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  • Piraten

    Totenkopfflagge der Piraten

    Der französische Freibeuter Bartholomew Roberts, der als Erfinder des Jolly Roger gilt, jener schwarzen Totenkopfflagge die einst Piratenschiffe kennzeichnete und heute als Vereinsstandarte eines Hamburger Fußballclubs dient, hätte sicher nicht schlecht gestaunt, wenn man ihm im 17. Jahrhundert etwas über LRAD erzählt hätte. Long Range Accoustic Device nennt sich ein Aparat mit dem Handels- und Kreuzfahrtschiffe sich heute gegen Piraten zur Wehr setzen können sollen. Das Gerät sendet ein sehr zielgerichtetes und derart lautstarkes Pfeifen aus, daß es dem Getroffenen starke Schmerzen verursacht. So stark, daß ihm nichts anderes übrig bleibt als die Panzerfaust sinken zu lassen und die Flucht zu ergreifen.

    Mit Panzerfäusten und Maschinengewehren sind Piraten nämlich heute unterwegs. Von romantischen Helden wie Störtebecker haben moderne Piraten vermutlich nie gehört. Überhaupt haben Piraten es nicht mehr so schön heutzutage. Kaum ein souveräner Staat will ja noch Kaperbriefe ausstellen. Mit öden Produktplagiatoren müssen Sie den Begriff der Piraterie teilen. Ja nicht einmal einen Mast haben ihre Schiffe, um die schwarze Flagge zu hissen. Statt auf stolzen Schiffen zu fahren müssen sie sich mit popligen Nußschalen nachts auf hohe See wagen. Das moderne Piratendasein ist ein Jammertal. Jetzt soll ihnen auch noch mit einem hochfrisierten Ghettoblaster der Garaus gemacht werden.

    Entwickelt wurde diese Schallwaffe ursprünglich im Auftrag des Pentagon. Nach Recherchen des Fellow Passenger hat die Deutsche Bahn die Funktionsweise erfolgreich mit der Lautsprecheranlage am Münchner S-Bahnhof Karlsplatz-Stachus an ihren Fahrgästen erprobt. Aber auch andere zivile Abnehmer können diese Vorrichtung inzwischen für rund 30.000 Dollar erwerben.

    Viele Reeder scheuen jedoch noch diese Investition, obwohl es laut eines Berichts von Telepolis auf den unser Leser Herr Papakiesel hinwies, der Besatzung des Kreuzfahrtschiffes Seabourn Spirit gelungen ist, einen Angriff von Piraten abzuwehren.

    Möglicherweise werden die Reeder aber nicht durch den hohen Preis des LRAD abgeschreckt, sondern vielmehr durch den geringen Preis eines wirkungsvollen Gegenmittels. Gerade 12 Cent muß der technisch versierte Pirat pro Mann und Kaperfahrt investieren, um sich vor der Beschallung wirksam und hygienisch zu schützen. Ein Exemplar der neuen Geheimwaffe der Piraten wurde der Redaktion des Fellow Passenger von einem Piratenausrüster zugespielt, der nicht genannt werden möchte:

    Ohrstöpsel

    Die aus dem weichen Kunststoff Polyuretan geschäumten Pfropfen werden zunächst durch Rollen zwischen den Fingern verkleinert und in den Gehörgang eingeführt wo sie sich wieder ausdehnen und für Ruhe sorgen. Nach erfolgreichem Entern werden die Stöpsel einfach entfernt und über Bord geworfen.

  • Mord ist gar nicht erlaubt

    Einen Menschen vorsätzlich zu töten ist oftmals verständlich, gilt aber als Mord und ist nicht nur in Deutschland gesetzlich verboten. Der reaktionäre Think Tank Todesstrafe für Kinderschänder sieht es ganz anders.

    Gleich ob Sie Überwachungskameras in jedem Haushalt durchsetzen möchten oder genetische Fingerabdrücke der gesamten Bevölkerung des Landes zu erheben wünschen, dort finden Sie ohne weiteres breite Zustimmung.

    Falls Sie mal einen aufgebrachten Mob brauchen, um eher verfassungsfeindlichen Vorstellungen öffentlich Nachdruck zu verleihen finden Sie dort eine Leserschaft, die zu über 46 Prozent die Auffassung vertritt, der Galgen sei ein zeitgemäßes Mittel deutscher Rechtsfindung.

    Off with his head! What’s for breakfest anyway?

  • Geisterjagd

    Nach einem Unfall wendete sich unsere Haus- und Hofgrafikerin mit einem ungewöhnlichen Hilferruf an den Fellow Passenger, das Fachmagazin für außersinnliche Wahrnehmung und metaphysische Auffälligkeiten.

    Zunächst sah es wie eine technische Fehlfunktion aus. Frau Haffman* war gerade dabei, einen Drucker an ihren Rechner anzuschließen. Als sie das dafür vorgesehene Netzwerkkabel berührte, durchzuckte sie plötzlich ein heftiger Schmerz, den sie wie einen elektrischen Schlag beschrieb. Unmittelbar danach gab sie an, sich ungewöhnlich lebhaft zu fühlen, was unser kurz darauf eintreffender Berichterstatter bestätigen konnte.

    Der hinzugezogene Computerhändler konnte eine Fehlfunktion jedoch ausschließen. „Das ist absolut unmöglich“, erklärte der Fachmann aufgelöst. Hier konnte es nicht mit rechten Dingen zugehen. So viel war klar.

    Unmittelbar nach dem Eintreffen des eilig zusammengestellten Exorzistenteams des Fellow Passenger konnte Frau Haffman sich nicht mehr klar erinnern, ob das Netzwerkkabel im entscheidenden Augenblick mit dem Computer oder dem Drucker verbunden war. Insgesamt wirkte sie verwirrt und apathisch. Der zur Beruhigung verabreichte Glühwein „Heißer Bischof“, vermochte keine Linderung herbeizuführen. Frau Haffman gab unterdessen ihrem dringenden Verlangen nach, kleinere Wildtiere zu verzehren.

    Die nähere Untersuchung ihrer Behausung förderte grausiges zutage.

    Affenkopf in der Holzdiele

    Nicht nur der Computer, sondern auch die Bodendielen (siehe Foto), waren offensichtlich von Dämonen durchsetzt. Leider wird eine weitere Berichterstattung durch die Intervention einer Abordnung der Kongregation für die Glaubenslehre erschwert, die sich 22 Stunden nach dem Vorfall einfand und den Ort des Geschehens gegenüber der Öffentlichkeit völlig abgesperrt hat.

    Weil die Stelle des Präfekten der Kongregation für die Glaubenslehre Kardinal Joseph Ratzinger durch dessen kurzfristige Berufung zum Papst noch immer vakant ist, soll der Pontifex Benedikt XVI Gerüchten zufolge selbst zur Austreibung angereist sein. Zu einer Stellungnahme gegenüber dem Fellow Passenger war er bislang nicht verfügbar.

    *Name von der Redaktion geändert

  • Propaganda für Fortgeschrittene

    Herr Paulsen hat bei sich eine Leseempfehlung zum Thema Bild ausgesprochen. Im Großen und Ganzen gibt es über Bild nichts neues mehr zu erfahren. Andererseits ist die Gefahr groß, daß diese Jauchegrube durch Gewohnheit dem Bewußtsein entschwindet, wenn man sich nicht dann und wann darüber aufregt.

    Manchmal möchte man denken, Bild sei ein unverstandenes Satireblatt, dessen Erfolg darin begründet liegt, daß seine Leser es mit einer Zeitung verwechseln. Tatsächlich ist dieses Gossenblatt ein perfekt gestimmtes Machtinstrument, das heute die Inquisition des Mittelalters ersetzt. Schon damals war das Spektakel einer öffentlichen Hexenverbrennung von unwiderstehlicher Anziehungskraft für die Zuschauer und zugleich den Oberen ein wirksames demagogisches Werkzeug. Heute geht der sensationslüsterne Voyeur nicht mehr zum Markplatz, sondern kauft sich eine Bild, um sich an Schadenfreude und Grusel zu laben.

    Wenn es stimmt, daß die täglich gedruckten 3,7 Millionen Exemplare tatsächlich von 12 Millionen Menschen gelesen werden, was vermutlich glatt gelogen ist, erreicht Bild ein Viertel aller Wahlberechtigten. Da wird ersichtlich, was der Slogan, „Bild Dir Deine Meinung“, eigentlich bedeutet. Mitnichten ist hier der Bild-Leser aufgefordert sich ein klares Urteil zu verschaffen. Vielmehr richtet sich diese Aufforderung an jene, die eine zweckdienliche Meinung zu etablieren wünschen.

    Auch die aktuelle Kampagne „Schluß mit Bild — Bund der Sozialschmarotzer“, et cetera, wird kaum die Leser im Visier haben — zu kompliziert ist der Gedankengang für Menschen, denen man sonst nicht einmal zutraut, Sätze zu begreifen, die mehr als ein Dutzend Wörter umfassen. Allein geballte Medienmacht wird hier feilgeboten. Sinngemäß lautet die Botschaft: Wer ein Feindbild braucht, um seine Interessen durchzusetzen, stellt sich besser gut mit Bild. So blöken denn auch Politiker ihre Wahlappelle mitten aus dem Sumpf siechender Schauspieler, Penisrissen, Photos von Kinderleichen und sonstigen Bild-Spezialitäten entgegen. Eine Praxis, die Gerhard Henschel im Online-Merkur ausführlich kritisiert.

    Ein Ende dieser Schlammschleuderei fordert auch Michael Naumann in der Zeit. Anlaß war ihm eine Bild-Schlagzeile die unverhohlen hoffnungsfroh die Frage stellt, ob die im Irak entführte Susanne Osthoff enthauptet wird.

    Ein Ende ist freilich nicht in Sicht. Denn Bild steht nicht für sich allein. Die Schmuddelpostille existiert, weil täglich ein Millionenpublikum begierig darauf wartet, diesen Dreck in sich aufzusaugen. Solange es Dummheit gibt, wird Bild sie begleiten.

  • New Economy Residue

    Microsoft Frontpage stellt sich wieder einmal als ideales Werkzeug heraus, auch dem Laien visuelle Kommunikation ohne Weiteres zugänglich zu machen. Ein facettenreiches Beispiel zeigt der sensationelle Internetauftritt eines höchst erstaunlichen Musikantenpaares das sich der Darbietung von Unterhaltungsmusik verschrieben hat.

  • Weltformel entdeckt

    Was bislang niemand je für möglich gehalten hätte ist nun tatsächlich eingetreten. Unzählige Ehen sind bereits daran zugrunde gegangen, wie Loriot in dieser Geschichte bereits anschaulich darstellte. Endlich ist die Frage erschöpfend beantwortet, wie lange ein Ei kochen muß, damit es die Bezeichnung weichgekochtes Ei verdient. Die Formel sei nur eine erste Näherung, sagt sein genialer Entdecker Werner Gruber von der Universität Wien bescheiden, doch sei sie experimentell bestätigt und für die praktische Anwendung ausreichend genau.

    Und so sieht sie aus, die Formel, die sowohl die Größe als auch die jeweilige Lagertemperatur eines Hühnereies berücksichtig, ja sogar die Siedetemperatur des Wassers, die je nach dem, ob man sich auf dem Gipfel des Mount Everest oder auf dem Grund des Mariannengrabens aufhält, höchst unterschiedlich ist:

    Phyikalische Formel für weichgekochte Eier

    t – Nötige Kochzeit
    d – Durchmesser des Eies
    TWasser – Siedetemperatur
    TStart – Anfangstemperatur des Eies
    TInnen – Zieltemperatur des Eiinneren (für ein weiches Ei 62 °C)

  • Ionfresher

    Das ist jetzt sicher eine bittere Enttäuschung für alle Fans des legendären Ionfresher, eine Maschine um Luft zu säubern des Versandhauses Pro Idee, aber ich muß jetzt einfach mal zwei Sachen klarstellen:

    1. Diese Seiten sind ein angesehenes Kultur-Blog und kein Internet-Shop oder Verbrauchermagazin für überflüssige Elektroartikel. Deshalb finden Sie hier über den Ionfresher nur eine wesentliche Information, nämlich folgende:
    2. Das Gerät ist, wie Sie auf der Seite des Anbieters Pro-Idee leicht ersehen können, nicht mehr erhältlich.

    Wie Sie sehen, können sich also die Google-Suche nach dem erstaunlichen Apparat getrost schenken. Daß der Fellow Passenger dort an erster Stelle zur Lektüre empfohlen wird hat zwei Gründe:

    1. Pro Idee hat mir vor langer Zeit unaufgefordert einen Prospekt in meinen SPIEGEL gelegt, der dem Lufterfrischer völlig irrsinnige technische Daten unterstellte, weshalb ich mich veranlaßt sah, dies in einem offenen Brief an den Anbieter zu rügen.
    2. Google mißt verständlicherweise dem honorigen Fachmagazin für Halbwissen einen erheblich höheren kulturellen Stellenwert bei, als dem schwindligen Web-Shop.

    All das ist kein Grund für Trübsal. Glauben Sie mir, was Sie hier zu lesen bekommen ist wesentlich erfrischender als das vergriffene Elektrogerät und im Gegensatz dazu völlig kostenlos.

    Und huhu, Pro-Idee! Nachdem spätestens nach diesem Posting Deine Kunden ja jetzt praktisch alle vom Fellow Passenger statt von Google kommen, könntest Du Dich ja vielleicht mit einer kleinen Spende für Peppy den Papyrus revanchieren.

  • Vorne Einsteigen!

    Die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist dem kultivierten Menschen stets eine arge Belastung. Zu deprimierend ist die herzerweichende Dummheit, zu erschöpfend die skrupellose Rücksichtslosigkeit vieler Fahrgäste.

    Viele U-Bahn-Fahrgäste sind der Auffassung, alle anderen stünden nur auf dem Bahnsteig herum, weil die sonst kein Dach über dem Kopf hätten. So öffnen sie von der Wagentür nur die eine Seite, jenen kleinen Spalt, der ihnen gerade genügt um selbst in den Waggon zu schlüpfen. Tatsächlich trachtet aber die Mehrzahl der Wartenden danach, ebenfalls ihrerseits den Zug zu betreten. Weil es vielen Mitmenschen jedoch an Eigeninitiative und visionärer Kraft mangelt, nehmen sie die Situation als unabwendbar gegeben hin und zwängen sich schicksalsergeben, einer nach dem anderen, ebenfalls durch die kleine Öffnung, bis sich schließlich ein mit Augenmaß gesegneter Mitreisender erbarmt und auch die andere Hälfte der Tür öffnet.

    Schon vor einigen Jahren hat die Münchner Verkehrsgesellschaft bei ihren U-Bahnen eine technische Neuerung eingeführt, die ich hier lobend erwähnen möchte. So öffnen sich seitdem wie von Geisterhand beide Türflügel, selbst wenn ein egozentrisch veranlagter Reisender nur einen der beiden Hebel betätigt.

    Bei den neuestens eingeführten Zügen wurde dieses hervorragende System aber überflüssigerweise wiederum ersetzt. Der Aus- oder Einsteigewillige muß nun eine Sensorfläche berühren, sobald die sie umkränzenden Lämpchen in der richtigen Farbe leuchten. Jedoch keinesfalls vorher, sonst passiert nämlich gar nichts. So sieht man nun hilflose Menschen die, der gewohnten mechanischen Kontrolle beraubt, wie dressierte Affen hektisch auf der kleinen Scheibe herumtatschen.

    Überhaupt ist zu beobachten, daß technische Neuerungen an MVG-Fahrzeugen nur selten zu Verbesserungen führen. Moderne Trambahnen beispielsweise, sind so konstruiert, daß es im ganzen Vehikel nur zwei Stehplätze gibt an denen man niemandem im Weg steht. Aus naheliegenden Gründen sind sie zumeist von Kinderwägen besetzt.

    Eine weitere Hürde stellen die Lichtschranken in den Türen dar, welche die früheren einwandfrei funktionierenden mechanischen Schalter in den Gummilippen und Trittstufen abgelöst haben. In die Lichtschranke ragt nun bei regem Betrieb grundsätzlich ein Gepäckstück oder Rockzipfel hinein, was dem Betriebsgeschehen äußerst abträglich ist und häufig unwirsche Ermahnungen des Fahrers auslöst.

    Während vor ein bis zwei Dekaden noch dem Dümmsten einzuleuchten schien, daß die Kunst des Aus- und Einsteigens in eben genau dieser Reihenfolge liegt, ist der Umstand, daß es umgekehrt nicht funktionieren kann, inzwischen offenbar in Vergessenheit geraten. So sieht man sich bei dem Versuch ein Nahverkehrsmittel zu verlassen zunehmend Menschenmengen gegenüber, die nicht nur unnachgiebig den Ausstieg blockieren, sondern mit roher Gewalt ihren sofortigen Einstieg durchsetzen wollen.

    Wo moderne Technik und Indolenz nicht ausreicht, um den Betrieb zu stören, muß das Personal nachhelfen, indem es gezwungen wird despotische Fieberphantasien der Betriebsleitung in grausige Realität umzusetzen. Das geschieht beim Busfahren, dem mit einigem Abstand abscheulichsten Angebot öffentlicher Fortbewegung. Schon von weitem bellt der Busfahrer über die Lautsprecheranlage den in eisiger Kälte wartenden Fahrgästen den Befehl, „Vorne Einsteigen!“ entgegen. Dann fährt er das Fahrzeug freilich so weit an den Frierenden vorbei, daß alle von ihnen hinter der letzten Tür stehen. Ganz vorne öffnet sich eine etwa 80 Zentimeter breite Einstiegsluke, während die restlichen vier Ausstiege verschlossen bleiben, bis alle eingestiegen sind. Darum klettern die Aussteigewilligen drinnen erst mal unter Mühsal durch diese unwürdig kleine Öffnung ins Freie.

    Danach herrscht der Fahrer die Einsteigenden an, ihre Fahrscheine vorzuzeigen. Wer noch keinen hat, erhält barsch die Anweisung unverzüglich einen solchen am Automaten zu lösen und anschließend erneut vorstellig zu werden. Erst dann öffnet der Buskommandant die restlichen Türen, vermutlich um zu Lüften, denn wer aussteigen wollte hat das ja bereits bewerkstelligt.

    Um die lästigen Verzögerungen wieder wettzumachen befleißigt sich der Busdiktator einer ausgesprochen sportlichen Fahrweise, die ohne Sitzplatz oder Eishockey-Schutzausrüstung kaum frei von Blessuren zu überstehen ist.

    Wer über ein Kraftfahrzeug verfügt, sollte also ruhig einmal die öffentlichen Verkehrsmittel stehen lassen.

  • Kino in München

    Gemeinsam mit dem SPIEGEL und Spiegel Online untersucht Anke Gröner, warum es um den finanziellen Erfolg der Kinos so schlecht bestellt ist.

    Dabei geht es nebenbei auch um Multiplex-Kinos. Die haben durchaus Vorteile, wie eine Bestuhlung, die angemessene Beinfreiheit bietet große Leinwände und gute Tonanlagen. Nachteilig ist dagegen der hohe Eintrittspreis und die unmäßig lange Werbung, die

    Was mich an Multiplexen am meisten schreckt, ist die oft haarsträubend schlechte Qualität der Vorführung. Im MaxX in München war bei drei von vier Besuchen nicht richtig scharf gestellt, zweimal war der Ton zu leise und wurde erst auf Nachfrage lauter gestellt. An der unscharfen Projektion wurde trotz Reklamation nichts geändert.

    Offensichtlich reicht es eben nicht aus, wenn ein einziger Vorführer sieben Säle bedienen soll. Scharf stellen geht am Besten, wenn Schrift im Bild zu sehen ist. Verpaßt der Vorführer diesen Zeitraum, weil er sich gerade einem anderen Saal widmet hat der Besucher Pech gehabt. Um festzustellen, ob die Lautstärke stimmt, muß der Vorführer den Saal persönlich betreten, denn im Projektionsraum kann man das nicht beurteilen. Unter Umständen sogar mehrmals. Dafür hat er aber in einem Multiplex oft keine Zeit. Seltsamerweise hat im Mathäser das sogar 14 Säle hat bislang immer alles gestimmt.

    Weil mir allerdings weder 30 Minuten Werbung, noch diese Massenabfertigung behagen, gehe ich lieber ins Cinema oder ins Arri die beide mit riesigen Leinwänden und gewaltigen THX-Systemen gesegnet, dabei aber trotzdem preisgünstiger sind. Wahrscheinlich haben Multiplexe eben höhere Kosten, weil sie viele Leute bezahlen müssen, die herumstehen und aufpassen, daß sich niemand verläuft. Vielleicht ist auch das Popcornverkaufspersonal zu teuer. Aber eigentlich habe ich keine Ahnung, warum schlechte Vorführungen und die doppelte Zeit an Werbung höhere Eintrittspreise mit sich bringen.

    Fairerweise muß man sagen, daß das Arri-Kino kein gewinnorientiertes Wirtschaftunternehmen ist, sondern ein Prestigeobjekt des Kameraherstellers und Kopierwerks. Das Cinema ist das aber und kann offensichtlich davon existieren, obwohl es zwischen 50 Cent und 4,50 € weniger Eintritt verlangt, als das Mathäser.

    Ich kann aber durchaus auch einen Besuch im Werkstattkino genießen, obwohl das wirklich eine schmuddelige Flohkiste ist. Dafür werden dort Filme gezeigt, die sonst nirgendwo zu sehen sind. „Wasted„, zum Beispiel.

    Für leise Filme gehe ich auch gerne mal ins Studio Isabella, weil es für mich zu Fuß in fünf Minuten zu erreichen ist. Filme wie „Maria voll der Gnade“ kann man sich gut mit Stereoton auf einer fünfeinhalb mal zweieinhalb Meter großen Leinwand ansehen.

    Was das Kinoangebot betrifft, hat man es in München wirklich ziemlich gut.

  • Wunschkonzert

    Internetradio fand ich immer etwas rückschrittlich, weil es ein lineares Medium ohne Interaktionsmöglichkeit ist, wie eben Radio. Vor einigen Jahren ging dann last.fm online, ein Internetradio, bei dem das Programm sich im Lauf der Zeit dem persönlichen Geschmack des Hörers anpaßte. Dazu muß er nur die gespielten Titel bewerten. Dabei wertet last.fm Ähnlichkeiten im Geschmack der Hörer aus.

    Wie gerade im Club der halbtoten Dichter zu lesen war, bietet Pandora einen neuen Ansatz. Nach eigenen Angaben haben sie das „Genom der Musik“ entschlüsselt, was wohl nichts anderes heißen soll, als daß sie die etwa 300.000 Titel von 10.000 Künstlern anhand einer ziemlich umfangreichen Liste an Kriterien bewertet haben.

    Einen kleinen Einblick nach welchen Kriterien Pandora bestimmte Titel zu spielen für angebracht hält, bekommt man durch einen Klick auf die Frage „Warum haben Sie dieses Lied gespielt?“. Da steht dann zum Beispiel, „Nachdem, was Sie uns bisher mitgeteilt haben, spielen wir diesen Titel, weil er eine weiche Gesangsstimme, leichte rhythmische Synkopierung, eine Mischung aus akustischer und elektrischer Instrumentierung und viele andere Ähnlichkeiten aufweist, die im Music Genome Project erfaßt sind.“

    Um den Einstieg zu finden, braucht man nichts weiter zu tun, als den Namen eines Liedes oder Interpreten einzugeben, der einem besonders gut gefällt und schon wird man angenehm mit ähnlichen Tönen umschmeichelt. Gefällt einem der gerade gespielte Titel nicht, kann man ihn ähnlich wie bei last.fm aussortieren.

    Damit man auch in anderen Stimmungslagen stets das richtige auf die Ohren bekommt, kann man im kostenlosen Angebot von Pandora bis zu 100 verschiedene „Radiosender“ anlegen. Pandora kündigt an, diese kostenlose Variante demnächst mit Werbung zu versehen. Ob der Hörgenuß künftig von Webespots unterbrochen wird oder nur Anzeigen auf der Seite eingeblendet werden, während die die Musik weiterspielt, ist nicht ersichtlich.

    Das Angebot ist aus lizenzrechtlichen Gründen bislang eigentlich auf die USA beschränkt. Dennoch hat Pandora sich aber weder an der Liechtensteiner E-Mail-Adresse, noch an der deutschen IP-Adresse gestört, die für diesen Test verwendet wurde.

    Man kann nur hoffen, daß Pandoras Geschäftsmodell aufgehen wird, denn dieses Web-Angebot ist ausgesprochen kurzweilig.