelfer die Stimmen nicht mehr von Hand zusammenrechnen können. Also bleibt nur ein Ausweg: Der Computer.

    Die Wahlcomputer von NEDAP werden aus psychologischen Gründen „Wahlmaschinen“ genannt. Man soll nicht daran denken, daß man mit diesen Computern alles mögliche machen kann. Schachspielen oder Wahlen fälschen, zum Beispiel. In Hamburg hat man sich deutlich mehr Mühe gegeben und elektronische Stifte von Anoto gekauft, die viel moderner sind. Mit einem Wahlzettel aus Spezialpapier weiß nach dem Ankreuzen der Stift, wo das Kreuz gesetzt wurde, weil er mit seiner eingebauten Minikamera ein unsichtbare Muster auf dem Papier filmt. Das teure Papier dessen Zustand der Wähler nicht prüfen kann, wird nach der Wahl ungezählt weggeworfen. Dann kann es überhaupt niemand mehr prüfen. Gezählt wird nur was der Stift sagt. Kurzum ist eine demokratische Wahl damit leider auch nicht durchzuführen, was der Chaos Computer Club auch bereits beschrieben hat.

    Derzeit gibt es kein elektronisches Verfahren, daß geeignet wäre, um eine ordnungsgemäße demokratische Wahl durchzuführen. Wir haben deshalb in unserem Labor für praktische Demokratie ein Experiment durchgeführt:

    Zunächst erhält der Wähler einen Stimmzettel aus normalem Schreibpapier und einen Buntstift. Beides nimmt er in die Wahlkabine mit. Hier zeigt sich der erste Schwachpunkt, denn der Wähler ist unbeaufsichtigt und könnte unbemerkt den Stift austauschen, so daß nachfolgende Wähler die Kreuze mit einer anderen Farbe setzen. Der Einsatz von „Geheimtinte“, die nach einiger Zeit verschwindet ist aber bei Buntstiften kaum unentdeckt zu bewerkstelligen.

    frisch gepflückter Stimmzettel

    Zur Veranschaulichung zeigen wir hier eine anonymisiertes Aufnahme der Wählerhand unmittelbar vor der Kreuzigung.

    Der Testwähler setzt seinen dokumentenechten Buntstift zur Kreuzigung an

    Um das Wahlgeheimnis zu wahren, wird der Stimmzettel zusammengefaltet und unter Aufsicht in der bereitstehenden Wahlurne gesammelt:

    Weißer Zettel in roten Eimer geben

    Nach der Schließung der Wahllokale werden die Stimmzettel entfaltet und in einen völlig veralteten Scanner gelegt:

    Alter Scanner mit geschlossenem Deckel

    Mit Hilfe quellenoffenener Programme erfolgt die elektronische Auswertung der Stimmen am Computer:

    Bildschirmfoto mit Auswertung

    Unter Laborbedingungen gelingt die Auszählung bereits in 20 Sekunden pro Stimme. Im praktischen Einsatz wäre ein schnellerer Scanner mit Stapeleinzug und die Verwendung einer Bilderkennungssoftware anzuraten, wodurch die Verarbeitungszeit auf einen Bruchteil reduzieren ließe.

    Fazit: Gar nicht so schwierig. Allerdings kann man auch hier nie sicher sein, ob im Computer alles mit rechten Dingen zugeht. Zudem ist unklar, ob diese Methode auch bei schwierigeren Wahlverfahren (Bandagieren, Kopulieren, Träufeln) funktioniert. Wenn man auf den elektronischen Teil verzichtet, ist dieses Verfahren aber nach unserem Ermessen optimal. Es ist nachvollziehbar, anonym, manipulationssicher, rundum demokratisch und funktioniert sogar bei Stromausfall oder Regen.

  • Verkannte Genies

    Erfinder haben es oft schwer. Selbst jene Genies die ein fertig aufgebautes und voll funktionsfähiges  perpetuum mobile im Keller betreiben kommt in letzter Sekunde etwas in die Quere, wenn es gilt die Menschheit von allen Sorgen zu befreien. Seien es die unnachgiebige Bürokratie der Patentämter, die  hartnäckig auf dem Energieerhaltungssatz herumreiten, oder die Nachstellungen von Industriemagnaten, die rücksichtslos ihre Pfründe sichern wollen.

    Die Herren Reinhard und Günther Fuchs aus München sind wohl so ein Fall. Auf der Internetseite dieser unerschrockenen Visionäre ist die Lösung der Energieversorgung der Welt zum Greifen nah:

    Die Sonne liefert uns 10000 mal mehr Energie, als die Menschen jemals benötigen

    Herauszufinden, wieviel Energie die Menschen in den nächsten paar Millionen Jahren genau benötigen werden,  war sicher nicht ganz einfach. Aber solche Details sollen uns jetzt nicht kümmern, denn „das Verfahren dazu ist von uns [R. u. G. Fuchs] fertig entwickelt und jederzeit einsatzbereit“.

    Allein Formalien trennen die Menschheit noch vom Paradies. Formalien und der seit Tesla verbreitete Irrtum, Wechselstrom sei dem Gleichstrom überlegen. Nur einer Verschwörung der Kupferverarbeitenden Betriebe ist es geschuldet, daß dieser Fehler keine Beachtung findet, wie die Herren Fuchs im Kapitel „Die falsche Weichenstellung“ wissenschaftlich fundiert ausführen.

    Hoffentlich können die beiden Retter der Welt sich bald mit einem kompetenten Ansprechpartner aus der Wehrbebrange zusammenfinden. Intellektuelles Format und gestalterische Treffsicherheit würden auf jeden Fall gut passen.

  • Annalist schreibt wie es ist

    Wer mal lesen möchte wie es einem ergeht, wenn das Bundeskriminalamt erstens der Auffassung ist, das Anzünden von Automobilen sei Terrorismus und zweites, daß jemand der in seinen Aufsätzen die gleichen Wörter verwendet wie ein Brandstifter in einem Bekennerschreiben dann wohl ein Terrorist sein muß, der kann das bei Annalist tun.

    Annalist ist allem Anschein nach das Weblog der Gemahlin von Dr. Andrej H., jenem Soziologen dem die Staatsanwälte die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung unterstellen, sich aber offenbar ziemlich schwer tun, dafür Beweise zu finden. Das obwohl sie die vierköpfige Familie bereits seit über einem Jahr observieren läßt.

    Jene Leser, die erwägen demnächst Scheiben einzuwerfen oder Sachen anzuzünden bitten wir dringend davon abzusehen Wörter wie Mottentennis oder Reisefernsprecher zu verwenden, damit unsere Redaktion nicht demnächst wegen Terrorverdacht im Kerker schmachten muß. An die Leser vom BKA: Diesen Kee, der da völlig unverständliches Zeug faselt und einen der Begriffe dabei verwendet kennen wir nicht.

  • Hinreißende Herbstmetapher

    Die Bäume behandeln ihr Laub wie Siemens seine Mitarbeiter. Nachdem sie für neues Wachstum gesorgt haben, werden sie einfach als Ballast abgeworfen, um so in einer neuen Saison als Dünger für die nächste Generation zu dienen.

    Gelesen bei den Kollegen von dauerfeuerverarsche.de.

  • Fellow Passenger gefährdet China

    Offenbar sind die hier veröffentlichten Informationen von erheblicher Brisanz für die Unabhängigkeit Chinas. Damit das Chinesische Volk nicht auf falsche Gedanken kommt, blockiert seine Regierung den Zugriff auf das Fachmagazin für Halbwissen.

    Welche weiteren Internetseiten sich aus China ebenfalls nicht aufrufen lassen, können Sie auf greatfirewallofchina.org selbst nachschlagen.

    [Update:]Anscheinend gibt es auf greatfirewallofchina.org zur Zeit technische Probleme. Auch google.cn wird als blockiert gemeldet, was vermutlich nicht wirklich der Fall ist. Wir werden den Test über die nächsten Tage weiterführen.

  • Sagen Sie mal, Herr Schäuble,

    als Sie auf der Präsentation des Buches „Das Ende der Privatsphäre. Der Weg in die Überwachungsgesellschaft.“ von Peter Schaar, ins Publikum plärrten, „reißen Sie ihre Navigationssysteme aus dem Auto“ und „kaufen Sie sich wieder einen Stadtplan“, haben Sie da einfach nicht gewußt, daß Navigationssysteme GPS-Empfänger sind und Ihren Ermittlern nur dann Positionsdaten übermitteln können, wenn die gleich selbst mit im Auto sitzen und halt aufs Display schauen? Oder war es am Ende eine Finte, auf daß alle Terroristen sich anhand ihrer Fahrzeuge zu erkennen geben aus deren Armaturenbrett nur noch ein paar Drähte quellen? Das fänden wir dann allerdings doch ziemlich, nun ja, gerissen.

    Ihre Stadtplanbenutzer vom Fellow Passenger

    [via]

  • Böser Hund

    Aus irgendeinem Grund scheinen Hundemännchen bei der Wahl eines Geschlechtspartners besonders sorglos zuwerke zu gehen. Beim ersten Mal mag man sich noch geschmeichelt fühlen, wenn der beste Freund des Menschen sich vor lauter Sympathie anschickt, einem im Liebestaumel die Wade zu begatten. Die Erfahrung läßt jedoch annehmen, daß Hunde überhaupt dazu neigen, in dieser Hinsicht auf Abwege zu geraten. Ungeachtet aller anatomischen Inkompatibilität sucht dieses Tier sein Glück bei allem was sich bewegt, ganz ohne daß es ihm auch nur peinlich wäre von seinem Halter sogleich gemaßregelt zu werden. Allenfalls dieser oder das jeweilige Objekt der Begierde empfinden Scham, die dem Hund völlig fremd ist. So tauschen sie leicht betreten Entschuldigungen aus, beziehungsweise bekräftigen die Belanglosigkeit der ach so kurzen Affaire.

    „Ich muß mich für mein Haustier entschuldigen, mein lieber Herr Birkenschaber. Es lag nicht in meiner Absicht, Sie von meinem Hund, äh, nun ja, vögeln zu lassen. “

    „Bitte machen Sie sich keine Gedanken, Herr Pfannsauer. Es handelt sich ja schließlich nur um Ihren Hund und nicht um Ihre Gemahlin. Obwohl ich nicht mit Sicherheit sagen kann, ob mir das angemessener erschienen wäre.“

    Dieser Dialog klingt äußerst unwahrscheinlich. Vielleicht weil er erfunden ist. Die bei solchen Gelegenheiten tatsächlich ausgetauschten Worte sind zwar üblicherweise auch gelogen, aber dafür viel langweiliger.

    Langweilig erscheint auch die jüngst im „Spiegel“ abgedruckte Anzeige eines großen Fabrikanten von Fernsehapparaten in der eine junge Dame ihr Spiegelbild liebkost, welches sie in einem der beworbenen Geräte erblickt.

    Junge Frau liebkost ihr Spiegelbild im Luxusfernsehgerät

    Bild: Anzeige im „Spiegel“ 40 / 1.10.07

    Weil der heillos überforderte Fernsehkonsument offenbar längst eine Vorliebe dafür entwickelt hat, sich selbst in allen Facetten des Elends zu betrachten, kann man ein Fernsehgerät mit einem Spiegel anstelle einer Mattscheibe als hintersinnnige Gesellschaftskritik empfinden.

    Wäre es andererseits chauvinistisch, wenn man als Betrachter der Anzeige die abgebildete Dame sogleich von Ihrem Objekt der Begierde mit dem Wort „pfui“ trennen möchte? Kann sie nicht einfach mit dem Ball spielen, der gleich neben Ihr im Körbchen liegt?