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  • Die Zwerge haben zu tief gegraben

    Der „Stern“ übt sich gerade darin, das journalistische Machtvakuum zu füllen, das „Focus“ und „Spiegel“ derzeit hinterlassen. Im Artikel „Eiskalt abserviert“ beschreibt Frauke Hunfeld, was passiert, wenn Steuerfahnder den falschen Leuten auf die Finger schauen.

  • Fiskalzyklische Antipolitk

    Die Theorie der Antizyklischen Fiskalpolitik ist alt und einfach: Wenn die Wirtschaft lahmt, muß der Staat Geld leihen und es ausgeben. Gemeint sind keine Almosen an das Volk in Form von Konsumgutscheinen oder kurzfristigen Steuersenkungen. Investitionen wären gefragt. Schulen renovieren, Straßen reparieren, Kläranlagen modernisieren, kurzum alles was ohnehin längst fällig war, aber in den Schubladen der Amtsstuben verstaubt, in die Tat umsetzen.

    Sobald die Investitionen Wirkung zeigen, also die Wirtschaft sich erholt, gilt es die Schulden zurückzuzahlen, offentliche Ausgaben wieder zu veringern.

    Gerade der zweite Teil funktioniert in der Praxis nicht. Eine prosperierende Wirtschaft zeitigt zwar automatisch höhere Staatseinnahmen, mit denen sich die Schulden zurückzahlen ließen, aber wenn das Geld erst mal da ist, wollen Regierung und Verwaltungen es lieber anderweitig ausgeben. Das so lange, bis es wieder bergab geht mit der Wirtschaft und den Staatseinnahmen. Dann nämlich wird der Haushalt gekürzt und Geld geliehen, das nur mehr offene Rechnungen bezahlen kann, aber keine Investitionen mehr oder gar Kontrolle über die Wirtschaftslage ermöglicht.

    Jetzt, da es dringender denn je geboten wäre, der Krise beherzt durch staatliche Investitionen großen Umfangs zu begegnen, entdeckt „Kohls Mädchen“ die Politik der ruhigen Hand. Die Wirtschaft der Welt bricht zusammen und die größte Wirtschaftsnation Europas beschließt, erst mal in aller Ruhe die nächste Wahl abzuwarten.

    Fast möchte man meinen, unser brustbehaftetes Kanzlerwesen möchte das Land in den Zustand von 1945 verfallen lassen und sich auf eine Neuauflage des Marshallplans verlassen, oder gar die wohlige Atmosphäre der Plan- und Mangelwirtschaft einer DDR wiederherstellen, in der sie selbst immerhin aufgewachsen und nie durch Kritik an ihr aufgefallen ist.

  • Schnell, schnell, Zensoren, verbietet den Online-Spiegel!

    Der „Spiegel“ zeigt in seiner Online-Ausgabe, das Cover der Platte „Virgin Killer“ von den Scorpions. Weil es ja verboten ist, verbotene Bilder zu zeigen, muß der „Spiegel-Online“ verboten werden, aber zack, zack!

  • Schwerer Schlag gegen den internationalen Terrorismus gelungen

    Am 4. Dezember ist es Kampfhubschraubern der NATO gelungen, in der afghanischen Provinz Lagman 200 Gegner aus dem Umfeld der Taliban unschädlich zu machen.

    Eine schwer bewaffnete 200-köpfige Einheit der Talibanmiliz verteidigt erbittert ein Opiumfeld in den Bergen Afghanistans gegen demokratische Kampfhubschrauber der NATO. (Foto: Roland Zumbühl, Wikimedia Commons)

    Möglicherweise war dieser Erfolg aber eher ein Zufall. Der Stab der alliierten Streitkräfte ließ verlautbaren, daß die Helikopter eigentlich für eine Schafjagd abkommandiert waren.

    Möglicherweise droht der NATO nun eine Schadenersatzforderung von Talibanhirten in Höhe von 40.000 bis 50.000 Dollar, denn je nach Größe kostet ein Taliban in Afghanistan zwischen 200 und 300 Dollar.

  • König von Deutschland

    Sie sind König von Deutschland. Ihr großes Vorbild, der König von Amerika, hat ihnen ein faules Ei ins Nest gelegt und damit fast Ihr gesamtes Staatsvermögen vernichtet. Er steht selbst am Rande der Pleite. Ihre Armee ist teuer aber praktisch handlungsunfähig. Der Adel nervt, weil er um seine Pfründe bangt. Aus dem Bürgertum (das ja immer alles besser weiß) werden defätistische Äußerungen über Ihre Regentschaft laut. Das Volk hungert wie immer, wird aber aus unerklärlichen Gründen immer zahlreicher.

    Die Lage ist ernst aber (noch) nicht hoffnungslos. Reagieren Sie jetzt online, um den drohenden Untergang Ihres schönen Reiches abzuwenden! Wählen Sie dazu einfach die beste Maßnahme aus den folgenden populären Vorschlägen ihrer Berater aus.

    n

    {democracy:6}

    Achtung: Die breite Unterstützung (Koalition) Ihrer Vasallen bröckelt bereits. Nutzen Sie schnell noch Ihren königlichen Bonus und fügen selbst eine eigene Maßnahmen hinzu, solange Ihr Kopf noch zwischen Ihren Schultern sitzt.

    PS.: Wir bitten das völlig sinnlose Vorkommen von „n“ im Text zu entschuldigen. Es handelt sich offenbar um einen Fehler des eingesetzten Demokratiemoduls, das sich unserem Einfluß naturgemäß entzieht. Eventuelle Ähnlichkeit mit Demokratieprodukten von den Herren Dibold und Nedap wären rein zufällig.

  • Sehr geehrter Herr Moody,

    vielen Dank für Ihren Hinweis, daß meine „Email … wegen Missbrauch innerhalb der nächsten 24 Stunden gesperrt“, würde und „18 Beschwerden wegen Spamversand“, bei ausgerechnet Ihnen, der Sie die Mitteilung über eine Spamschleuder in St. Petersburg zu senden beliebten, eingegangen sein.

    Selbst wenn mir entgangen wäre, daß ou.edu, deren Domain sie als Absender angegeben haben, nicht mein E-Mail-Anbieter ist und annähme, er würde mir tatsächlich eine Programmdatei namens hinweis.exe zukommen lassen,  um mich über „Details und moegliche Schritte zur Entsperrung“ zu informieren, darf ich um Ihr Verständnis werben, dafür daß ich mir jetzt nicht gleich ein dafür „geeignetes“ Betriebsystem installieren möchte.

  • Bahnprivatisierung: FTD kapituliert vor Realitätsverlust

    So leitartikelt es in geistiger Umnachtung zumindest die „Financial Times Deutschland“ [1]. Der Entschluß, den Verkauf der Deutsche Bahn AG bis auf weiteres zu vertagen, sei nicht nur allein dem verflixen Wählerwillen geschuldet, sondern obendrein schädlich, weil er die internationale Konkurrenzfähigkeit der Bahn unterminiere.

    In der Tat ist es ja nicht vorgesehen, daß der Wähler einem beim Regieren dazwischenredet. Der soll sich einmal eine Farbe aussuchen, von der er dann eine Legislaturperiode lang ignoriert wird. Wer in diesem Zeitraum trotzdem seine Interessen vertreten wissen möchte, muß eben bezahlen. Die gängigen Tarife können sich zum Glück nur Wenige leisten, sonst gäbe es ja ein fürchterliches Durcheinander.

    Kurz bevor Farben ausgesucht werden dürfen, kündigen die Regentschaftsanwärter manchmal dumme Dinge an, in der Hoffnung daß auf mehr Zetteln Kreuze bei ihrer Farbe gemalt werden. Am Ende entscheidet dann aber doch der Zufall, weil ja alle versprechen, daß mit ihrer Farbe auf einmal alles besser wird.

    Dabei wäre der Bahnverkauf so nützlich für den internationalen Wettbewerb gewesen, schreibt die FTD. Jetzt müssen alle Angst haben, daß die Transsibirische Eisenbahn der Deutschen Bahn die Fahrgäste wegschnappt. Die sind ja genauso heimtückisch wie die Wähler und würden ohne mit der Wimper zu zucken, statt von Berlin nach Hamburg, einfach von Moskau nach St. Petersburg fahren nur weil es gerade weniger kostet.

    [1] „Kniefall vor dem Wähler„, Financial Times Deutschland, 6.11.2008

  • Übernahme von TNS-Emnid durch GRP erwartet

    Die Krise des Finanzmarkts zeigt, daß nicht nur der Handel mit fiktivem Geld problematisch ist, sondern auch der Markt für Hörensagenverwertung einer Konsolidierung entgegensieht.

    Nachdem TNS-Emnid Studien auf Umfragen unter 80 Personen beschränken musste [1], gilt eine Übernahme durch die Gesellschaft für rationelle Psychologie (GRP) [2], als wahrscheinlich. Analysten erwarten deutliche Gewinnzuwächse durch den Wegfall kostenintensiver Befragungen, deren Ergebnisse man sich schließlich auch so (aus-)denken kann [3].

    [1] „Wie aussagekräftig ist eine hessenweite Umfrage mit ca. 80 Teilnehmern?„, Investigieren geht über Studieren, 4.11.2008
    [2] Gesellschaft für rationelle Psychologie
    [3] „Für Dumm verkauft„, Jochen Paulus, Zeit Online, April 2008

  • Klempner erfassen Autokennzeichen

    Weil es das Verfassungsgericht der Polizei ausdrücklich verboten hat, müssen jetzt offenbar Geheimklempner einspringen, wenn es gilt, Autokennzeichen automatisch zu erfassen [1]. Angeblich ginge es dabei nur darum, herauszufinden, wie die Feinstaubplakette sich auf die Umweltbelastung durch Feinstaub und Stickstoffdioxid auswirken [2].

    In Berlin werden nun die Autos mit Videokameras gefilmt, das Kennzeichen per Software abgelesen und in der Halterdatenbank nachgeschlagen welches Fahrzeugmodell das Kennzeichen trägt. Aus den technischen Daten des Herstellers wird anschließend der bauartbedingte Schadstoffausstoß herausgesucht und damit schließlich berechnet, wie viel Feinstaub, beispielsweise an der Frankfurter Allee, in der Luft liegt. Eine völlig naheliegende Methode zur Feinstaubmessung. Wer würde das nicht so machen?

    Ebenso einleuchtend ist auch die Aufschrift des Messfahrzeugs, „Heinz Drebes, Sanitärtechnik und Heizungsanlagen“. Schön, daß Heinz Drebes kleines aber feines Unternehmen floriert ohne, daß im Telefonbuch oder auch im Web irgendetwas auf seine Existenz hindeutet. Konsequenterweise liegt hinter der Frontscheibe noch ein Zettel auf dem „Verkehrszählung“ steht, was ja eindeutig zum Kerngebiet eines Heizungsbauers und Installateurs gehört.

    Der zuständige Datenschutzbeauftragte hat der Sache zugestimmt, wohl weil man versprochen hat, schnell ganz fest die Augen zuzumachen, wenn versehentlich bei der Datenbankabfrage doch mal der Name eines Fahrzeughalters auftaucht.

    [1] Fefes Blog zeigt Fotos von der, ähm, Messeinrichtung
    [2] Der Tagesspiegel erklärt daß es um Umweltschutz geht.

  • Chrome: Herrn Gugels eigener Hochglanz-Browser

    Das Konzept des neuen Web-Browsers von Herrn Gugel [1] klingt eigentlich ganz vernünftig. Jeden Tab in eine eigene Virtuelle Maschine zu stopfen, damit nicht das ganze Programm abstürzt, sobald eine einzelne Seite sich daneben benimmt, wäre eine schöne Sache. Leider funktioniert sie nicht, wie sich unmittelbar zeigt, wenn man in die omnipotente Adressleiste zum Beispiel

    rumms:%

    eintippt. Dann stürzt Herrn Gugels gesamtes Wunderwerk nämlich sofort ab [2]. Soviel zur vollmundig angekündigten Betriebssicherheit.

    Schön ist auch, der Inkognito-Modus. Der sorgt nämlich dafür, daß beim schließen eines Tabs auch die zugehörigen Cookies gelöscht und die Session beendet werden. Das habe ich mir bei Firefox schon lange gewünscht. Weniger schön ist, daß man weder im Inkognito- noch im Promiskuitiv-Modus festlegen kann, daß nur bestimmte Seiten dauerhafte Cookies placieren dürfen.

    Die Suchvorschläge während des Tippens in der Adresszeile sind nett. Leider wird dabei jeder einzelne Tastendruck an Herrn Gugel geschickt [3]. Nachdem jede Installation von Chrome eine eindeutige Seriennummer [4] hat und diese auch an Herrn Gugel übermittelt, weiß er genau, wer wann was wie schnell tippt. Wer sich mit Chrome auf einen passwortgeschützten FTP-Server verbinden möchte, teilt Herrn Gugel dabei zwangsläufig das Passwort mit [5].

    Was das Konzept da über Plug-In-Module enthält, habe ich nicht ganz begriffen. Es hört sich aber so an, als würde die Stabilität durch Plugins ad absurdum geführt.

    Die vielseits gelobte, höhere Geschwindigkeit, gegenüber anderen Browsern, macht sich übrigens nur bei Seiten bemerkbar, die reichlich JavaScript enthalten. Wenn Sie es selbst an zwei Extrembeispielen ausprobieren möchten, vergleichen Sie Ihren Browser mit Chrome mal anhand der Seiten blog.fefe.de und spreeblick.com.

    Es ist klar, daß heute noch keine Plugins für Chrome existieren. Dafür ist der Browser noch zu neu. Ohne Java-Plugin ist er aber einfach nicht praxistauglich. Für viele Anwender von Firefox dürfte Chrome ohne Adblock-Plugin kaum eine Alternative sein.

    Gut, das der Quelltext des Browsers angeblich offenliegt [5]. Vielleicht finden sich so Entwickler, die daraus ein robustes Produkt machen möchten das die Privatsphäre der Anwender höher hängt, als die Werbeeinahmen von Herrn Gugel.

    [1] Das Konzept von Chrome als Comic (Herr Gugel, google.com)
    [2] Proof of Concept mit Erklärung und Beispiel: http://evilfingers.com/advisory/google_chrome_poc.php
    [3] AK’s weblog über Chromes Mitteilsamkeit
    [4] Pro-Linux über die Chrome-ID
    [5] „Der Google-Chrome Hype! Risiken und Nebenwirkungen.“ (Lutz Falkenberg, innovativ-in.de)
    [6] „Google-Chrome ist (kein) Open Source  Projekt“ (Datenschutz-Blog)