Autor: Fellow Passenger

  • War es das wert, Herr Sonneborn?

    Mit erstaunlich einfachen Mitteln (per Fax avisiertes Angebot von Schwarzwälder Schinken und Kuckucksuhr) ist es Ihnen, damals Chefredakteur der Titanic, gelungen, dafür zu sorgen, daß Deutschland die Fußballweltmeisterschaft 2006 ausrichtet.

    Wenngleich Kaiser Franz (Beckenbauer) sich zunächst wenig begeistert zeigte, fühlte ich mich trefflich amüsiert. Erheiternd empfand ich auch die wertvollen Aufnahmen der Kommentare der Leser des weit verbreiteten Satireblattes „Bild“.

    Aus welchem Grund Charles Dempsey, der wirre Rentner aus Glasgow, sich im Namen Neuseelands tatsächlich der Stimme enthielt, weiß wohl nur er selbst (falls er sich noch daran erinnert).

    Wenn nun aber unter meinem Fenster trunkene junge Damen aus voller Kehle „Deutschland! Deutschland! Deutschland!“ brüllen und an jeder Ecke mit dem Adenauer gewedelt wird, ja sogar schwarz-rot-goldene Klebebilder im Gesicht getragen werden, wird mir doch etwas seltsam zumute. Wenn den ganzen sonnigen Tag (es muß wohl der fünfte in diesem Jahr sein) und in der Nacht Helikopter über der Stadt knattern und Menschen sich zu Tausenden am Nachmittag in abgedunkelten Hallen zum Fernsehen zusammenrotten, statt endlich die Sonne zu genießen, wird mir ganz zweierlei.

    Erwachsene Menschen keilen sich schon seit Wochen um Panini-Sammelbilder. (Warum eigentlich Panini? Brot und Spiele?) Das erschien mir bereits im Kindergarten suspekt.

    Für die Satire ertrage ich das, für mein Land sicher nicht.

  • Ultimativer Autotestbericht

    Obwohl, oder gerade weil ich nie ein eigenes Automobil besessen habe, bin ich schon viele verschiedene Kraftfahrzeuge gefahren. Da wären Audi TT, BMW 3 (mehrere) und 5, ein Citroen (eigentlich mit zwei Punkten über dem e) Kombi, Opel Corsa, Mercedes Sprinter, Strich-Acht, Mitsubishi Lancer, Oldsmobile weißnichtmehr, Opel Corsa, Peugeot 406 und 305 (ohne Dach), Renault R4, Skoda Oktavia Kombi, Toyota Corola und irgendeinen Kombi, Volkswagen Golf (mit und ohne Dach), Passat, Bus, Käfer, Caddy und noch ein paar weitere, die mir gerade nicht einfallen.

    Im Wesentlichen waren alle ungefähr gleich. Das Pedal ganz rechts macht es schneller, das links davon langsamer. Alle Fahrzeuge ließen sich durch Drehung am Lenkrad in die gewünschte Richtung bewegen. Besondere Aufmerksamkeit erforderte das Befüllen mit Kraftstoff, da nicht alle Fahrzuge den Einfüllstutzen auf der gleichen Seite hatten. Außerdem gab es an den Tankstellen immer verschiedene Zapfhähne, die man nicht verwechseln durfte. Die einen rochen wie mein Feuerzeug, die anderen wie meine Heizung.

    Tatsächlich waren nicht alle Wägen gleich angenehm zu fahren. Die Fahrzeuge aus älteren Baujahren waren längst nicht so bequem wie die neueren Modelle. Zudem fiel auf, daß die größeren Automobile sich deutlich besser fahren als die kleineren. (Die Kleintransporter sind dabei nicht berücksichtigt.)
    Fazit: Wenn Sie sich ein Auto kaufen wollen, nehmen Sie ein großes neues. Die Marke ist völlig egal.

  • Aphorismus

    Das Stimmvieh bleibt ruhig, solange es täglich gemolken wird.

  • Auf die Sekunde genau


    Bild: Wikipedia

    Nachdem das Unterfangen, den Lauf der Sonne, per Erlass um eine Stunde zu beschleunigen oder zu verlangsamen nicht geklappt hat, beschloß die Regierung unter Helmut Schmidt — in Deutschland zum zweiten Mal übrigens — die Uhren, je nach Jahreszeit, um eine Stunde vor und zurück zu drehen.

    Meine ersten Versuche dieses Ärgernis schlicht zu ignorieren, stieß vor allem seitens der damals von mir besuchten Lehranstalten auf völliges Unverständnis.

    Freundlicherweise verkündet die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig per Langwellenfunk Tag und Nacht, was die Stunde geschlagen hat. Ich bin inzwischen ein großer Freund jener Uhren, die sich nach diesem Funksignal richten. Nicht weil ich befürchte, daß meine Uhr um 20 Millisekunden vor- oder nachgehen könnte, sondern, weil ich mich dann nicht darum zu kümmern brauche, ob gerade Sommer oder Winter ist.

    Am frühen Morgen des letzten Mittwoch kamen mir allerdings Zweifel. Ich hatte einen geschäftlichen Termin um 10:00 Uhr und mir den Funkwecker füglich auf 8:45 gestellt. Als dessen unschönes Gepiepe mich aus dem Schlaf riss, fühlte ich mich ungewöhnlich müde, obwohl ich ausnahmsweise sehr zeitig zu Bett gegangen war. Zudem hatte offenbar sogar die Sonne verabsäumt aufzugehen, denn es war stockdunkel, was ich voller Empörung dem zur Zeit herrschenden Wetter zuschrieb.
    Nach meinem schlaftrunkenen Ausflug zur Toilette zeigte mir meine Wanduhr an, daß es erst kurz vor fünf sei, was weitere Vergleichsuhren bestätigen konnten. Dank des DCF-77-Funksignals lief mein Wecker auf Sekunde und Minute genau. Nur die Stunde stimmte nicht. Ich bin sicher, mein Kunde hätte vollstes Verständnis gehabt, wenn ich durch so einen marginalen Irrtum erst um 14:00 Uhr eingetroffen wäre.

  • Preisrätsel

    Um herauszufinden, wie toll Internetseiten sind, gibt es massenhaft höchst erstaunliche Messinstrumente.

    Allen voran sogenannte Counter, deren beste Eigenschaft es wohl ist, daß man sich das Ergebnis weitgehend selbt aussuchen kann. Je nachdem, welches Zählwerk man bemüht, erreicht man eine Leserschaft von x bis 50x, also zum Beispiel 25.000 bis 1 Million.

    Ein noch viel besseres Werkzeug, zur Untersuchung von Internetzangeboten ist eine bildliche Darstellung der Inhalte und Verweise zwischen den einzelnen Seiten, wie sie aharef.info anbietet. Anstelle einer vagen Aussage bekommen Sie dort hübsche Bilder aus bunten Kreisen die mit grauen Linien verbunden sind.

    Die Ähnlichkeit der Bilder mit Strukturen von chemischen Formeln soll der Gegenstand des Preisrätsels sein. Wem es als erstes gelingt, eine Internetadresse in den Kommentaren zu diesem Beitrag zu hinterlassen, die von aharef.info so dargestellt wird, wie ein Ethanolmolekül, gewinnt.

    Als Preis winken wahlweise 250 g Weihrauch „Drei Könige“,

    oder 200 g gekochte Maronen (mindestens haltbar bis 30.09.2006):

    Einsendeschluß ist der 15.6.2006.

  • Herr Poodle

    Der große stuttgarter Volksdichter war immer auch ein Volkskritiker. Er besaß ein ausgeprägtes Sensorium für dem Zeitgeist geschuldete Fehlentwicklungen, etwa der schleichenden Kommerzialisierung des Blogwesens.

    Seine literarische Laufbahn begann im April 2005, als er mit seinen beiden Zwergteufeln die “Segnungen des Natrium Bicarbonicums” untersuchte. Auf seine Privatstudien geht auch die bis heute gültige Taxonomie der Bäckereifachverkäuferinen zurück, die seinerzeit das Bäckerhandwerk revolutionierte.

    Als Autor genoß er international höchstes Ansehen. Allein im österreichischen Magazin Mindestens Haltbar publizierte er mehrere Aufsätze von epochaler Tragweite. Unter anderem sein viel beachtetes Interview über die anstehende Fußball-Weltmeisterschaft.

    Dank seiner Verdienste um die ernsthafte Musik, war Herr Poodle längst Träger der Carl Philipp Emanuel Bach Medallie, als er sich unvoreingenommen dem Studium der Unterhaltungsmusikgruppe The Sealevel widmete, die daraufhin Weltruhm erlangte.

    Wenn er nicht gerade die schlimmsten Städte Deutschlands kategoriserte, verschreib er seine Freizeit der Entwicklungshilfe. So gestaltete er nicht nur ehrenamtlich die Periodika von Frau Schnatter, Herrn Prof. Uhlig und dem Club der halbtoten Dichter, sondern verschaffte immer wieder auch einfachen Geistern Gehör, wie etwa seinem Jugendfreund Hajott.

    Voller Güte hat er ohne Federlesen einen Obdachlosen zu seinem Privatsekretär gemacht, dem er stets jede Schwäche zu verzeihen bereit war.

    Herr Poodle war auch ein Freund der Frauen. Erika Pluhar gehörte ebenso zu seinen glühenden Verehrerinnen wie Frau Wortschnittchen und Frau Fragmente, denen er stets mit Respekt begegnete.

    Seine philosophisch getönten, konservativen Gedanken über das Zeitgeschehen waren stets von Ehrlichkeit und Leidenschaft getragen, hingegen voller Misstrauen angesichts von Ideologieeifer und vernebelter Theorie.

    Bis zuletzt glaubte der brilliante Satiriker an die gesunde Auffassungsgabe der Menschen, die ihn immer wieder enttäuscht hatten.

    Herr Poodle starb am 19.05.2006 in Stuttgart.

  • Blumen und Schilder

    Wenn Leute zwischen zwei Orten hin und her laufen müssen, die durch eine Wiese getrennt sind, wird alsbald ein Trampelpfad entstehen, der eine direkte Linie zwischen beiden Orten bildet, auch wenn um die Wiese herum bereits ein Weg angelegt ist.

    Man kann nun ein Schild in die Wiese rammen, das besagt, es sei verboten, den Rasen zu betreten. Vielleicht eher zwei, nämlich eines an jedem Ende des Trampelpfades. Schöner wird die Wiese dadurch nicht, aber es geht ja ums Prinzip.

    Weil auf dem Pfad längst kein Rasen mehr wächst, der sich schonen ließe, werden viele den Pfad weiterhin nutzen. Also braucht es als nächstes einen Zaun, der den ihn absperrt.

    Dann aber werden sich bald weitere Trampelpfade zu beiden Seiten des Zauns bilden. So muß schließlich die ganze Wiese umzäunt werden.

    Allerdings werden viele Menschen über den Zaun klettern, um ihren gewohnten Weg zum Ziel zurückzulegen. Um das zu verhindern wird ein Wächter nötig, der den Zaun beobachtet.

    Damit alle den Wächter ernst nehmen, muß er mit Macht ausgestattet werden und es müssen Strafen verhängt werden.

    So geht das immer weiter, bis die ganze Wiese ein mit Stacheldaht bewehrtes Schlammloch ist und niemand mehr von der einen auf die jeweils andere Seite möchte. Die beiden Orte werden überflüssig, weil jene die sie einst belebten und brauchten längst vertrieben und hinter Gittern sind.

    Man hätte den ersten Trampelpfad auch befestigen können, damit niemand durch knöchelhohen Matsch waten muß. Man hätte ihn mit Blumenbeeten säumen können, damit er hübsch anzusehen ist. Es hätte weniger gekostet, als einen Zaun zu errichten und die Wiese wäre noch da. Aber wer braucht schon Blumen, wenn es auch Schilder gibt?

  • Nutzloses Wissen II

    Süßspeisen mit Orchideen könnten Sie für ein neuartiges Lifesyle-Dessert halten. Tatsächlich waren die aromatischen Samenkapseln dieser Pflanze bereits den mexikanischen Ureinwohnern als Gewürz bekannt. Diese größte Art der Orchideen ist eine tropische Kletterpflanze, die heute hauptsächlich auf Madagaskar gedeiht.

    Einst von den spanischen Eroberern nach Europa eingeführt, kennen Sie den süße Duft und Wohlgeschmack der kleinen schwarzen Kügelchen in ihrem Eis längst als Vanille.

  • Zu Ihrer eigenen Sicherheit

    Vor was, HypoVereinsbank, wollen Sie mich eigentlich schützen, wenn Sie mir den Zutritt zu Ihren Geldautomaten an der Münchner Freiheit nach 22.30 Uhr verweigern? Sie bescheiden mir per Schild an der Scheibe:

    „Zu Ihrer eigenen Sicherheit ist der Zugang zu unserem SB-Bereich nur zwischen 9.00 Uhr und 22.30 Uhr möglich. Wir danken für Ihr Verständnis.“

    Ihren „SB-Bereich“ empfinde ich zwar durchwegs unbehaglich, aber keineswegs sehe ich mein Leib und Leben in Gefahr, sobald ich diesen betrete. Das übrigens ganz unabhängig von der Tageszeit.

    Müsste ich befrürchten, daß eines der Geräte mir die Finger abtrennt, sobald ich nach den ausgezahlten Banknoten greife? Mutiert Ihr Automatenarsenal nächtens gar zu einer Art unkontrollierbarem Robotermob, daß mich zerreissen könnte, falls ich meine Geheimzahl falsch eintippe? Vielleicht fröhnen die Geräte bereits schon am frühen Abend dem Angebot der Schwabinger 7, so, daß sie ab halb elf bereits im Vollrausch ein paar Nullen an den Buchungsbetrag anhängen.

    Bedrohlich finde ich es dagegen, wenn Sie sich ungeprüft für mein Verständis bedanken, es also schlichtweg voraussetzen. Sie geben mir damit zu verstehen, daß es Ihnen völlig egal ist, ob ich mit Ihrem Treiben einverstanden bin.

    Zu Ihrer eigenen Sicherheit, werde ich künftig keine Gebühren an Sie entrichten und danke für Ihr Verständnis.

  • Küchenwerkzeug

    Diese zugegeben diletantische Aufnahme zeigt ein in meiner Küche unentbehrliches Instrument. Der Sinn dieses Werkzeuges mag sich selbst dem kartoffelpüreeaffinen Leser nicht auf den ersten Blick erschließen, weil Kartoffelbrei inzwischen meist aus gefriergetrockneten Flocken aus dem Hause namhaften Lebensmittelchemiefabrikanten zubereitet wird.

    Obwohl diese Kunstprodukte konstant eine vergleichsweise verträgliche Konsistenz haben und seit Jahrzenten gleichbleibenden Geschmack aufweisen, will ich mich nicht so recht damit anfreunden.

    Lieber stelle ich Kartoffelbrei selbst her. Aus mehlig kochenden Kartoffeln, Milch und viel Butter. Dazu Salz, auf jeden Fall Muskatnuß, gerne etwas Hühnerbrühe und aus optischen Gesichtspunkten lieber weißen als schwarzen Pfeffer.

    Damit die Speise eine luftige Konsistenz erhält, muß die Milch kochend mit einem Schneebesen unter die zerstampften Kartoffeln gerührt werden. Der elektrische Pürierstab ist da als Ersatz für den Stampfer komischerweise völlig ungeeignet. Er zeitigt aus noch unerforschten Gründen nichts als Kartoffelschleim.

    Wer sich vor kleinen Kartoffelstückchen fürchtet, kann die gekochte Knolle auch getrost durch die flotte Lotte drehen, oder durch eine Kartoffelpresse quetschen. Ich stampfe lieber, weil es weniger Aufwand ist.

    Das abgebildete Instrument ist dafür besser geeignet als jedes andere, das ich je verwendet habe. Es arbeitet sich gleichmäßig durch die Kartoffelmasse, lässt sich leicht reinigen und besticht obendrein durch angenehm einfache Gestaltung. Es ist ja im Grunde nur ein Stück Draht. Aber eben geschickt gebogen.

    Eine weitere Stärke zeigt dieses Werkzeug übrigens bei der Herstellung einer speziell in Bayern beliebten Zubereitung aus Frischkäse und Camembert. Ein halbes Kilo Obatzda mit einem bestielten Lochblech herzustellen geht nämlich gar nicht. Mit diesem Stück Draht ist es dagegen ein reines Vergnügen.

    Leider ist unklar, wer der mutmaßlich italienische Hersteller dieses Kartoffelstampfers ist. Ich erstand ihn einst preiswert in einem ansonsten grotesk teuren aber exzellent sortieren Küchengeschäft in der Hackenstraße.